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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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du würdest es niemals - ja, zum Beispiel Papa erzählen? Es ist nichts Schlimmes“, fügte er schnell hinzu. „Nichts, was...“
    „...was mich in Gewissenskonflikte bringen kann, meinst du?“ „Ja, genau das meine ich. Und dann erzählst du bestimmt nichts weiter?“
    „Brauchst du noch zu fragen, Bernt? Sind wir nicht Kameraden?“ „Doch“, sagte Bernt. „Ja - so was Dolles ist es ja auch nicht -aber gerade dir muß ich es sagen - ich - ich habe ein Gedicht gemacht - und das hab ich für fünfzig Kronen bei einer Zeitung angebracht.“
    Bernt war ganz kurzatmig vor Aufregung.
    Ich wischte mir die Hände in der Eile notdürftig ab und schüttelte Bernt die Hand.
    „Mein lieber Junge - ich gratuliere von Herzen. Das ist doch famos - wie stolz bin ich auf dich. Außerdem bin ich stolz und froh darüber, daß du mir dein Vertrauen schenkst. Aber Bernt, warum soll dein Vater es nicht erfahren?“
    „Natürlich soll er es erfahren, aber nicht eher, als bis es erscheint. Ich möchte es ihm unmittelbar vor die Nase legen, weißt du - was, meinst du, wird er wohl sagen?“
    „Was ich auch gesagt habe. Nein du, Bernt, jetzt lassen wir die Kuchen Kuchen sein - komm, wir gehen hinein, ich habe Lust auf einen Vormittagstee, du nicht auch? Das Wasser kocht gerade, ich bin im Nu fertig.“
    Dann saßen wir im Wohnzimmer, jeder mit einer Tasse Tee vor
    sich.
    „Bernt, darf ich dein Gedicht lesen?“ fragte ich.
    „Ja - aber - aber - du lachst mich bestimmt nicht aus, Beate?“
    „Wie kannst du das nur denken, Bernt!“
    Er holte einen zusammengefalteten Zettel aus seiner Tasche und reichte ihn mir.
    Ich las. Es war ein lyrisches Gedicht mit feiner Naturstimmung, in einem kräftigen, guten Rhythmus und von einer gewissen Spannung der Gedanken.
    „Es ist wunderbar, Bernt. Wie wird dein Vater sich freuen, du!“
    Bernt faltete den Zettel wieder zusammen, und ich sah, wie seine Hände zitterten.
    „Aber, Bernt, wie konntest du nur einen Augenblick denken, ich würde dich auslachen - oder ich könnte dein Geheimnis nicht bei mir behalten?“
    Er gab lange Zeit keine Antwort auf die Frage. Dann sagte er, und es kam mühsam, so als sträube er sich innerlich, es auszusprechen: „Ich habe schon oft Gedichte gemacht, Beate. Aber ich habe sie nie einem Menschen gezeigt, außer einem einzigen Mal. Und da wurde ich ausgelacht. Aber das ist lange her. Ich war erst sieben Jahre alt.“
    „Und das sitzt heute noch in dir? Als du sieben warst, Bernt, waren deine Verse wohl auch nicht so gut wie heute?“
    „Das hat nichts damit zu tun. Natürlich war das Gedicht grauenhaft... aber ich zeigte es einem. zeigte es jemandem, der hoch und heilig versprach, es niemandem zu erzählen. Und dann kam ich dazu, als er es anderen vorlas. Sie lachten alle über das Gedicht und dieser. dieser Jemand lachte mit. Sie machten sich lustig über den niedlichen kleinen Jungen, der glaubte, er könne dichten, und. und...“
    „Bernt“, sagte ich. „Diesem Jemand würde ich gern mal die Leviten lesen.“
    Bernt warf mir einen schnellen Blick zu, seine Augen waren fast schwarz.
    „Das kannst du nicht mehr, Beate. Es war meine Mutter.“ Behutsam legte ich meine Hand auf die von Bernt. Ich konnte nichts sagen. Aber ich fing an, Zusammenhänge zu begreifen, die mir bisher unverständlich gewesen waren. Allerlei Fragen lagen mir auf der Zunge, heikle Fragen. konnte ich es wagen?
    „Bernt“, sagte ich endlich. „Vielleicht siehst du es falsch. Gewiß wollte deine Mutter sich nicht lustig machen. Sie hatte wohl nicht gedacht, daß du hören würdest, wenn sie dein Gedicht vorlas. Und du hast nun all die Jahre diese Last mit dir herumgeschleppt und dich davon niederdrücken lassen. Viel zu lange hast du geschwiegen. Ich will dich nicht ausfragen, Bernt, und dich nicht bitten, mir etwas zu erzählen. Aber du sollst wissen, daß du auf mich zählen kannst, wenn du einmal einen Menschen brauchst, um dich auszusprechen. Ich bin ein ganz alltägliches Mädel, Bernt. Ich habe nicht deine... deine Intelligenz - du weißt ja selber, daß du sehr intelligent bist. Aber ich habe dich gern, und ich kann schweigen. Das wollte ich dir gern ein für allemal gesagt haben.“
    Bernt sah mich wieder an, und nie waren seine Augen so schön gewesen.
    „Danke, Beate! Du kannst natürlich einwenden, daß ich die Geschichte von damals als kleiner Junge falsch gesehen habe, daß ich besonders empfindlich war. Aber ich verlor dadurch alles Vertrauen zu meiner Mutter

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