Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
hier sitze ich! Sie heirateten drei Wochen später, und nach weiteren neun Monaten war ich auf der Welt.“
„Und sie sind glücklich, Heiko?“
„Ja, Impala, sie sind glücklich. Sie werden uns verstehen.“
Ich dachte an Papa und Beatemutti. Sie waren auch glücklich. „Meine Eltern hatten sich allerdings fünf Monate gekannt“, sagte ich. „Aber sie haben sich einmal verplappert und verraten, daß sie sich schon nach einer Woche lieb hatten. Sie werden uns auch verstehen, Heiko.“
„Ja, Impala, was sagst du dann?“
„Was ich sage? Daß ich wahnsinnig gern mit dir zurück nach Afrika möchte, daß ich mit dir in einer Blockhütte, einem Wellblechschuppen, meinetwegen in einer Lehmhütte wohnen würde - daß die Zukunft, so wie du sie dir geplant hast, für mich der Himmel auf Erden sein würde. Aber ich bin so dumm, Heiko, ich kann nichts, wie sollte ich dir helfen können?“
Heiko nahm meine Hand. „Kannst du stopfen und nähen?“
„Ja, das kann ich allerdings.“
„Du bist Arzttochter. Verstehst du was von Erster Hilfe?“
„Ja, das habe ich gelernt.“
„Kannst du kochen?“
„Nun ja... ich weiß nicht so recht.“
„Du hast aber noch Zeit, es zu lernen.“
„Ja, das habe ich. Ich werde kochen lernen, ich werde Suaheli lernen, und. ja. den Führerschein machen!“
„Das kann bestimmt nicht schaden! Aber bitte auch für Lastwagen!“
„Ja, noch etwas kann ich aus dem ff“, rief ich: „Säuglingspflege!“
„Das ist das Allerbeste!“ sagte Heiko und legte den Arm um meine Schulter. „Gesetzt den Fall, wir bekämen Zwillinge!“
„Damit werde ich schon fertig! Ich kaufe zwei Tücher und trage das eine Kind auf der Hüfte und das andere auf dem Rücken! Und Babys in einem Klima, wo die Kinder als Nackedeis rumlaufen können, wo man sich die ganze Babywäsche schenken kann!“
Heiko lächelte. Als er wieder sprach, war seine Stimme ernst. „Sonnie, nun werde ich dir etwas sagen, und jetzt bin ich ernst. Als ich voriges Jahr hier war, stand ich vor dem Grab eines jungen Wissenschaftlers, der für ein Ziel gearbeitet hatte: das Erhalten der Natur, das Erhalten der Tierwelt. Er war mitten in dieser Arbeit, als er durch ein Unglück ums Leben kam.“
Ich nickte. „Ich weiß, Heiko. Ich habe viel über ihn gelesen.“
„Als ich da stand, am Rande des herrlichen Ngorongorokraters -ja, du wirst ihn auch kennenlernen. in wenigen Tagen, du wirst auch vor dem Grab stehen - da sagte ich mir: Dieser junge Mann ist für seine Ideale gestorben. Für seinen heiligen Glauben, es sei unsere Pflicht, etwas von Gottes Erde unberührt zu erhalten, in all seiner Schönheit, in all seinem Reichtum. Wenn er dafür sterben konnte -warum soll ich nicht dafür leben? Ich bin jung, ich bin gesund, der liebe Gott hat mir die Augen geöffnet, ich sehe klar, was ich tun möchte und was ich tun kann, falls man mich dranläßt. Es wird ein Leben voller Anstrengungen, voller Gefahr, vielleicht auch voll bitterer Enttäuschungen, aber bestimmt auch mit sehr, sehr viel Freude. Willst du dies Leben mit mir teilen, Sonnie? Weit weg von den Deinen, unter einer sengenden Sonne, in Regenzeiten und in brennender Dürre? Nie deine Muttersprache hören, selten Menschen deiner Art treffen, dich ganz und gar umstellen? Kannst du es, willst du es, hast du den Mut dazu? Nein, Sonnie, antworte jetzt nicht. Bitte, noch nicht. Aber du sollst es durchdenken, und wenn du dir alles, wirklich alles überlegt hast, sollst du mir antworten. Willst du das, kleine Impala?“
„Ja, Heiko. Am liebsten möchte ich jetzt sofort und aus einem vollen Herzen ja sagen, aber wenn du mich darum bittest, werde ich es zuerst genau durchdenken.“
„Danke dir, mein Kleines. Und dann müssen wir wohl zurückgehen.“
Hand in Hand gingen wir den kleinen Pfad hinauf, unter blühenden Schirm-Akazien, zu dem Hotel unter den wehenden Palmen.
„Es sieht ja schlimm aus“, sagte Herr Klinger nach dem Frühstück. Er las die Zeitung. „Es sieht aus, als ob ganz Tanzania unter Wasser steht!“
Mein Herz krampfte sich zusammen.
„Das kann doch nicht wahr sein!“
„Lesen Sie bloß. Dar es Salaam ist überschwemmt, und in anderen Teilen des Landes sind die Straßen vollkommen aufgeweicht, zum Teil überflutet und für Autoverkehr gesperrt.“
„O nein - nein! Das darf nicht sein, das darf nicht sein.“
Ich hatte einen furchtbaren Kloß im Hals.
„Steht auch etwas darin über den nördlichen Teil des Landes?“ fragte Heiko.
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