S - Spur Der Angst
Lauren Conways Verschwinden verantwortlich gemacht werden. Entführung oder gar Mord waren gewiss nicht Teil des Lehrplans.
Aus den Kollegen war nichts herauszubringen, und Trent wünschte sich, er hätte mehr in der Hand gehabt, was er den Conways berichten konnte. Bislang stand er jedoch mit ziemlich leeren Händen da.
Er strich über sein kratziges Kinn, dann ging er zum Fenster hinüber und öffnete die Vorhänge. Weshalb wohl die Hunde mitten in der Nacht angeschlagen hatten? Nach einer Weile hatten sie wieder aufgehört zu bellen, aber damit war auch seine letzte Chance, noch ein bisschen Schlaf zu finden, zunichte gewesen.
Trent schlüpfte in die Jeans von gestern und zog sein verwaschenes Flanellhemd über. Dann stieg er in die ausgetretenen Cowboystiefel, ein Überbleibsel aus seinen Rodeozeiten, ging in die Küche und machte sich eine Kanne Kaffee.
Manchmal, wenn er allzu rastlos war, stattete er den Tieren einen Besuch ab. Zunächst ging er dann beim Pferdestall vorbei, anschließend marschierte er durch den Hühner-, Ziegen- und Schweinestall und blieb zuletzt bei den Hunden stehen. Ihm fehlte es, eine eigene kleine Pferdeherde zu haben oder wenigstens einen Hund. Bislang hatte er Buster, eine Mischung aus Deutschem Schäferhund, Boxer und Gott weiß was, nicht ersetzt. Buster war ihm ein treuer Gefährte gewesen, wenngleich Mut nicht gerade zu seinen Stärken gezählt hatte.
Er reckte sich und hörte sein Rückgrat knacken, was ihn daran erinnerte, wie oft er im Staub eines Rodeorings gelandet war. Er vermisste dieses Leben. Einst hatte er sich seine Zukunft inmitten von Pferden, Cowboys, Staub und Leder vorgestellt, doch das hatte sich abrupt geändert, als er sich den Oberschenkelknochen brach.
Aus dem Grund lebte er nun ein Leben, das so gar nicht seinen Vorstellungen entsprach – etwas anderes zu behaupten wäre eine glatte Lüge gewesen. Sein Bein war wieder geheilt, doch sein verletzter Stolz nicht, und obwohl er ein gesunder, sportlicher Mann war, hatte er seine Sporen an den Nagel gehängt.
Aber wen kümmerte das schon?
Das war alles längst Geschichte.
Genau wie Jules Delaney, obwohl er in letzter Zeit oft an sie gedacht hatte, jetzt, da ihre Halbschwester in seinem Trupp gelandet war. Was für ein seltsamer Zufall.
Er nahm seine Lammfelljacke von einem Haken neben der Tür und klopfte aus reiner Gewohnheit die Jackentaschen ab. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er vergessen, dass er schon seit Jahren nicht mehr rauchte.
Auf Jules’ Drängen hin hatte er es aufgegeben.
Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Grinsen, als er daran dachte, dass er nach ihrer Trennung beinahe wieder damit angefangen hatte. Glücklicherweise hatte die Vernunft die Oberhand behalten. Vom Nikotin loszukommen war keine leichte Sache gewesen; das wollte er nicht noch einmal durchmachen.
Heute früh waren keine Sterne zu sehen.
Draußen war es totenstill. Keine heulenden Kojoten, nicht einmal eine vorbeiflatternde Fledermaus.
Trent zog seine Arbeitshandschuhe an, trat vor das Blockhaus und schlug den Weg zu dem dunklen Pferdestall ein.
Alles war ruhig und friedlich, der Schnee fiel in dicken, weißen Flocken vom Himmel, wehte gegen die Wände der umstehenden Gebäude und sammelte sich auf den Dachvorsprüngen, an denen lange Eiszapfen hingen. Es sah aus wie auf einer Weihnachtskarte.
Doch dieser Eindruck währte nicht lange.
Sobald er die Tür zum Pferdestall öffnete, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Spannung lag in der Luft. Er schaltete eine Reihe Neonröhren ein. Die graue Stute namens Arizona schnaubte und scharrte unruhig im Stroh, Plato, ein kastanienbraunes Tennessee Walking Horse und für gewöhnlich ein ruhiger Wallach, hatte seinen Kopf über die Boxentür gestreckt. Seine Augen waren so weit aufgerissen, dass man schon das Weiße sah; Trent bemerkte, dass er zitterte.
Quiiieeetsch. Ein leises, merkwürdiges Geräusch ertönte.
Außerdem war da ein Geruch, der nicht hierhergehörte.
Der warme, leicht beißende Geruch nach Pferden, Dung und Urin wurde überlagert von etwas anderem, Metallischem. Blut?
Trent ließ die Augen durch das Stallinnere wandern, vorbei an den Säcken und Fässern mit Getreide, über die Wände, an denen Zaumzeug, Halfter und Heugabeln hingen. Alles war an Ort und Stelle. Trotzdem … Er machte einige Schritte auf die Leiter zu, die zum Heuboden führte, dann fing er an zu laufen.
»Verdammt!«
Direkt unterhalb der Öffnung, durch die man nach
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