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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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hatten!
    Mr. Nicol hatte eifrig fotografiert, er durfte sogar ins Männerhaus und Blitzaufnahmen machen. Als er rauskam, zündete er sich eine Zigarette an. Der freundliche Papuamann, der ihm erlaubt hatte, ins Haus zu gehen, zeigte mit einem fragenden Finger auf die Streichholzschachtel. Mr. Nicol lächelte gutmütig und reichte sie ihm. Er nahm sie zögernd, drehte sie um, betrachtete sie von allen Seiten mit verwunderten Augen. Mr. Nicol zeigte ihm, wie er die Schachtel aufmachen sollte, nahm ein Streichholz raus und zündete es an. Da lächelte der Papua glücklich, drückte die Schachtel an seine nackte Brust, lief zu ein paar anderen Männern rüber, zeigte, erklärte, deutete mit dem Finger auf Mr. Nicol. Als wir in den Wagen steigen mußten, sahen die Männer beinahe ehrfurchtsvoll Mr. Nicol nach.
    Was war dies doch für ein reizendes Völkchen! So strahlend freundlich, so lächelnd, so aufgeschlossen, so zutraulich!
    „Ach, wenn ich doch die Eingeborenensprache könnte!“ seufzte
    ich.
    „Sie meinen wohl, wenn Sie eine der Eingeborenensprachen könnten“, sagte eine der Schwestern Smith. „Dann blieben immer noch sechshundertneunundneunzig zu lernen. In Neuguinea soll es angeblich siebenhundert Sprachen geben!“
    Ich dachte, ich hörte nicht richtig.
    „Sie. siebenhundert? Ja, aber dann - dann.“
    „Eben. Genau was Sie sagen wollten. Es gibt Papuadörfer, die nur ein paar Kilometer voneinander entfernt liegen, und wenn einer aus Dorf A einen aus Dorf B trifft, können sie sich nicht unterhalten, weil sie ganz verschiedene Sprachen haben!“
    Ein paar von den anderen Teilnehmern nickten bestätigend. Sie wußten anscheinend hier Bescheid. Ich schämte mich eigentlich, weil ich viel zu wenig wußte, aber dann tröstete ich mich bei dem Gedanken, daß ich - neben Tante Helene natürlich - wohl über die Tiere am besten informiert war.
    Und wir machten ja die Reise der Tiere wegen!
    Die Nachmittagssonne brannte, die Luft flimmerte vor Hitze. Ich hielt es nicht mehr aus in meiner langen Hose. Während die anderen sich von den Papuas verabschiedeten, ging ich hinter das Auto, kramte meinen leichten Rock aus der Tasche, zog ihn an und stieg dann aus der warmen Hose.
    Da hörte ich ein leises Kichern, und drehte den Kopf.
    „Bitte, noch eine Sekunde stehenbleiben!“ bat Mrs. Stone. Sie stand mit der Kamera vor dem Auge. Ich drehte den Kopf noch etwas. Hinter mir stand ein kleines braunes Mädchen. Es hatte meinen Rocksaum gefaßt, den Rock etwas hochgehoben und guckte sich voll Staunen meinen feinen weißen Spitzenslip an - er war mit lauter kleinen Perlonrüschen quer über den Po ausgestattet.
    Hinter dem mutigen kleinen Mädchen standen noch ein paar Kinder, eins davon mit dem Finger im Mund, eins nach vorne gebeugt mit dem Blick nach oben, direkt auf die Rüschenpracht.
    Es war so urkomisch, daß ich nicht böse werden konnte! Die Kinder waren unbezahlbar in ihrem ehrlichen, bewundernden Staunen. Dieses Fotomotiv durfte ich Mrs. Stone nicht vorenthalten! Daß noch ein paar Fotografen dazukamen, mußte ich über mich ergehen lassen.
    „Ich hätte allerdings nicht gedacht, daß meine feinen, teuren Höschen aus London fotografiert werden sollten“, sagte ich nachher, als ich wieder neben Tante Helene im Auto saß. Dann drehte ich mich zu Mrs. Stone um und fragte, ob sie mir wohl einen Abzug von dem Bild schicken würde.
    „Natürlich, wenn Sie mir Ihre Anschrift geben“, antwortete sie mit einem - o Wunder! - freundlichen Lächeln!
    „Unser Schmerzenskind ist dabei, menschlich zu werden“, sagte Tante Helene, als wir allein im Zimmer waren. „Ich bin gespannt, ob es so bleibt!“
    „Aber es gehört viel dazu, sie aufzutauen“, meinte ich. „Einmal Luftkrankheit, einmal Erdbeben und einmal Spitzenhöschen!“

Per Einbaum in die Steinzeit
    Unsere ganze Reisegesellschaft saß erwartungsvoll auf schmalen Holzbänken, die im Halbkreis aufgestellt waren. Vor uns lag ein großer, offener Platz. Ringsherum kleine Gruppen von Eingeborenen, von Kindern, von Hunden. Hier und da wurde eine Touristenkamera vors Auge gehoben, ein süßes braunes Kind, eine stillende Mutter, ein hübsches Mädchen wurde geknipst. Sonst ruhten die meisten Kameras mit frischgeputzten Linsen und neu eingelegten Filmen auf dem Schoß, einsatzbereit für das, was heute auf dem Programm stand: „Sie erleben einen echten, Eingeborenen-Singsing.“
    Darauf warteten wir.
    Ein junger Hund spielte vergnügt mit einem Stück Holz. Er

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