Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden
gewesen:
„Sei nicht blöd, du blasser Zweibeiner! Wir sind wilde Tiere und haben auf deinem Schoß nichts verloren!“
Und damit hätten sie ja eigentlich recht gehabt.
Aber es gab auch anderes, das der näheren Betrachtung lohnte: einen Baum voller Webervogelnester! Ich blieb mit offenem Munde stehen: Was Menschenhände bestimmt nicht herstellen könnten, das schafften diese kleinen Vögel mit ihren geschickten Schnäbeln feh-lerfrei. Sie bauten ihre wunderbar symmetrischen Nestchen mit einem langen, röhrenförmigen Eingang nach unten! Wie sie es vermeiden, daß Eier und Jungvögel durch das Rohr fallen, ist mir schleierhaft.
Die Nester hingen so dicht wie Birnen an einem Birnbaum im Spätsommer. Ich borgte mir ein Fernglas und sah sie mir genauer an.
Vom Biber wird gesagt, daß er ein vorbildlicher Ingenieur ist. Die Bienen und Ameisen bilden Staaten und sorgen für strenge Ordnung drin. Dies war mir was Neues: Die Webervögel sind Architekten, die so kühn bauen, daß kein Mensch es besser machen könnte!
Wir besuchten das kleine Museum. Heiko und ich waren zuerst allein dort und unterhielten uns großartig mit dem jungen Museumsführer, der viel Wissenswertes erzählte. Nachher kamen auch die anderen von „my dear group“.
Frau Johannsen blieb stehen vor den ausgestellten Fanggeräten, teuflisch ausgetüftelten Apparaten, die die Wildhüter gefunden und mitgenommen hatten. Fußfallen und grausame Drahtschlingen -unfaßbar, daß Menschen auf so was kommen können! Sich so etwas auszudenken!
Sie wurde blaß, als ich ihr die Erklärungen des jungen Führers übersetzte. Dann plötzlich riß sie ihre Ohrklips von den Ohrläppchen.
„Schmeißt sie weg!“ schluchzte sie. „Ich will sie nie mehr sehen! Wie konnte ich bloß? Aber ich wußte ja nicht... ich ahnte ja nicht. “
Heiko beruhigte sie.
„Frau Johannsen“, sagte er. „Ich verstehe Sie gut, aber eins kann ich Ihnen versichern: Wegen dieser Ohrklips ist kein Leopard getötet worden. Diese kleinen Sachen macht man aus den Resten der Felle. Aber ich verstehe Sie, und ich würde auch nie einen Quadratzentimeter Leopardenfell kaufen.“
„Und wenn ich ein Leopardenfell von einem verunglückten Tier bekäme oder von einem, das man aus Barmherzigkeitsgründen hätte töten müssen, würde ich es nie tragen“, sagte Frau Dieters. „Ich möchte nicht riskieren, daß andere Frauen dadurch auf den Geschmack kämen!“
Da standen wir, sieben verschiedene Menschen, und nie hatten wir uns so gut verstanden wie hier vor dieser schrecklichen Ausstellung.
In diesem Augenblick wurde siebenmal ein heiliges Gelübde abgelegt - davon bin ich überzeugt!
Draußen nieselte es, und die Luft war kühl. Wenn es bloß nicht im Ngorongorokrater regnete - wenn wir bloß nicht um die Fahrt am nächsten Tag betrogen würden! Ich freute mich schon so! Nicht auszudenken wäre das.
Wir mußten unsere Regenmäntel anziehen, als wir zum Mittagessen ins große Zelt hinüberliefen und nachher zu der „Veranda ohne Haus dahinter“ zum Kaffeetrinken gingen.
Morgen würde unser letzter Safaritag sein. Übermorgen sollte es zurück nach Nairobi gehen, eine weite Fahrt, die den ganzen Tag dauerte.
Wir saßen beisammen, wir sieben Menschen, die gemeinsam unvergeßlich schöne Dinge erlebt hatten. Unser Gespräch bestand hauptsächlich aus: „Wissen Sie noch, die kleine Gazelle, die auf dem Landestreifen spielte“; - „Aber der große Mähnenlöwe heute früh“;
- „Wenn man bloß die Dikdiks noch einmal zu sehen bekäme!“; -„Aber die Meerkatzen in Keekorok, die waren doch reizend!“
Edda Dieters lächelte.
„Ja, sie sind reizend, und für mich war es ein großes Erlebnis, ein paar wildlebende Tiere so in meiner allernächsten Nähe zu sehen. Ich habe sie auch gefüttert, weil zum Glück kein Schild mit ,Füttern verboten’ da stand!“
„Warum in aller Welt sollte man das denn verbieten?“ fragte Senta.
„Ja, sehen Sie, es heißt ja, daß die Tiere hier ihr eigenes Leben führen sollen. Serengeti ist kein Zoo, man soll die Tiere nicht zu Schnorrern erziehen, um es brutal auszudrücken. Sie sollen hier unter ihren normalen Lebensbedingungen leben.“
„Ja, aber Frau Dieters!“ rief ich. „Erstens ist Keekorok nicht Serengeti - nebenbei gesagt -, und diese Meerkatzen haben ja ihre volle Freiheit. Sie können machen, was sie wollen, sie können am Schwimmbecken spielen oder sich von den Menschen zurückziehen. Niemand hält sie gefangen. Und wenn sie
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