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Rywig 01 - Bleib bei uns Beate

Titel: Rywig 01 - Bleib bei uns Beate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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der Doktor und Bernt allmählich auftauten, ich erzählte von Bernt, der dem Doktor mit der Abrechnung half,    erzählte, wie Vater    und    Sohn jetzt
    kameradschaftlich miteinander stünden.
    Mutti hörte zu und nickte, aufmerksam und teilnehmend.
    „Weißt du, Beate“, sagte sie sinnend, „ich wüßte zu gern, wie Frau Rywig war.“
    „Tja.“, sagte ich. Mehr sagte ich nicht. Denn das hätte ich ja selbst gern gewußt.
    „Ich habe irgendwie das Gefühl, als ob dies - dies Grau in Grau, dieser Mangel an Harmonie und glücklichem Familienleben - als ob der Grund dafür tiefer läge“, sagte Mutti bedächtig. „Hatten sie ein gutes Familienleben geführt, ehe Frau Rywig starb, dann hätten sie sich nicht so auseinanderleben können, nachdem Tante Julie kam.“
    „Da hast du, glaube ich, recht“, sagte ich.
    Dann schwiegen wir beide, und kurz darauf machten wir uns auf den Heimweg. Es war Samstag, und wehe mir, wenn ich die Kinder und den Doktor um ihren Samstagschäker brächte. Der Tortenboden stand fertig zu Hause, Maren hatte hoch und heilig versprochen, Schlagrahm zu kaufen, und ich hatte ein Buch „Tausend knifflige Fragen für Groß und Klein“ erstanden - das würde am Abend ein Raten geben!
    So kam es auch. Und jedesmal, wenn Bernt mit einer richtigen Antwort herausplatzte, war ich so stolz, als ob er mein Sohn sei.
    Ich schaute verstohlen zu dem Doktor hinüber. Seine Augen hingen an Bernt. Und ich wußte, was er dachte:
    Was hast du nicht schon alles gelesen, Junge! Und das habe ich nicht gewußt! Ich habe von meinem Altesten nichts geahnt, außer, daß er ein ausgezeichneter Schüler ist und daß er zu Hause unfreundlich und schwierig ist.
    Unfreundlich und schwierig. Oh, Tante Julie, Tante Julie, da hast du trotz allem am meisten gesündigt - daß du in all deiner Fürsorglichkeit für den lieben Doktor seine Kinder daran hindertest, Kontakt mit ihm zu bekommen. Und, daß du Bernt stets als „schwierig“ hinstelltest.
    An diesem Abend hatten Mutti und ich vor dem Einschlafen noch ein langes Gespräch.
    Als die Zwillinge schlafen gegangen waren, hatte ich versprochen, noch einmal nach oben zu kommen und ihnen gute Nacht zu sagen, und Senta hatte Mutti die Hand hingestreckt und gefragt: „Kommst du auch, Frau Hettring?“
    „Wenn du es möchtest, Sen ta“, lächelte Mutti. „Wieso weißt du, daß ich Senta bin?“
    „Da hab ich wohl so eine Art Instinkt“, sagte Mutti. „Ja, ich komme noch und sage euch gute Nacht, Mädelchen.“
    Wir waren zu ihnen hinaufgegangen und hatten ihnen das Deckbett festgestopft und sie beide zur guten Nacht noch einmal in die Arme geschlossen. Mutti war einen Augenblick stehengeblieben und hatte sich die Fotografie an der Wand angesehen - das schöne, beherrschte Antlitz.
    Kurz darauf waren Mutti und ich allein in meinem Zimmer.
    „Du hast eine große Aufgabe in diesem Haus übernommen, Beate“, sagte Mutti.
    „Ja“, erwiderte ich. „Das weiß ich. Und ich glaube, ich fange allmählich an, sie zu bewältigen.“
    „Das tust du“, sagte Mutti. „Ich hatte richtig meine Freude daran, zu sehen, wie die Familie sich’s heute abend gemütlich machte. Aber, Beate, ich hatte recht mit meinen Vermutungen heute vormittag. Die Schuld an den Schwierigkeiten lag nicht bei Tante Julie. Die liegt weiter zurück. Das sah ich an Frau Rywigs Gesicht. Die Augen sind so kühl, Beate.“
    „Ja“, antwortete ich, „so wirkt das Bild auf mich auch. Arme Frau Rywig, wie muß es traurig sein, wenn man mit einem unfröhlichen Herzen geboren ist, Mutti.“
    „Und wie haben wir es gut“, lächelte meine Mutter. „Weißt du, Beate, wenn ich daran denke, wie es uns in all diesen Jahren gegangen ist, mit Unruhe und Kinderkrach und Krankheiten und bedrängten wirtschaftlichen Verhältnissen - und trotzdem mit der Freude und dem Vertrauen und der Liebe - ja, dann finde ich, wir sind die glücklichste Familie der Welt.“
    „Das finde ich auch, Muttchen. Und ich habe mir das Ziel gesetzt, die Familie Rywig zur zweitglücklichsten zu machen.“
    „Gott segne dich dafür, mein Kind“, sagte meine Mutter.
    Sonntags waren wir in der Klinik und besuchten Heidi. Sie lag quietschvergnügt in ihrem Bett und unterhielt sich auf das lebhafteste mit dem kranken Kind neben ihr, einem kleinen Ding von fünf Jahren. Sie erzählte von ihrer Reise von Tjeldsund nach Oslo, als handele es sich um eine Expedition zum Himalaja.
    Hinterher machten wir mit dem Doktor eine kleine

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