Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
kam näher, so nah, daß ich ihn streicheln konnte. Er war Liebkosungen gewöhnt, er stellte sich sofort hin zum „Hinterm-Ohr-Kraulen“.
Ich warf einen ganz schnellen Blick auf Mrs. Stone, die in meiner Nähe saß. Sie rückte etwas weg, als der Hund ihr bedenklich nahe kam, aber sie sagte nichts und versuchte nicht, das Tier wegzujagen.
Nach all den mageren, ungeziefergeplagten Hunden in Hongkong war es eine wahre Wohltat, die zutraulichen, gut genährten Hunde hier bei den Papuas zu sehen. Es ist schon möglich, daß sie ein paar Flöhe mit sich führten, aber mehr nicht. Alle hatten ein gesundes Aussehen und ein schönes Fell.
Die Sonne strahlte über freundlichen, zufriedenen Menschen und Tieren.
Jetzt passierte etwas auf dem Platz vor uns. Durch eine Öffnung in einem hohen, dichten Holzzaun kam ein äußerst malerisches und buntes Gefolge: Etwa 30 bis 40 junge Männer, alle wunderbar gebaut - und alle so bemalt, daß man die Gesichtszüge gar nicht erkennen konnte. Weiße, grüne und rote Farben in dicken Schichten machten groteske Masken aus den Köpfen, die die schönen Körper krönten.
Was dann wiederum die Köpfe - man könnte beinahe „Häupter“ sagen - krönte, war eine wallende, wogende Federpracht. Das herrliche Gefieder von bunten Papageien, schneeweißen Reihern und orangeroten Paradiesvögeln war von verschwenderischen Händen zu Kopfschmuck zusammengefügt. Ich gebe zu, daß es eine Augenweide war. Aber mein Herz krampfte sich zusammen, wenn ich daran dachte, wie schrecklich viele von den wunderbaren einheimischen Vögeln getötet worden waren.
Was die Männer sonst trugen, war auf dem Allerwertesten angebracht, nämlich große Bündel grüner Blätter, die an dem kleinen Lendenschurz festgebunden waren.
Farbenprächtig sahen sie aus, wie sie da auf der „Bühne“ - dem großen freien Platz - in einer Reihe standen.
Vor jedem Tanz wurde uns erklärt, was er darstellte. Es war eigentlich mehr Pantomime als Tanz. Ein junger Mann, der sich um ein Mädchen bewarb und sich mit dessen Vater über den Preis einigte. - Kampf zwischen zwei Stämmen wegen eines Diebstahls. -Ein junger Mann, der als Strafe vergiftet wurde und auf gekonnte Schauspielerart starb.
Das alles und noch mehr wurde getanzt und gemimt. Dazwischen zeigten sie uns auch, wie sie Feuer machten. Ein kleiner Holzblock hatte eine Vertiefung in der Mitte. Darein wurde ein Holzstäbchen gesteckt und mit Hilfe einer geflochtenen Schnur blitzschnell hin und her bewegt. Nach wenigen Sekunden stieg Rauch auf, dann entstand eine Flamme. Flinke, geübte Hände steckten trockenes Gras und kleine Zweige an. Und in unglaublich kurzer Zeit hatten sie ein richtiges Feuer.
„Wenn ich so ein Ding kaufen könnte“, sagte Tante Helene. „Das möchte ich Mr. Morgan schenken, erstens liebt er solche Spielereien, zweitens verlegt er immer sein Feuerzeug und ist auf der Suche nach Streichhölzern!“
Unser unermüdlicher David schaffte es. Er brachte Tante Helene das „Ewigkeitsfeuerzeug“, und sie bezahlte sowohl den bescheidenen Betrag, der verlangt worden war, als auch ein schönes Trinkgeld an David.
Bevor wir zum Packen und ein bißchen Ausruhen ins Hotel zurückfuhren, machten wir einen letzten Ausflug auf dieser wunderbaren Insel. Unser Ziel hieß diesmal Minj. Es ging wieder aufwärts, in die herrlichen Berge. Man müßte blind oder stumpfsinnig sein, wenn man über diese Naturschönheit nicht laut jubelte! Mit Blick über ein tiefes, grünes, fruchtbares Tal lag das Hotel „Shangri-la“, wo wir einen schnellen und guten Lunch einnahmen, und nachher ging es ohne Pause nach Minj.
Dort hatten wir Glück! Anscheinend wurde aus irgendeinem Anlaß ein großes Fest gefeiert. Männer und Frauen versammelten sich auf dem Dorfplatz, alle in ihrem allerfeinsten Schmuck. Wieder sahen wir mit bewundernden Augen und blutenden Herzen den enormen Kopfschmuck aus den allerschönsten Federn. Hier trugen die Männer auch mörderisch aussehende Bogen, Pfeile und Speere, die wir fotografieren und anfassen durften. Bildschöne junge Mädchen trugen außer dem Kopfschmuck auch seidenweiche Tierfelle auf der Brust. Ich durfte über so ein Fell streichen - wie war es schön - und wie tat es mir leid! Das waren hauptsächlich Kuskusfelle - ach, ihr lieben Tierchen, wie hättet ihr es in irgendeinem Zoo besser gehabt! Ihr hättet keine unbegrenzte Freiheit gehabt, aber ihr hättet Pflege und Futter und Sicherheit - kein Pfeil wäre in eure kleinen
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