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Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender

Titel: Rywig 09 - Ich zähl die Tage im Kalender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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„Was soll das, unschuldige Fußgänger beinahe umzubringen?“
    „Ach nee, habt ihr das gehört, das Mädchen ist unschuldig! Du kriegst einen Schnaps, Kleine, dann wirst du bestimmt gemütlicher!“ Einer der Kerle ergriff meinen Arm. Jetzt war ich nicht nur wütend, ich hatte auch Angst.
    „Ich will keinen Schnaps, ich will hier durch! So, macht keinen Blödsinn, ich habe es eilig!“
    „Ach, da wartet wohl dein Süßer auf dich, was? Laß ihn noch ein bißchen warten, bleib nur hübsch hier!“
    Unter Lachen und Gegröle stellten sie sich auf und versperrten mir die Brücke. Es waren drei. nein vier Jungen und zwei kreischende Mädchen. Alle stanken sie nach Bier und Schnaps.
    Dann hatte ich nur eins zu tun. Ich versetzte dem Kerl, der mir den Arm festhielt, einen Fußtritt direkt an das Schienbein. Er brüllte und lockerte den Griff, und wie der Blitz trat ich den Rückzug an. Ich war so wütend, daß mir die Tränen aus den Augen kullerten! Nun mußte ich zurück zur Straße und dann zusehen, wie ich zu der großen Brücke kam, von wo die Busse und Autos fuhren. Es war furchtbar weit zu laufen, und zu allem Unglück fing es jetzt an zu regnen. Und ich hatte nichts auf dem Kopf und keinen Regenmantel!
    Schnell laufen, das kann ich! Das habe ich als Kind lernen müssen! Wenn ich meine Brüder Jens und Olav bis zur Weißglut geneckt hatte und unsanfte Strafmaßnahmen drohten, flitzte ich wie ein Wirbelwind zu Mutti, die es immer verstand, ihre aufgeregten Söhne zu besänftigen. Das Flitzen kam mir jetzt zugute. Es würde bestimmt der halbbesoffenen Bande da unten unmöglich sein, mich einzuholen!
    Aber wütend war ich. Was sagte Senta immer? „Stinkwütend.“, ein gutes Wort, das man in gebildeter Gesellschaft nicht benutzen sollte, hatte sie mir erklärt. Aber gerade das war ich. Stinkwütend!
    Plötzlich blieb ich stehen, und mein Herz beinahe auch. Da war noch einer! Er kam mir entgegen und sah sehr tatkräftig aus. Dazu hatte er einen großen Schäferhund bei sich!
    Er sagte ein paar leise Worte zu dem Hund, und der stellte sich knurrend vor mich und versperrte mir den Weg. Jetzt hatte ich Angst! Und was für Angst! „Rufen Sie den Hund zurück!“ rief ich.
    „Nein, meine junge Dame, jetzt wo ich endlich eine von euch erwische, habe ich ein paar Worte zu sagen. Jetzt kommst du hübsch mit zurück zur Brücke und fegst die Glasscherben weg, die ihr jeden Tag da verstreut. So, eins, zwei, drei, ein bißchen Hoppla!“
    Ich blieb mit offenem Mund stehen. Er glaubte, daß ich zu der Bande gehörte! Und ich hatte dasselbe von ihm geglaubt!
    Plötzlich war das alles so komisch, daß ich laut lachen mußte.
    „Meinen Sie, daß ich dazugehöre? Und genau dasselbe habe ich von Ihnen gedacht! Die Biester da unten haben mir gerade den Weg versperrt, ich wollte rüber zum kleinen Waldpfad - jetzt muß ich einen Umweg von einer Stunde machen!“
    Er guckte mich an, dann rief er den Hund, der sofort gehorchte.
    „Entschuldigen Sie. Wenn ich Sie genauer angesehen hätte, wäre es mir klar gewesen, daß. Sie sind Ausländerin, wie ich höre?“
    „Ja. Norwegerin.“
    „Und Sie wohnen da drüben am anderen Ufer?“
    „Ja, nur ein paar Minuten von hier. Ich wäre schon zu Hause gewesen, wenn diese scheußliche Bande mir nicht den Weg versperrt hätte!“
    „Kommen Sie. Ich bringe Sie nach Hause.“
    „Und die Bande da unten?“
    „Keine Angst. Vor Hasso haben sie Respekt.“ Der Hund war jetzt ausgesprochen freundlich. Er guckte mich schwanzwedelnd an, und ich durfte ihm den Hals kraulen.
    „Was für ein hübsches Tier“, sagte ich.
    „Ja, er ist ein feiner Kerl. Wir gehen jeden Tag hier spazieren, am frühen Morgen und dann am Nachmittag. Jeden Tag ärgere ich mich über all die Glasscherben auf der Brücke. Hasso hat sich schon einmal eine Pfote aufgeschnitten. Wir müssen uns vorsehen, daß wir nicht auf die Scherben treten.“
    Jetzt hörten wir, daß die Bande sich unter viel Gegröle zurückzog
    - zum Glück gingen sie alle nach rechts, ich mußte den Pfad nach links weiter.
    „Wenn ich nun einen Besen hätte, würde ich gleich die Brücke sauberfegen“, sagte ich.
    „Dann hätten all die Hundebesitzer sich morgen früh gefreut“, schmunzelte mein Kavalier. „An sich ist dies eine so schöne Gegend zum Hundeausführen, wenn es bloß nicht so schlimm mit Glasscherben und Abfällen wäre! Übrigens, im Sommer haben die Rowdys auch ein Stück vom Geländer abgebrochen, da wäre um ein Haar ein Kind

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