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Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Gedanke, daß es gefährlich sein könnte, daß ich hier mitten in einem «erreichen Gebiet saß, daß womöglich ein Leopard, den ich an sich brennend gern sehen wollte, grade in diesem Augenblick angeschlichen kommen könnte, mit einem gesunden Frühstücksappetit - dieser Gedanke kam mir überhaupt nicht.
    Ich saß nur da und empfand, daß ich in Afrika war, daß ich Afrikas Erde unter meinen Füßen hatte, daß ich auf ein Wunder wartete: Ich wollte sehen, wenn die Nacht langsam wich, ich wollte sehen, wie die Bäume und die Hütten aus der Dunkelheit hervortraten, wie alles Form und Farbe bekam. Ich wollte diesen letzten Morgen in Seronera auskosten, wollte allein mit der Natur sein. Allein mit Afrika.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so gesessen hatte, als ich ein leises Geräusch hörte. War es der Reißverschluß von einem anderen Zelt?
    Dann entdeckte ich das schwache Licht einer kleinen Taschenlampe, das auf mich gerichtet wurde. Meine brennende Kerze hatte mich wohl verraten.
    Das Licht beschrieb einen Kreis in der Luft. Ich nahm meine Kerze und machte das gleiche Zeichen. Dann hörte ich - oder ich ahnte mehr, als ich hörte - ganz leise Schritte.
    „Bist du es, Impala?“
    Es war ein kaum hörbares Flüstern.
    „Ja, Heiko.“
    „Komm mit!“
    Seine Hand fand meine in der Dunkelheit. Ich blies meine Kerze aus. Im schwachen Licht der kleinen Taschenlampe führte mich Heiko zu dem runden, offenen Platz, wo das Feuer glühte.
    „Weißt du, was ich jetzt tun möchte?“
    „Ja“, sagte ich.
    „Nein. Nicht das, was du denkst. Ich möchte dich übers Knie legen und dir deinen Po so versohlen, daß du es eine Woche lang merken würdest!“
    „Tu das nicht, Heiko. Dann schreie ich, und all die anderen werden wach.“
    „Das ist auch das einzige, was mich davon abhält. Sonnie, Liebling, du bist ja wahnsinnig! Man setzt sich nicht unbewaffnet und ungeschützt und unerfahren ins Freie, wenn die Möglichkeit besteht, daß Löwen und Leoparden in der Nähe rumlungern. Und eins sage ich dir: Wenn wir mal nach Afrika kommen, ohne Moses und ohne so eine dear group, und du machst dies, dann wird es Ernst - ja wirklich, ich meine es. Lieber werde ich dich verhauen, als daß du so leichtsinnig dein Leben riskierst.“
    „Ich werde es nie mehr tun, Heiko, ich verspreche es dir. Ich wollte ja nur...“
    „Ich weiß sehr gut, was du wolltest. Ich will es auch. Ich will nicht nur den Sonnenaufgang sehen, ich will sehen, wie die Nacht zum Tag wird.“
    „Und wenn jetzt ein Leopard käme, um uns als Frühstück zu verspeisen?“
    „Na, hier sind ja so viele Stühle, dann müßte ich ihm wohl einen an den Kopf werfen.“
    Wir schwiegen. Noch war Nacht um uns.
    Zuletzt sprach ich.
    „Heiko! Vor einer Woche hast du mich etwas gefragt. Weißt du das noch? Ich sollte es mir überlegen.“
    „Und ob ich das weiß. Hast du es dir überlegt?“
    „Ja, Heiko. Und jetzt kann ich antworten. Aus meiner innersten, heiligsten Überzeugung kann ich antworten.“
    „Und wie heißt deine Antwort?“ Heikos Stimme war tief und weich.
    „Sie lautet: Ja. Ohne Vorbehalt, ohne Bedingungen. Nur ja.“
    „Sonnie, mein Mädchen!“
    Nur die schwache Glut von der Feuerstelle war Zeuge, als Heiko mich küßte.
    Dann schwiegen wir wieder.
    Aber jetzt trat etwas aus der Dunkelheit hervor, wurde erkennbar. Wir drehten die Köpfe, wir sahen, wie ein schwacher hellgrauer Streifen sich am Horizont abzeichnete. Die wenigen Sterne, die uns verrieten, daß doch ein paar Risse in der Wolkendecke waren, wurden matter; allmählich verschwanden sie.
    Bäume tauchten langsam, zögernd aus der Dunkelheit hervor.
    Der Gipfel des kleinen Klippschlieferfelsens zeichnete zaghaft seine Silhouette gegen das kommende Tageslicht.
    Langsam, langsam traten alle Konturen aus der Dunkelheit hervor. Aus der samtweichen Dunkelheit wurde ein neuer Tag geboren.
    „Gehen wir zurück, bevor jemand aufsteht“, flüsterte Heiko. „Zieh dich richtig an, dann treffen wir uns bei Sonnenaufgang.“
    Jetzt konnten wir ohne Taschenlampe den Pfad zurückfinden. Aber bevor wir ihn betraten, blieb ich stehen. Ich bückte mich und nahm eine Handvoll roter Erde, die ich in mein Taschentuch legte.
    Heiko sah mich an. Er verstand mich. Dann bückte er sich und tat dasselbe.
    „Wir haben keine Verlobungsringe, die wir tauschen können, Sonnie“, flüsterte er. „Gib mir deine Handvoll Erde, ich gebe dir die meine.“
    Wir tauschten. Kein Mensch hätte uns jetzt verstanden. Was

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