S - Spur Der Angst
oben gelangte, lag der zusammengekauerte, nackte Körper eines jungen Mannes. Trent bückte sich, um sein Gesicht erkennen zu können. Prescott. Andrew Prescott. Einer der CBs. Um seinen Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet, und er regte sich nicht.
»Allmächtiger!« Trent kniete sich hin und tastete nach seinem Puls, der nur noch ganz schwach zu spüren war. Prescott atmete, sein Herz schlug, doch er war in äußerst schlechter Verfassung. An seinem Hinterkopf klaffte eine blutige Wunde, ein Arm war von dem Sturz völlig verdreht.
»Halt durch, Andrew«, sagte Trent, griff nach seinem Handy und wählte den Notruf, wobei er inständig hoffte, dass schnell genug Hilfe an diesem gottverlassenen Ort einträfe, um das Leben des Jungen zu retten.
»Komm schon, komm schon, bitte mach, dass ich Empfang habe!«, flehte er leise.
»Hier ist die Neun-eins-eins. Was für einen Notfall möchten Sie melden?«
»Schicken Sie einen Krankenwagen!«, rief er. »Oder besser gleich einen Hubschrauber. Hier liegt ein schwer verletzter Schüler, in der Blue Rock Academy, ich denke, sein Zustand ist kritisch. Er ist bewusstlos, hat viel Blut verloren und womöglich innere Blutungen.« Er ratterte die Adresse der Schule herunter, teilte dem Officer von der Notrufzentrale mit, wer er war, und drängte ihn zur Eile.
»Bleiben Sie in der Leitung, Sir, und –«
»Das geht nicht. Schicken Sie einfach ein Rettungsteam zur Schule, und zwar schnell!«
Er legte auf und wählte die Nummer der Krankenstation. Eine schlaftrunkene Schwester Jordan Ayres meldete sich.
»Hier spricht Trent. Kommen Sie zum Pferdestall, und zwar schnellstens! Andrew Prescott ist schwer verletzt!«
»Haben Sie Reverend Lynch angerufen?«, fragte sie zögernd.
»Zum Teufel, nein! Ich habe die Neun-eins-eins gewählt und dann Ihre Nummer, also schwingen Sie sich mit Ihrem Notfallkoffer hier rüber. Er stirbt sonst!«
Bevor sie noch etwas erwidern konnte, drückte Trent die Aus-Taste, dann beugte er sich über den Jungen. Er kannte sich mit Erste-Hilfe-Maßnahmen und Herz-Lungen-Reanimation aus, doch er wusste auch, wann eine Situation nahezu aussichtslos war, und diese hier sah ganz danach aus.
»Halt durch«, beschwor er den schwerverletzten Jungen und breitete eine Satteldecke über ihn. »Halt verdammt noch mal durch! Komm schon, Drew, du schaffst es! Ich weiß, dass du es schaffst.«
Doch er wusste, dass er nicht die Wahrheit sagte.
Der Junge entglitt ihm.
Wenige Minuten später traf Ayres mit ihrem gewaltigen Erste-Hilfe-Koffer ein und ging neben Drew auf die Knie. »Haben Sie seinen Puls gefühlt?«, fragte sie Trent.
»Ja, er war da, wenn auch nur schwach.« Trent sah zu, wie sie ihre Handschuhe überstreifte und sich daranmachte, den Schüler zu untersuchen.
Einen Augenblick später kam Lynch mit langen Schritten in den Stall gestiefelt. Seine Kleidung war tadellos, sein Haar ordentlich gekämmt, nur der leichte Bartschatten war ungewöhnlich für seine ansonsten stets makellose Erscheinung. »Was ist hier los?«, fragte er, offenbar schockiert über den Anblick des schwerverletzten Schülers.
»Ich wünschte, ich wüsste es«, antwortete Trent kopfschüttelnd.
»Warum um alles in der Welt ist der Junge hier? Und wo ist seine Kleidung?« Lynch wandte den Blick von dem bewusstlosen CB ab und sah sich im Stall um. »Was ist das?«
»Was meinen Sie?« Trent sah von Drew Prescotts blutleerem Gesicht auf und folgte Lynchs Blick. Der Reverend starrte auf eine blutige Spur auf dem Fußboden, auf einen zweiten, kleineren Fleck, vermischt mit Stroh. In seiner Sorge um den Jungen hatte er die dunkle Stelle gar nicht bemerkt.
»Fassen Sie nichts an«, sagte er zu dem Direktor, der sich über die merkwürdig geformte Schliere beugte, die nicht von der blutigen Lache um Prescotts Kopf zu stammen schien. »Das sollten wir besser der Polizei überlassen.«
»Ich könnte Hilfe gebrauchen«, ließ sich Ayres vernehmen. Sie kniete nach wie vor neben dem Jungen und hatte seinen Arm unter der Satteldecke hervorgezogen, um seinen Blutdruck zu messen. Trent hob die Decke an, während Lynch mit zutiefst besorgtem Gesichtsausdruck und fest geschlossenen Augen ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken schien.
»Was ist passiert?«, fragte Ayres.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete Trent. »Ich fand ihn, als ich herkam, um nach den Pferden zu sehen.«
»Warum waren Sie so früh schon hier?«, fragte der Direktor und öffnete die Augen wieder. Offenbar
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