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Ruth

Ruth

Titel: Ruth
Autoren: Frank G. Slaughter
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doch die Liebe in ihren Augen sehen, und
Boas hatte zugegeben, daß er Ruths Liebe erwiderte.
    Diese Sache mit Tob und der
Anzahlung, dachte er. Es war schwer, Boas’ Gedankengänge zu verstehen. Tob
schuldete Boas eine Menge Geld, und wenn Boas die Zahlung verlangte und Tob die
Schuld nicht begleichen konnte, würde er seine Gläubiger irgendwie befriedigen
müssen, oder er würde gesteinigt werden. Das war das Gesetz, wenn man
gerechtfertigte Forderungen nicht begleichen konnte.
    Aber als Joseph zu bedenken
gegeben hatte, daß Tob nur allzu froh sein müßte, seinen Schuh als
Gegenleistung für den Erlaß der Schuld und die Rettung der eigenen Haut
übergeben zu können, hatte Boas sich hartnäckig geweigert, diesen Gedanken
weiterzuverfolgen. Seine Begründung war, daß es nicht gerecht wäre, Tob zur
Zahlung zu zwingen, um damit etwas anderes zu gewinnen — etwas, das er zwar
leidenschaftlich wünschte, aber das jetzt nach dem Gesetz Tob gehörte.
    Manchmal, dachte Joseph und verzog
das Gesicht, war Boas zu aufrecht, zu seinem eigenen Nachteil. Es war zu
schade, daß er, Joseph, nicht derjenige war, bei dem Tob Schulden hatte. Tob
würde von ihm die gleiche Rücksichtnahme zu erwarten haben, die der Kaufmann
selbst jedem anderen erweisen würde, nämlich gar keine.
    Joseph war in seine Gedanken
versunken dahingeritten, aber als sein Pferd plötzlich den Kopf hochwarf und
leise wieherte, wurde er sofort hellwach. Er wußte, daß andere Reiter in der
Nähe sein mußten — aber keiner hatte außer ihm zu dieser Zeit hier etwas zu
suchen.
    Joseph sah sich langsam um und
erstarrte, als er hinter einer Baumgruppe in etwa hundert Metern Entfernung
eine rasche Bewegung wahrnahm. Er hob seinen Speer und ritt langsam auf die
Stelle zu.
    Im Schatten der Bäume stieß
Hedak einen Fluch aus. Er hatte darauf bestanden, die Umgebung des
israelitischen Lagers persönlich auszukundschaften, während der Teil seines
Heeres, den er gegen Israel einsetzen wollte (nach Chebs Angaben war selbst
dieser Teil den Israeliten um mehr als das Doppelte überlegen), im Lager in den
Bergen zurückgeblieben war. Aber er hatte nicht eingeplant, daß seine Gegenwart
bereits hier entdeckt würde.
    Der Plan, den Hedak und Cheb in
Heschbon ausgeheckt hatten, war einfach. Chebs Nachricht von einem unmittelbar
bevorstehenden Angriff der Moabiter sollte die Israeliten veranlassen, den
Feind im Gebirge zu erwarten. Und wenn der verräterische Karawanenführer sie
dort in den vorgesehenen Hinterhalt gelockt hätte, würde ein plötzlicher
Überfall Hedaks das israelitische Heer vernichten. Auf diese Weise verlöre
Hedak nur wenig Männer, und seine Armee bliebe stark genug für den Marsch gegen
die nördlichen Stämme und endlich für den Angriff auf die philistäischen
Städte. Das verschöbe die westliche Grenze Moabs bis zum Großen Meer, und Hedak
würde über ein riesiges Königreich herrschen.
    „Du sagtest mir, daß heute
nacht keiner draußen sein würde“, flüsterte Hedak Cheb ärgerlich zu, der mit
ihm ritt.
    „Es ist die Nacht des Worfelns,
und jeder, der kann, sollte sich auf dem Dreschboden befinden.“ Cheb spähte zu
Joseph hinüber, der ihnen entgegenritt. „Es ist Joseph, Boas’ Adjutant. Ich
kenne ihn gut.“
    „Wenn du mich verraten hast“,
stieß Hedak hervor, „werde ich...“
    „Würde ich mich selbst
verraten? Verdeck dein Gesicht mit dem Mantel, wir werden ihm entgegenreiten.“
    „Meine Schwertspitze ist in
deinem Rücken“, warnte Hedak drohend, als ihre Pferde den Schutz der Bäume
verließen.
    Joseph sah sie und zog die
Zügel an, um angreifen zu können, falls es dazu kommen sollte. „Was treibt ihr
hier?“ forschte er.
    „Es ist nur Cheb, der einarmige
Händler, Joseph.“ Cheb ritt näher heran, Hedak folgte direkt hinter ihm. Cheb
warf die Kapuze seines Mantels zurück. „Sicherlich erkennst du mich.“
    „Ich kenne dich gut genug,
Cheb“, sagte Joseph schroff. „Aber wer ist der andere?“
    „Auch ein Kaufmann.“ Cheb kam
Joseph immer näher.
    „Du meinst ein Schmuggler,
nicht wahr?“
    Der Karawanenführer lachte.
„Wir haben uns hier nur getroffen, um ein bißchen über die Preise zu
feilschen.“
    Etwas schien Joseph an dieser
Geschichte nicht zu stimmen, und plötzlich wußte er, was es war. Obwohl beide
Männer behaupteten, Kaufleute zu sein, war keine Spur von Mauleseln, Kamelen
oder einer Karawane zu sehen.
    „Du dort!“ sagte er zu Hedak.
„Zeig dein Gesicht!“
    „Er kann nicht“,
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