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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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kleinen hölzernen, geschnitzten Brieföffner für Papa und meine Brüder, das Salatbesteck für Katrin und ein winziges Holznashorn für Annettchen waren ganz billig gewesen. Alles wurde sehr feierlich ausgepackt und mit Jubel empfangen. Die Jungen verglichen ihre Brieföffner, Stefan hatte einen mit einem geschnitzten Löwen, Bernt eine Gazelle, Vati ein Krokodil. Beate legte gleich das Armband an -kurz, es war alles so, wie es sein soll. Aber bei Heiko...
    Als wir aus dem Zug stiegen, kam mir ein Gedanke. Ich wollte zuerst meine Freundin Anke besuchen. Sie wohnte nicht allzuweit vom Hauptbahnhof. Dann konnte Heiko allein nach Hause fahren und seine Eltern „schonend vorbereiten“.
    Anke war froh, daß ich kam. Eben hatte sie ihren Mann verloren
    - den Mann, den sie nur geheiratet hatte, weil ihr Kind auf die Welt kommen sollte. Wir verbrachten eine friedliche, vertrauliche Stunde zusammen, und Anke fand es wunderbar, daß ich einen Hamburger heiraten wollte. „Du wirst wohl nicht immer da unten bei deinen Löwen sein“, meinte sie hoffnungsvoll. „Wie schön, wenn du auch manchmal in Hamburg wohnen würdest!“
    Dann holte Heiko mich ab. Kurz darauf stand ich meiner zukünftigen Schwiegermutter gegenüber. Sie war reizend, ich mochte sie sehr gern. Heiko und ich erzählten, wie wir uns kennengelernt hatten, von unserem gemeinsamen Interesse, unserer großen Afrikaliebe. Heikos Mutter nickte:
    „Und dann war es Liebe auf den ersten Blick, nicht wahr? Ja, wenn jemand auf der Welt das versteht, dann bin ich es. Genauso ging es ja damals mir. - Und Sie wagen es wirklich, Sonja? Diesen verrückten, besessenen Afrikaner, dieses Arbeitspferd zu heiraten?“ „Ja“, sagte ich. „Verrückt und besessen bin ich selbst, und was Arbeitspferd betrifft, so arbeitet er ja für unser gemeinsames Ziel! Es ist ein größeres Wunder, daß Heiko es wagt, mich zu heiraten. Ich werde bestimmt eine kuriose Hausfrau abgeben, jedenfalls mit vernünftigen deutschen Hausfrauenaugen gesehen!“
    „Ach, das kommt alles mit der Übung“, tröstete mich Heikos Mutter. „Aber da wir von Hausfrauenarbeit sprechen: Ich muß in die Küche, heut gibt es ja Heikos Lieblingsessen, damit muß ich rechtzeitig anfangen.“
    „Darf ich mitkommen?“ fragte ich.
    „Herzlich gern, dann können Sie ja gleich lernen, echte deutsche Kartoffelpuffer zu machen.“
    Kartoffelpuffer! Das war also Heikos Lieblingsessen!
    Ich kannte das Gericht nicht. Ich sah mit großen und erstaunten Augen, wie meine Schwiegermutter Berge von Kartoffeln schälte und auf der Reibe ganz fein rieb, und das mit Engelsgeduld. Lieber Himmel! Das hätte Beatemutti in Windeseile mit der Küchenmaschine gemacht, falls wir in Norwegen überhaupt Kartoffelpuffer gekannt hätten.
    Ja, dachte ich, dies wird also der Nachtisch sein, aber was gibt es sonst?
    Es gab gar nichts mehr. Kleine runde Plätzchen aus geriebenen Kartoffeln, dazu Apfelmus. Das war das ganze Mittagessen.
    Wenn ich das meinem hungrigen Vater und meinen gefräßigen Brüdern vorgesetzt hätte!
    Ich bekam so eine Ahnung, daß diese Kartoffelpuffer sozusagen das erste Warnsignal waren. Der erste kleine Beweis dafür, daß ich mich gewaltig umstellen mußte. Da würden bestimmt mehr - viel mehr - Überraschungen kommen.
    Heikos Vater war ruhig, freundlich und sympathisch. Den Bruder traf ich nicht, er würde erst spätabends nach Hause kommen.
    So saß ich mit diesen drei Menschen. Zwei davon sah ich zum ersten Mal, den dritten liebte ich von ganzem Herzen, liebte ihn über alles auf der Welt. Der Blick aus seinen Augen, der schnelle Händedruck unter der Tischkante - das half mir durch diese ganze merkwürdige Situation. Wäre ich ohne Heiko in dieses - na ja, sagen wir, gutbürgerliche Milieu reingerutscht, hätte ich mich fremd und unsicher gefühlt. Jetzt wußte ich, die alten Möbel mit ihren Plüschbezügen, die Schränke mit Säulen und Knäufen, die Küche, ganz ohne blitzblanke elektrische Hilfsmittel, - ja, und die Kartoffelpuffer mit Apfelmus, das waren Teile von Heikos Dasein, er war damit verbunden, für ihn war das alles selbstverständlich. Also erkannte ich es an und sagte mir selbst, daß ich ja nicht von seinem Elternhaus erwarten könne, es sollte eine Kopie von meinem sein!
    Kein Mensch fand es auffallend, daß Heiko kein einziges Mitbringsel hatte. Niemand außer mir. Warum hatte er nun nicht mindestens seiner Mutter so ein kleines geschnitztes Tierchen für einen Schilling gekauft, - keine

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