Rywig 02 - Hab Mut, Katrin
Unreine.“
Und nun setzten sie sich alle drei hin, um aufzuzählen, was alles im Hause zu tun war, und die Liste wurde unheimlich lang.
„Ach du Schreck“, sagte Senta. „Und das alles machen wir jeden Tag?“
„Oh, keineswegs, wir waschen nicht jeden Tag, und wir putzen nicht jeden Tag Silber.“
„Aber wir gehen einkaufen und kochen und waschen ab und wischen Staub und machen Betten und bringen Stephan in den Kindergarten und ziehen ihn an und aus und - und - weißt du was, wenn ich diese Liste sehe, dann finde ich, daß zehn Leute für die Arbeit nötig sind.“
„Und trotzdem gibt es Millionen Hausfrauen, die diese Arbeit ganz allein schaffen müssen.“
„Sieh mal an, wie hast du es da gut, Beatemutti, daß du zwei solche Engel hast wie Katrin und mich.“
„Sicher habe ich es gut. Denkst du vielleicht, ich wüßte das nicht? Aber nun kommt die Verteilung. Du möchtest natürlich jeden Tag kochen, Senta?“
„Außer dienstags und freitags - da kommt das Fischauto mit all den ekligen Viechern, die kann Katrin totmachen und aufschneiden und -.“
„Gut, dann sagen wir, du hast dienstags deinen freien Tag.“
„Der Anfang kann sich hören lassen“, lachte Senta.
Beate schrieb und die beiden Mädel berichtigten und kamen mit Vorschlägen - und so fand Herr Rywig sie, als er ins Wohnzimmer trat.
Er schaute seiner Frau über die Schulter: „Montag: Katrin: -.“, las er, „Morgenfrühstück, Tischdecken, Abdecken. Senta: Abwaschen, Jungenszimmer. Beate: Saubermachen der Zimmer, Stephan in den Kindergarten bringen - .“ Herr Rywig lachte.
„Das nenne ich die Dinge systematisch angreifen. Übrigens ist das ganz ausgezeichnet. Wer hat diesen genialen Einfall gehabt?“ „Deine geniale Tochter“, sagte Senta und warf sich in die Brust. „Vergißt meine geniale Gattin aber auch nicht, daß mein Fahrer mir zur Verfügung stehen muß?“
„Papa, du bist schrecklich!“ rief Senta. „Du bist so faul geworden, daß es zum Himmel schreit. Zwanzig Jahre lang hast du Blinddärme ‘rausgenommen und Leistenbrüche zurechtgefingert und Knochen geschient, ohne deine Hände zu schonen, und jetzt kannst du nicht mal einen eitrigen Finger verbinden, falls du deine zarten Hände überanstrengt hast.“
„Junge Dame, wenn du zu deinem alten Vater so unverschämt bist, dann werde ich dafür sorgen, daß du bald einen Verband nötig hast - einen kalten Umschlag, und wo, das sage ich nicht.“
„Danke, meine Phantasie reicht dafür aus“, lachte Senta. „Aber im Ernst, Papa, du mußt zugeben, daß du ein richtiger Snob geworden bist.“
Jetzt mischte sich Katrin ein. „Aber Senta, denk doch mal, wie gut es deinem Vater tut, diese halbe Stunde jeden Morgen ganz stillzusitzen und nachzudenken. Den Tag und die Arbeit zu planen.“ „Das kann er wohl auch tun, wenn er fährt.“
„Nein, das kann er nicht“, rief Katrin, „Auto fahren ist eine Arbeit, meine Gute - es ist sogar eine anstrengende Arbeit bei dem Verkehr heutzutage - eine Arbeit, bei der du keine Sekunde entspannen kannst.“
„Richtig, Katrin, ausgezeichnet“, nickte Herr Rywig. „Endlich ein Mensch in diesem Haus, der mich Ärmsten begreift, mich unverstandenen —.“
„ - unglücklichen, unterdrückten und mißhandelten Mann“, lachte Senta. Sie schlang die Arme um des Vaters Hals. „Du hast es schwer, Papa, und du kannst einem leid tun.“
Herr Rywig lachte und streichelte ihren Rücken. „Wo sind denn übrigens meine Söhne?“
„Der eine ist in Kopenhagen“, sagte Senta trocken.
„Denk mal an, mir ahnte doch so was. Ich dachte an die beiden Minderjährigen.“
„Der jüngste schläft seit drei Stunden, und der mittelste seit einer
- sag mal, hast du keine Ahnung, wie spät es ist?“ -
„Wie bitte? - Du liebe Zeit, da sitze ich und denke, es ist acht, und dabei ist es halb zehn. Und ich wollte doch nach oben gehen und den Jungens gute Nacht sagen.“
„Da siehst du mal, was du für’n Vater bist“, lachte Senta und zuckte zurück, um der väterlichen Hand zu entgehen, die ihrem Ohrläppchen zustrebte. Herr Rywig lachte und schüttelte entsagungsvoll den Kopf.
Katrins Augen aber wanderten vom einen zum andern, sie lachte mit und ergötzte sich an dem munteren Ton dieser glückhaften Harmonie, der wunderbaren Offenheit an diesen Menschen, die immer ein Lächeln und einen fröhlichen Scherz bereit hatten.
Als sich Beate aber jetzt ihrem Manne zuwandte, war sie ernst: „Gerhard, natürlich ist Katrin
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