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Rywig 02 - Hab Mut, Katrin

Titel: Rywig 02 - Hab Mut, Katrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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und echten Lächeln auf. „Wenn ich nach Oslo gehe, dann kann ich vielleicht Ihre Familie kennenlernen“, sagte sie, und ihre Stimme klang geradezu hoffnungsvoll.
    „Ja, aber natürlich“, sagte Frau Rywig. „Kommen Sie nach Oslo, dann sind Sie hiermit feierlichst eingeladen, den ersten Sonntag bei uns zu Mittag zu essen.“
    Katrin saß im Autobus und fuhr nach Hause. Sie hatte den Wagen vor der Bank abgestellt, Andreas den Schlüssel gebracht, und jetzt hieß es, sich zu Hause mit der Arbeit zu sputen. Sie mußte an Senta Rywig denken. Wenn dieses Mädchen mit ihren sechzehn Jahren schwierige und spannende Gerichte kochte, dann war es eine Schande, daß sie selbst mit einer dreijährigen Erfahrung nie weiter gediehen war als bis zu gebratenem Speck und Kochfisch und Milchreis und Frikadellen. Hatte sie nicht gestern in einer Zeitung ein Rezept gefunden „Russischer Pirog“?
    Und zum erstenmal seit langer Zeit summte Katrin vor sich hin, während sie im Haus mit Eimern und Lappen und Töpfen und Pfannen klapperte, und als sie den Pirog endlich im Ofen hatte, mußte sie sich sehr beherrschen, um nicht mindestens alle fünf Minuten einmal hineinzuschauen.
    Sie lüftete und wischte Staub, sie wusch und räumte auf, und entdeckte plötzlich, daß Hausarbeit viel Spaß machen konnte.
    Es wurde Zeit, daß sie etwas für sich selber tat. Das hatte Frau Rywig gesagt. Wie recht sie doch hatte!
    Katrin wollte nach Oslo gehen - und sie würde Bernt und Senta und Hans Jörgen und den kleinen Stephan kennenlernen und den Doktor mit dem klugen Gesicht - ach, wie war es herrlich, wenn man plötzlich wußte, was man wollte.
    „Nun, Beate“, sagte Anja beim Essen. „Was hältst du von meiner kleinen problematischen Schwägerin?“
    „Mit deiner problematischen Schwägerin führe ich was im Schilde“, sagte Beate. „Und im übrigen schwant mir, wie die Probleme zu lösen wären. Auf alle Fälle sehe ich die Ursache zu den Problemen deutlich vor mir.“
    „Und die ist?“
    „Daß das arme Ding seine Mutter so früh verloren hat. Ich habe den Eindruck, daß sie wild aufgewachsen ist, Anja. Aber ich weiß, was ihr nottut. Sie braucht in erster Linie mütterliche Liebe - und in zweiter braucht sie eine führende Hand, sie braucht jemanden, an den sie sich anlehnen kann.“
    „Und wie sollen wir ihr das alles verschaffen?“
    „Ja, das will ich? ja gerade versuchen, es ihr zu verschaffen. Ich muß ein Ferngespräch anmelden, Anja - und zwar sofort. Wenn Gerhard nicht zu einem akuten Blinddarm weggestürzt ist, müßte er jetzt zu Hause sein.“
    Beate stand auf und ging zum Telefon. Sie blieb einen Augenblick mit der Hand am Hörer stehen.
    „Weißt du, Anja“, sagte sie. „Katrin kann einen dauern. Sie kann einen unsagbar dauern.“ Dann hob sie den Hörer ab.

„Ich muß jetzt etwas für mich tun
    Ein Blinder konnte sehen, daß Katrin wie verwandelt war, heiterer, fröhlicher und viel umgänglicher. Als Anja am nächsten Tag zum Mittagessen mit herauskam, begrüßte Katrin sie mit einem Lächeln, einem richtigen und echten Lächeln.
    Und Anja rühmte das Essen, diesmal hatte Katrin gebackenen Fisch mit Remoulade gemacht. Die Brüder machten große Augen. Was in aller Welt war in Katrin gefahren? Das Wohnzimmer blitzte und strahlte vor Sauberkeit, und als Anja durchaus beim Abtrocknen helfen wollte, öffnete Katrin den Wäscheschrank sperrangelweit, um ein neues Handtuch herauszuholen. Hier lag ein Stapel frischgemangeltes Bettzeug. Tischtücher, Handtücher und Servietten waren übersichtlich geordnet.
    Die beiden jungen Mädchen arbeiteten eine Weile schweigend Hand in Hand, aber es war kein mißtrauisches und feindseliges Schweigen wie bisher. Katrin brach es als erste:
    „Deine Kusine ist riesig nett, Anja.“
    „Nicht wahr? Übrigens ist die ganze Familie sehr sympathisch. Beate war auch von dir begeistert.“
    „Von mir?“
    „Ja, es hatte jedenfalls den Anschein.“
    „Du liebes bißchen“, sagte Katrin. Sie schwieg wieder ein Weilchen, dann fügte sie hinzu: „Übrigens habe ich die Absicht, nach Oslo zu gehen. Ich möchte versuchen, dort auf die Technische Schule zu kommen.“
    „Was du nicht sagst! Da bekommst du dann auf alle Fälle eine Ausbildung, wie nur die wenigsten Mädchen sie durchmachen. Und du kommst in einen Beruf, der dir liegt.“
    „Ja. Und im Grunde ist es wohl auch bald Zeit, daß ich auch mal etwas für mich tue - nun brauche ich ja den Jungen nicht mehr den Haushalt zu

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