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Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Tasche, die warf ich ihnen hin, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung.
    Eins war mir klar geworden. In dem Leben, das Heiko vor sich hatte und das ich mit ihm teilen wollte, würde es auch viel Schreckliches zu sehen geben, oft würde mein Herz so bluten, wie es jetzt beim Anblick der armen ausgehungerten Hunde blutete.
    Aber vielleicht würde man auch oft helfen können und nicht immer so machtlos sein wie als Fahrgast an einem Abteilfenster?
    „Selbstverständlich sollen Sie starten“, sagte die Reiseleiterin. Es war dieselbe, die uns schon vor einer Woche am Flughafen empfangen hatte. „Es ist gut möglich, daß der Wagen durchkommt, und wenn nicht, kehren Sie eben um, und dann werden wir uns schon etwas für Sie einfallen lassen. Mal sehen, hier sollten fünf Personen sein - Herr und Frau Dieters - zweimal Rywig.“ Sie sah uns an und lächelte. „Ein Glück, daß ich nicht verpflichtet bin, Sie auseinanderzuhalten! Dann Herr Brunner.“ Sie kreuzte unsere Namen auf ihrer Liste an. „Dann Herr und Frau Johannsen, die sind schon da -also nehmen Sie bitte Platz, wir haben leider ein bißchen Verspätung. Wir mußten erst einen anderen Wagen beschaffen, der erste hatte plötzlich Tücken. - Hier, Moses, sind die Lunchpakete! Geben Sie nur Ihr Gepäck her - nein, den Regenmantel behalten Sie lieber bei sich, man kann nicht wissen. Halten Sie Ihre Kameras am besten auf dem Schoß. Also dann einsteigen, bitte, ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt.“
    Ich stand schon mit einem Fuß im Wagen, hatte bereits ein gebildetes Lächeln angelegt, um dem unbekannten Ehepaar Johannsen ein höfliches „Guten Morgen“ zu sagen - da stockten mir die Worte in der Kehle.
    Denn da, auf den besten Plätzen, direkt hinter dem Führersitz, saßen... Herr und Frau Tiger!
    Wir drei, Senta, Heiko und ich, saßen auf dem hinteren Sitz, Frau Dieters vorn neben dem Fahrer, Herr Dieters hatte das Glück, neben den beiden Tigern sitzen zu dürfen.
    Dem Redeschwall der Tigerin entnahm ich, daß sie einen Tag vor uns abgefahren seien, um den Montag in Nairobi verbringen zu können. Zwecks Andenkenkaufen und Stadtrundfahrt. Beides sei Enttäuschung gewesen. Die Andenken seien furchtbar teuer, und bei der Stadtrundfahrt hätte es geregnet.
    Anscheinend war aber der Tag doch anstrengend gewesen, denn zu unserer Erleichterung schlief die Tigerin ein, mit einer zusammengerollten, großkarierten Jacke in Rot und Grün unter dem Kopf.
    Unser Fahrer war ein kleiner, dürrer, ältlicher Afrikaner mit einem Paar kluger und munterer Augen in seinem faltigen Gesicht. Daß er Moses hieß, hatten wir schon gehört.
    Wir hatten bald die schöne, breite Ausfahrtstraße aus der Stadt hinter uns. Der Asphalt war naß, Moses fuhr vorsichtig und aufmerksam. Es war kühl - wir sind ja so hoch oben wie St. Moritz, sagte Herr Dieters und legte behutsam seiner Frau einen Mantel um die Schultern.
    Einmal hielten wir an, bevor wir die asphaltierte Straße hinter uns ließen. An einer Stelle, von der wir tief in den „Großen Graben“ hinunterschauen konnten. Moses erzählte uns davon, ich übersetzte, und Heiko ergänzte es: Wie einmal in vorgeschichtlicher Zeit ein Riesenerdbeben diese enorme Rinne durch Afrika gerissen hatte.
    „Das muß lange her sein“, äußerte Frau Tiger tief nachdenklich.
    „Es wachsen ja schon Bäume drin, vielleicht ist es hundert Jahre her!“
    „Noch etwas länger, gnädige Frau“, sagte Herr Dieters artig. „Die Geologen schätzen, etliche Millionen Jahre.“
    „Das können sie doch unmöglich wissen“, meinte Frau Tiger.
    Ihr Mann äußerte sich nicht. Er stand still im Hintergrund und machte Aufnahmen. Ich hatte den Eindruck, daß der Redeschwall seiner Frau an ihm vorbeifloß, ohne zu stören. Wie ein Bach, an den man gewohnt ist, er ist eben da, aber man hört nie darauf. Vielleicht würde man nur aufhorchen, wenn das Geräusch plötzlich aufhörte.
    Ohne allzu große Schwierigkeiten erreichten wir das Massaidorf Narok. „Bloß nicht fotografieren!“ warnte Moses. - Schade, es hätte sich gelohnt - aber wir wußten ja, daß wir später viele, sehr viele Massais sehen würden.
    Die Straße war nicht mehr asphaltiert. Sie war enger geworden, und von Asphalt war keine Rede. Sonst wäre sie vielleicht sandig -jetzt war sie lehmig. Moses fuhr im zweiten Gang, ohne die Augen von der Straße wegzunehmen. Der Regen hatte aufgehört, aber die Luft war feucht und der Himmel grau.
    „Schaffen wir es, Moses?“
    „Mal sehen.

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