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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Sperre, wurde mir eine Hand gereicht, eine fröhliche Stimme sagte: „Herzlich willkommen, Heidi“, und ein kleiner schwarzer Hund sprang an mir hoch und versuchte tapfer mein Gesicht zwecks Leckens zu erreichen.
    Die Hand und die Stimme und der Hund gehörten einer Dame so um die fünfzig. Keine eigentliche Schönheit, aber sie hatte ein offenes und vor allem freundliches Gesicht mit zwei wachen, intelligenten Augen.
    „Tausend Dank, daß ich kommen durf. Bicky, warte doch einen Augenblick, ich muß doch zuerst dein Frauchen begr.“, weiter kam ich nicht, Bicky hatte ihr Ziel erreicht und stupste mich mit ihrer
    kleinen feuchten Schnauze ins Gesicht.
    „Na, dann wissen Sie schon, was Ihnen blüht, hoffentlich hat Senta Sie schonend auf meinen schrecklichen Köter vorbereitet. Kommen Sie, ich nehme Ihnen die Tasche ab, ist Ihr Koffer sehr schwer? Wir müssen mindestens zweihundert Meter laufen, meine Luxuslimousine steht da ganz vorn, vor dem Hotel. Mit dem Parken ist es ja ein Drama. Bicky, nun läßt du endlich Tante Heidi in Ruhe! Übrigens, Heidi, wie ist es mit der Sprache, können Sie mich verstehen, wenn ich so losbrabbele?“
    „Das Wort brabbeln kenne ich allerdings nicht, aber ich verstehe es schon. Ich verstehe überhaupt gut, aber mit dem Sprechen. ich habe ja kaum Übung, aber.“
    „Das geht ja fein! Machen Sie bloß nicht denselben Fehler wie Senta. Anfangs traute sie sich kaum zu sprechen; wenn sie unbedingt etwas ausdrücken mußte, konstruierte sie einen langen Satz im Kopf, und wenn er endlich kam, war er so voll Konjunktive und Feinheiten, daß Schiller es nicht besser geschafft hätte! Plaudern Sie nur los, ich nehme es Ihnen nicht übel, wenn Geschlecht, Zahl und Fälle anfangs ein bißchen durcheinanderpurzeln. So, hier hätten wir meinen Wagen, können Sie ihn sehen, oder brauchen Sie ein Vergrößerungsglas?“
    „O nein, ich habe gute Augen“, lachte ich. „Außerdem hat Senta mich auch darauf vorbereitet.“
    „Wir müssen schnurstracks zum Bahnhof“, erklärte Frau von Waldenburg, als mein Koffer und Bicky auf der kleinen Sitzbank hinten verstaut waren. „Xenias Zug kommt in zwanzig Minuten an. Der Himmel weiß, wie ich uns alle plus noch einen Koffer hier reinpferchen soll. Wahrscheinlich müssen Sie Bicky auf den Schoß nehmen!“
    „Das tu ich gern!“
    Frau von Waldenburg lenkte mit sicherer Hand ihr Miniauto durch den lebhaften Morgenverkehr und erklärte mir dabei, daß wir noch an der Förde entlangfuhren, und daß wir nachher um die ganze Förde fahren müßten, Richtung Laboe.
    „Ja, mein Haus liegt weit weg, da wo die Füchse sich gute Nacht sagen - Mensch, was sieht mein Auge, ein freier Parkplatz, das ist zu gut, um wahr zu sein. Ach bitte, halten Sie Bicky, während ich die Parkuhr füttere - so, nun nichts wie rauf, hoffentlich ist der Zug noch nicht da.“
    Das war er nicht. Eine Tafel am Gleis zeigte uns an, daß der Zug
    fünfzehn Minuten Verspätung hatte.
    „Xenia kommt doch aus Süddeutschland - dann ist sie wohl die Nacht durchgefahren?“ fragte ich.
    „Nein, sie hat einen Ferienjob in Niedersachsen gehabt, von dort kommt sie jetzt. Aber die Ärmste ist wohl bei Nacht und Nebel aufgestanden - zuerst eine Stunde mit dem Bus, und ihr Zug fuhr vor halb sieben von Lüneburg ab. Na also! Dann müssen wir uns noch gedulden. Möchten Sie etwas trinken? Nicht? Falls Sie was anderes möchten, ist ,Für Damen’ eine Treppe tiefer. Na, das auch nicht? Dann erzählen Sie doch, wie es Senta geht, was macht das Söhnlein?“ Jetzt konnte ich die Grüße von Senta bestellen, Frau von Waldenburg fragte auch nach Sonja und rief: „Du heiliger Bimbam!“, als ich von den Zwillingen erzählte.
    „Ach, die beiden Schwestern sind so nett!“ sagte Frau von Waldenburg. „Ich möchte sie so gern wiedertreffen! Am liebsten getrennt, damit ich weiß, daß ich sie nicht verwechsle! Vielleicht fahre ich nächsten Sommer nach England, dann muß ich unbedingt Sonja besuchen! - Aber Heidi, nun müssen Sie mir helfen, nach Xenia Ausschau zu halten. Sie hat rote Haare und trägt eine blaukarierte Umhängetasche. hoppla, da haben wir den Zug. Bicky, benimm dich. so, jetzt also aufpassen!“
    Wir fanden sie beinahe gleich. Ein schmales, etwas blasses Mädchen in Blue jeans und mit den rotesten Haaren, die ich jemals gesehen hatte. Rot und kraus, sie standen wie ein Glorienschein um den schmalen Kopf.
    Außer der Umhängetasche hatte sie einen blauen Segeltuchsack, das war ihr

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