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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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weichen Körper eingedrungen, ihr hättet keinen Schmerz gehabt, ihr hättet am Leben bleiben können, und unzählige Menschen hätten sich über eure schönen Felle gefreut, lebendige Felle an kleinen lebendigen Körpern.
    Aber wer in dieser Welt könnte den Papuas begreiflich machen, daß sie dabei waren, schöne und seltene Tiere auszurotten, nur um sich zu schmücken? Daß man Tiere züchtet, um aus ihren Fellen warme Kleidungsstücke zu machen, das konnte ich verstehen und gutheißen. Im kalten Europa war das berechtigt. Aber seltene Tiere umzubringen nur des Schmuckes wegen - nein, nein, tausendmal nein!
    Man erzählte uns, daß Neuguinea bald selbständig werden sollte.
    Ob die neue Regierung mit sich reden lassen würde?
    Ob die Mary-Green-Stiftung etwas unternehmen und erreichen könnte?-
    Ich sah Tante Helene an, unsere Blicke trafen sich. Ich wußte, daß wir genau denselben Gedanken hatten.
    „Dann geht es also per Flugzeug in die Steinzeit“, sagte Mr. Nicol.
    Wir saßen am Frühstückstisch. Unser Gepäck war schon in den Wagen verladen, in wenigen Minuten wollten wir zum Flughafen, dann nach Port Moresby fliegen und dort gleich in ein anderes Flugzeug umsteigen, das uns zu den Trobriandinseln bringen sollte. Und dort - versprach uns das gedruckte Programm - dort würden wir Menschen sehen, die noch in der Steinzeit lebten!
    Ich war riesig gespannt. Schon wieder legte ich einen neuen Film in den Apparat. Diese Tage hatte ich unglaublich viel geknipst. Es ging den anderen Teilnehmern nicht anders. Ich möchte wissen, wie viele Aufnahmen wir alle zusammen gemacht hatten - von Papuafrauen und Kindern, von Männern mit Federschmuck, von den
    festgeschmückten Leuten in Minj?
    „Mrs. Stone“, sagte Tante Helene freundlich. „Möchten Sie vielleicht eine Tablette gegen Luftkrankheit?“
    Mrs. Stone hatte einen Augenblick einen erstaunten Blick, als ob es ihr neu war, daß jemand ihr eine Freundlichkeit zeigte.
    „Ja, vielen Dank, wenn Sie eine entbehren können?“
    „Ich brauche sie nicht - hoffentlich!“ antwortete Tante Helene mit ihrem guten, lieben Lächeln. „Ich weiß eigentlich nicht, warum ich sie mitgeschleppt habe. Und denken Sie daran, sich ganz zu entspannen, alle Bewegungen mitzumachen, als ob Sie in einer Schaukel säßen!“
    „Ich werde daran denken“, sagte Mrs. Stone - kurz, aber nicht unfreundlich. „Thank you“, fügte sie hinzu.
    Ob es die Tablette oder die Entspannung war, weiß ich nicht. Aber diesmal schaffte Mrs. Stone den Flug, ohne zu der Tüte greifen zu müssen.
    Dann standen wir im Flughafen Port Moresby und warteten darauf, aufgerufen zu werden. Auf dem kleinen grünen, eingezäunten Platz zwischen dem Gebäude und dem Flugplatz durften wir uns frei bewegen. Tante Helene und ich betrachteten lächelnd ein paar kleine Kinder, die da herumspielten. Zwei süße, pummelige kleine Lockenköpfchen, ein weißer und ein brauner. Sie rannten einander nach, sie purzelten und standen wieder auf, sie lachten fröhlich, und zuletzt umarmten sie sich herzlich. Sie waren einfach zum Fressen!
    Tante Helene machte schnell eine Aufnahme, ein paar der anderen von unserer Gruppe ebenfalls. Alle lächelten den süßen Kleinen wohlwollend zu.
    Nein, nicht alle. Mrs. Stone stand ganz unberührt da. Ihr hübsches Gesicht war vollkommen leer, es drückte überhaupt keine Gefühle aus.
    „Sehen Sie sich doch die reizenden Kinder an!“ platzte es aus mir raus. „So gut vertragen sich braun und weiß - da gibt es keinen Rassenhaß und keine Rassenprobleme! Die Großen hätten viel zu lernen von den Kleinen!“
    „Ich kann Kinder nicht ausstehen“, sagte Mrs. Stone.
    „ Was können Sie nicht?“ Ich dachte, ich höre nicht richtig.
    „Kinder sind häßlich, dumm und lästig“, sagte Mrs. Stone. Ihre Stimme war wie Eis.
    Ich hätte natürlich was sagen können, hätte protestieren müssen -aber ich war so platt, daß ich keine Worte fand. Mrs. Stone ging ans andere Ende des Platzes, blieb stehen und schaute geradeaus, schaute ins Nichts. Ich sah Tante Helene entsetzt an.
    „Und ich dachte, sie war beim Auftauen!“ seufzte ich. „Dabei ist sie genauso ein Biest wie am ersten Tag!“
    Tante Helene richtete den Blick auf die schöne, schlanke Gestalt, die da am Zaun stand.
    „Nein“, sagte Tante Helene langsam. „Sie ist kein Biest. Ich glaube, sie ist ein bodenlos unglücklicher Mensch!“
    Dies war aber spannend!
    Es gab keinen Linienverkehr zu den Trobriandinseln. Für uns war ein

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