S - Spur Der Angst
den Weg trauen durfte, wenn es um Jules ging. Allein ihr Anblick genügte, um ihm mit erschreckender Deutlichkeit klarzumachen, dass er sie noch immer begehrte.
Was zum Teufel war nur los mit ihm?
Einen Moment lang überlegte er, ob er sämtliche Vorbehalte in den Wind schießen und sie einfach an sich ziehen sollte.
»Mr. Trent!«, ertönte da eine junge Stimme, und der Moment war vorüber. Trent warf einen Blick über die Schulter und sah Banjo Harris auf sie zurennen.
Mist!
Er hatte vergessen, dass er sich mit ihr treffen wollte, um ihr ein paar Fragen zu ihrem Stundenplan zu beantworten.
»Ich muss los«, sagte er.
»Warte! Ich muss mit dir reden!« Jules fasste ihn am Arm.
Er durfte sich nicht länger bei ihr aufhalten. Zu viele Leute könnten sie sehen. Rasch flüsterte er: »Dann komm heute Abend bei mir vorbei, sagen wir gegen zehn, halb elf. Weißt du, wo ich wohne?« Sie nickte, wenngleich sie kein gutes Gefühl dabei hatte. Du liebe Güte, was dachte er sich nur dabei, sie in sein Blockhaus einzuladen? Und damit womöglich ein Desaster heraufzubeschwören?
»Ich komme«, erwiderte sie leise und wandte sich um.
»Danke, Ms. Farentino«, sagte Trent laut und machte auf dem Absatz kehrt.
Es wäre gefährlich, ihr näherzukommen.
Gefährlich auf millionenfache Weise.
»Das kann nicht stimmen!«, beharrte Maeve aufgewühlt, als sie zusammen mit Nell, Lucy und dieser schrecklichen Neuen, Shaylee Stillman, zum Speisesaal hinüberging. Nur weil Shay in ihrer Gruppe war, hieß das noch lange nicht, dass sie sich mit ihr abgeben mussten.
Obwohl das im Augenblick ohnehin egal war.
Es ging das Gerücht, Andrew Prescott sei gestorben. Tot. Und obwohl sie von dem romantischen Selbstmordpakt à la Romeo und Julia geschwärmt hatte, wünschte sie sich verzweifelt, Andrew wäre noch am Leben. Als wäre sein Überleben eine Heldentat, ein Weg, dem Mörder zu trotzen, der seine Geliebte getötet hatte.
Drews Tod machte zusammen mit Maeves eigenen Problemen ihr Leben hier in Blue Rock unerträglich. Während der letzten Tage hatten ihre Freundinnen versucht, sie davon zu überzeugen, Ethan loszulassen, sich von ihm abzuwenden, obwohl er für sie im Leben am wichtigsten war, sie am Leben hielt.
Tief im Herzen wusste sie, dass Ethan ihr wahrer Seelenverwandter war, der einzige Mann, den sie jemals lieben würde.
Mein Gott, sie war so erbärmlich! Außerdem konnte sie einfach nicht aufhören zu weinen. Ihre Tränen auf ihrem Gesicht wurden zu Eis, winzige Diamanten in ihren Wimpern, der Nachtwind wehte so heftig, dass sie das Gefühl hatte, ihre Lungen würden gefrieren. Es war ihr ein Rätsel, wie sie das Abendessen überstehen sollte. Natürlich freute sie sich auch darauf, Ethan zu sehen, doch sie fürchtete, dass er sie keines Blickes würdigen würde. Er würde ihr nicht zuzwinkern, würde ihr nicht zu verstehen geben, dass sie etwas Besonderes für ihn war, obwohl er ihr das früher Dutzende Male versichert hatte.
War sie etwa nicht für ihn da gewesen, als all diese furchtbaren, lächerlichen Anschuldigungen gegen ihn und Ms. Howell laut geworden waren? Hatte sie ihm nicht beigestanden? Ihm ein Alibi gegeben, wenn er eins brauchte? Wusste er nicht, dass sie alles für ihn tun würde? Einfach alles?
Ihre Stiefel knirschten im überfrierenden Schnee. Noch nie in ihrem Leben war ihr so kalt gewesen. Doch der eisige Hauch des Winters war nichts gegen das, was sie in ihrem Herzen empfand, wenn sie daran dachte, Ethan zu verlieren.
Ethan liebte sie. Bestimmt. Das hatte er ihr doch gesagt! Jedes Mal, wenn sie zusammen auf dem Heuboden gewesen waren, wo … O Gott, sie durfte nicht an Nona denken – und wie man sie an den Dachsparren aufgeknüpft hatte.
Der Klumpen in ihrer Kehle wurde so groß, dass sie kaum noch Luft bekam, der Gedanke, dass Ethan mit jemand anderem zusammen sein könnte, war wie tausend Messerstiche mitten ins Herz.
»Ich sage doch bloß, dass ich ihn mit Kaci Donahue gesehen habe«, plapperte Lucy soeben. »Das ist doch keine große Sache.«
Doch, das ist es! Er bedeutet mir alles im Leben! Sie blinzelte und tat so, als sei ihr eine Schneeflocke ins Auge geraten. Sie liebte ihn. Das hatte sie immer wieder unter Beweis gestellt. Hatte zugelassen, dass er sie berührte, küsste, hatte sich ihm sogar hingegeben, hatte alles für ihn riskiert.
»Kein Typ ist das wert«, sagte Shay, als hätte sie Erfahrung mit dieser Art Schmerz. Aber wen interessierte ihre Meinung schon?
»Doch,
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