Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
„Über Serengeti?“
„Nein, nicht direkt, aber in Nairobi hat es auch geregnet, nur hier an der Küste sind wir einigermaßen verschont geblieben.“
Ehepaar Dieters und Senta sahen sich entsetzt an.
„Unsere Safari - der Höhepunkt! Nur deswegen sind wir ja hergefahren.“
„Warten wir es nun ab“, sagt Herr Dieters. „Wenn der Regen aufhört, dauert es nicht lange, bis die Straßen wieder trocken sind. Alles geht sehr schnell, wißt ihr. Und ob es so oder so wird, wir können nichts dazu tun. Gehen wir baden, hier scheint jedenfalls die Sonne!“
Ja, die Sonne schien, aber vor meiner persönlichen Glückssonne lagen augenblicklich dicke Wolken.
Dann fühlte ich eine Hand in der meinen, und diese Hand gab mir die Kraft, Enttäuschungen zu tragen. Wenn ich bloß auf einem einzigen Punkt nicht enttäuscht werden würde!
Aber da hatte ich keine Angst. Wenn das Schicksal einem eine solche Gabe in den Schoß legt, wie Heiko und ich es erlebt hatten, dann - ja dann gab es keine Enttäuschungen! Es konnte einfach keine geben!
Wenn auch ganz Tanzania überflutet werden sollte!
Bange Stunden, spannende Tage. Wir fragten den Reiseleiter. Er fand immer tröstende Worte.
„Es wird schon gehen! Es ändert sich hier von Tag zu Tag! Einen Tag strahlende Sonne, und das Ding hat sich!“
Einen Trost hatten wir, oder sagen wir, einen Lichtblick: Am Sonntag fuhren Herr und Frau Tiger ab. „Die sind wir los“, flüsterte Senta. „Die kommen jedenfalls nicht mit auf die Safari!“
Frau Dieters sagte nichts, taktvoll, wie sie immer war. Und ihr Mann sagte und hörte nichts. Er zeichnete... wie immer.
Dann kamen wir an einem grauen, regnerischen Dienstagmorgen in Nairobi an. Die Nacht im Abteil war mit Abstand die heißeste, die ich jemals erlebt habe. Wenn ich nicht so ängstlichgespannt gewesen wäre, hätte ich mich über das bunte Völkchen amüsiert, das die Wagen füllte. Weiß, Schwarz und Braun durcheinander, ein paar bezaubernde Araberkinder, etliche Moslemfrauen ganz in Schwarz gehüllt, eine Gesellschaft Inder - die Frauen in schönen Saris, in denen sie sich mit vollendeter Anmut bewegten.
Aber die Nacht in dem kleinen Schlafabteil war furchtbar. Als die Leuchtzeiger meiner Uhr fünf zeigten, hielt ich es nicht mehr aus. Ich stand auf und ging in den Korridor. Alles war furchtbar eng und schmal, alle Fenster und Türgriffe so niedrig, daß man sich bücken mußte, um sie zu öffnen oder durchs Fenster zu gucken.
Eine halbe Stunde blieb ich stehen und hatte nichts zu tun als zu denken - und innigst zu wünschen, daß der Straßenzustand im südlichen Kenya und im nördlichen Tanzania uns die Fahrt ermöglichen würde.
Dann wurde eine andere Abteiltür geöffnet, Heiko kam.
„Das habe ich mir doch gedacht“, flüsterte er und küßte mich. „Komm doch rein zu mir, ich bin allein im Abteil, da können wir jedenfalls sitzen. Eine Tasse Thermoskaffee kannst du auch haben!“
„Heiko, du bist ein Goldstück! Du denkst ja an alles!“
„Das tut man, wenn man gewisse Erfahrungen hat, und ich habe welche vom vorigen Jahr. Da habe ich nämlich auch diese Fahrt gemacht.“
„Sag mal, sind diese Wagen für Pygmäen oder Kleinkinder gebaut?“
„Für Japaner. Aus Japan importiert.“
„Ach deswegen!“
Langsam wurde es hell. Aber der Himmel war grau, ein trostloses, hoffnungsloses Grau.
„Sonnie... sieh doch!“
Ich sah: Nur wenige Meter vom Zug standen drei Giraffen. Gleich darauf sahen wir ein Straußenpärchen. und dann.
„Warzenschweine“, erklärte Heiko. „Paß mal auf, das sind.“
„Thomsongazellen!“ rief ich.
„Stimmt. Siehst du, so viel kannst du sehen vom fahrenden Zug aus, stell dir vor, was du.“
„Ich wage nicht, es mir vorzustellen! Wenn nun alles ins Wasser fällt?“
„Nur nicht die Hoffnung aufgeben!“
Der Zug hielt. Direkt vor uns standen ein paar Wellblechhütten. Eine Frau stellte einen kleinen Ofen im Freien auf. Als ich sah, was für einen Rauch der entwickelte, begriff ich, warum sie im Freien kochte!
Drei Hunde kamen angelaufen - elende, ausgemergelte Tiere. Sie wußten Bescheid, sie rannten direkt zum Speisewagen. Als Heiko eine Keksrolle hervorzauberte und die Kekse zum Fenster hinauswarf, kamen sie zu uns. Die armen Tiere - nur Haut und Knochen, der eine Hund hatte sogar ein steifes Bein.
„Wie kann man bloß seine Tiere so behandeln“, sagte ich.
Heiko erklärte mir, daß es verwilderte, herrenlose Hunde seien. Ich hatte ein paar Bonbons in der
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