S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)
Problem.
[Ende der Aufnahme]
Noch am gleichen Abend tippe ich das relativ kurze Interview ab. Susanne spricht sehr deutlich und so fällt mir die Arbeit leicht. Ich brauche nur rund zwei Stunden.
11. Nichts Besonderes
Dienstag, 11. März 2008: Um 18 Uhr gehe ich hinunter, direkt in den S3-Bereich. Leider konnte mir Susanne nicht genau beschreiben, wo sie saß, als sie die Berührung an ihrer Schulter spürte. Ich fragte sie nach dem Interview noch einmal danach. Sicher ist nur, dass die drei Frauen, mit denen ich mich unterhielt, nur wenige Meter voneinander entfernt saßen, alle an der gleichen langen Tischreihe. Ich setze mich also an einen Platz, der irgendwo „in der Mitte“ liegt, klappe mein Notebook auf und arbeite an meiner Dissertation.
Bis kurz nach neun sitze ich dort, um diese Zeit ist es relativ ruhig und fast menschenleer. Ich höre, sehe, fühle und rieche nichts Ungewöhnliches. Es kommt mir etwas albern vor, dass ich in der Hoffnung auf eine übernatürliche Erfahrung, auf eine Begegnung mit irgendeinem unsichtbaren Wesen, hier unten sitze. Es gibt wirklich angenehmere Bereiche in der Bibliothek. Zwar hat man hier seine Ruhe, irgendwie aber fühle ich mich heute unwohl. Ich habe auch den Eindruck, dass es hier kälter ist als in anderen Teilen der Bibliothek. Ich lasse meine Jacke an.
Möglicherweise gehöre ich einfach dem falschen Geschlecht an, vielleicht erleben hier unten nur Frauen Ungewöhnliches. Der Typ, der mich nach einer Aufwandsentschädigung fragte, hat sich nicht mehr gemeldet. Wahrscheinlich hätte er sich nur irgendwas ausgedacht, wollte nur das Geld kassieren. Gegen neun gehe ich nach Hause.
12. Doch ein Mann
Mittwoch, 12. März 2008: Gegen zehn Uhr vormittags ruft mich Tobias an. Er habe meinen Aushang gesehen und ich könne gerne auf ein Gespräch vorbeikommen. Es sei zwar schon ein paar Monate her, dass er in der Bib etwas Komisches erlebt habe, aber: „So was vergisst man nicht.“
Tobias macht auf mich schon am Telefon einen offenen, freundlichen und unkomplizierten Eindruck. Wir vereinbaren, dass ich Donnerstag Abend zu ihm komme. Er gibt mir seine Adresse und seine Mobilnummer.
Ich bin froh, dass sich noch jemand gemeldet hat, diesmal sogar ein Mann. Langsam kommt mein kleines Projekt in Fahrt. Vielleicht finde ich ja tatsächlich etwas über die seltsamen Ereignisse auf S3 heraus.
13. Das Gespräch mit Tobias
Donnerstag, 13. März 2008: Um 19 Uhr bin ich bei der Adresse, die mir Tobias genannt hat. Ich klingle und nach ein paar Sekunden höre ich das Summen des Türöffners. Im Treppenhaus ruft jemand von oben, ich solle in den dritten Stock kommen.
Tobias lebt in einer kleinen Studentenwohnung, ist 27 Jahre alt und studiert Politik. Er wirkt locker, trägt Jogginghose, T-Shirt und Badelatschen. Seine Wohnung ist etwas unaufgeräumt, dabei aber nicht schmuddelig. In einer Ecke stehen mehrere Skateboards, denen man ansieht, dass sie auch benutzt werden. Und am Kühlschrank hängt ein Bild, das ihn mit einer großen Schramme unter dem rechten Auge zeigt. Verletzungen gehörten halt dazu beim Skateboarden, so Tobias, da sei man sogar stolz drauf.
Gerade hat Tobias Tee aufgesetzt, er bietet mir eine Tasse an. Aus klobigen alten Boxen dringt noch ältere Musik: „Beyond the sea“ von Bobby Darin, die anderen Songs kenne ich nicht. Dieses „alte Zeug“ höre er in letzter Zeit „rauf und runter“.
Wir unterhalten uns beim Tee über unsere Studienfächer und darüber, wie ich dazu kam, nach Leuten zu suchen, die in der Bib etwas Seltsames erlebt haben. Tobias zeigt sich interessiert an meinem Projekt und ist einverstanden damit, dass ich unser Gespräch auf Band aufnehme. Ich bitte ihn, die Musik auszumachen. Klar, kein Problem.
[Beginn der Aufnahme]
I: Ok, wenn du vielleicht am Anfang einfach sagen würdest, wann und wo das war...
R: So ganz genau kann ich’s nicht mehr sagen, irgendwann letztes Jahr September ... aber den genauen Tag weiß ich nicht mehr.
I: Du hast ja schon gesagt, dass dir was Komisches passiert ist. Ähm ... wo war das?
R: Aufm Klo (lacht).
I: Aufm Klo?
R: Ja, aber vielleicht erzähl ich die Sache mal von Anfang an (lacht).
I: Ja gern.
R: Du hast ja Leute gesucht, die in der Bib was Komisches erlebt haben ... oder was Unerklärliches. Und ich hab so was erlebt. Ähm ... wie gesagt letztes Jahr im Herbst ... ich hab da irgendwelche Prüfungen gehabt und war
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