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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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einer Stunde Europa verlassen würden. Am späten Abend würden wir in Bahrein ankommen.
    Mir war es nicht nach Lesen und nicht nach Schlafen. Ich lehnte mich zurück und hing meinen eigenen Gedanken nach. In zwölf Tagen würde ich die ersten Koalas zu sehen bekommen. In sechzehn Tagen würde ich Heiko bei mir haben.
    Wo war er wohl jetzt - in diesem Augenblick? Wenn ich mich nicht irrte, war es jetzt frühmorgens in Australien. Was hatte er heute vor? War er irgendwo im Busch, in der Wüste, vielleicht in einem Eingeborenendorf?
    Lieber Gott, gib mir ihn gesund wieder. - Ich bewegte nicht die Lippen, ich dachte nur in meiner Muttersprache.
    Denn der liebe Gott versteht alle Sprachen.

Essen mit Stäbchen
    „Tante Helene! Tante Helene! Guck doch mal!“
    Nach achtzehnstündigem Flug war Tante Helene so halb eingeschlafen. Jetzt faßte ich sie am Arm.
    „Tante Helene, du mußt rausgucken!“
    Sie machte die Augen auf - gleich darauf sperrte sie sie auf! Das taten übrigens alle Fluggäste. Denn was da unten uns entgegenstrahlte, war so phantastisch, so märchenhaft, daß mir die Worte fehlten - und sie fehlen mir eigentlich noch.
    Ein Lichtermeer in Weiß, Gelb, Rot, Blau, Grün - Lichter, die sich im dunklen, blanken Wasser spiegelten, Lichter, die uns erzählten, daß hier eine große, bunte Stadt lag, eine Stadt voll Menschen und turbulenten Lebens.
    Wir waren über Hongkong.
    Meine Uhr, die ich seit der Abreise nicht weitergestellt hatte, zeigte zwölf. Zu Hause war es Mittag - hier war es neunzehn Uhr und ganz dunkel. Und aus dieser Dunkelheit blühen die Lichter wie bunte Blumen aus der schwarzen Erde.
    „Zwicke mich in den Arm, Tante Helene - aua! Nicht so doll -bitte nicht ein zweites Mal, es ist mir jetzt klar, daß ich wach bin und schon halb chinesisch - o Tante Helene, ist dies nicht ein Märchen?“ „Eine gute Eigenschaft hast du.“, sagte Tante Helene.
    „Eine? Heiko behauptet, ich habe mehrere!“
    „Eine, die gerade jetzt auffällt“, verbesserte Tante Helene. „Du kannst dich so wunderbar freuen - du erlebst alles so bewußt!“
    „Ja, wer würde das nicht tun in einem solchen Augenblick! Zu wissen, daß man auf der anderen Seite des Erdballs ist, daß man gleich Menschen sehen wird, die von einer ganz anderen Rasse sind, eine unverständliche Sprache sprechen - Menschen mit anderen Sitten und zum Teil anderen Begriffen - ist das nicht aufregend?“ „Natürlich ist es das. Aber alle fassen es nicht so auf wie du. Da hat das Schicksal dir was Schönes in die Wiege gelegt - die Fähigkeit, so intensiv zu erleben, so bewußt alles in dich aufzunehmen!“
    „Hast du denn nicht dieselbe Eigenschaft, Tante Helene?“
    „O doch, ich glaube schon.“
    Nun war die Landebahn dicht unter uns. Wir hatten schon das Geräusch gehört, als das Fahrgestell aus dem riesigen Rumpf des
    Flugzeugs runtergelassen wurde. Noch näher - noch näher - einen ganz kleinen Hopser - und wir waren in Hongkong gelandet.
    Eine feuchte, schwere Hitze schlug uns entgegen. Ich hatte etliche Kleidungsstücke unterwegs fallengelassen, jetzt wünschte ich, daß ich noch mehr ausgezogen hätte.
    Unser Reiseleiter nahm uns wie eine gewissenhafte Henne ihre Küken unter die Fittiche. „Alle bitte hierbleiben, während ich mich ums Gepäck kümmere“, ermahnte er uns.
    „Das ist eine der Annehmlichkeiten bei einer Sammelreise“, sagte Tante Helene. „Himmlisch, an gar nichts denken zu müssen! Weder Koffer noch Fahrkarte noch Hotel - das ist ja direkt eine Erholung!“
    „Und keine Reifen zu flicken, während Leoparden auf einen lauern!“ sagte ich.
    „Das war nicht Flicken, es war Reifenwechsel!“
    „Aber bei uns war es Flicken“, sagte ich. „Heiko flickte, und ich mußte immer auf zwei Löwinnen achten, die beunruhigend schlank waren und bestimmt einen gesunden Appetit hatten!“
    Die Koffer waren da, sie und wir wurden in einen Bus gepackt, eine reizende junge Dame mit Mandelaugen und schwarzen Haaren und Schuhgröße 33 (schätze ich) ergriff ein Mikrofon und hieß uns willkommen und erklärte uns, durch welche Straßen wir fuhren und in welcher Gegend unser Hotel lag.
    Es war alles so verwirrend, daß ich nur einen Bruchteil von dem, was sie sagte, mitbekam. Es war mir nur klar, daß wir nicht auf der Insel Hongkong waren, sondern in dem Stadtteil Kowlon auf dem Festland. Morgen würden wir rüberfahren, heute ginge es direkt zum Hotel in einer der Hauptstraßen Kowlons.
    Große, bunte Schilder mit

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