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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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abhauen, und alles würde anders sein. Cora würde davongleiten. Gähnend breitete sich die Zukunft vor mir aus, eine unermessliche, dunkle Fläche zwischen Boden und scharlachrotem Badewannenrand.
    Aber ich bewegte mich vorwärts.
    Ich weiß nicht, ob sie gestorben wäre, wenn ich keinen Krankenwagen gerufen hätte. Vermutlich erst sehr viel später, und es war mehr als wahrscheinlich, dass Mike es vorher nach Hause geschafft hätte.
    Dafür, dass sie ein derart scharfes, boshaft glänzendes Küchenmesser benutzt hatte, waren die Schnittwunden äußerst halbherzig ausgeführt worden. Bei Cora gab es keine von harten Kartoffel- oder Apfelschalen stumpf gewordenen Klingen. Das Messer war nagelneu und erschreckend scharf. Vermutlich hatte sie nicht nur Schmerzen vermeiden wollen, sondern auch befürchtet, die mikroskopisch kleinen Unebenheiten eines alten Messers würden voller Keime stecken.
    Ich erinnerte mich noch, wie wir das Messer gekauft hatten, als Teil eines vierteiligen Sets, das ein schottischer Handelsvertreter in einem Kaufhaus in Swansea angeboten hatte. Angeblich konnte man mit einem solchen Messer eine Konservenbüchse durchschneiden, was der Vertreter prompt demonstriert hatte, neben vielen anderen faszinierenden Tricks. So hatte er beispielsweise vor den Augen des gelangweilten, unruhiger werdenden Publikums eine Fleischtomate hochgeworfen und sie in der Luft in zwei saubere Hälften geschnitten. Cora hatte wie gelähmt dagestanden und mich überredet, das Set mit ihr zusammen zu kaufen.
    Sie hatte das Filetiermesser behalten, weil Fleisch bei mir offen gestanden nur aus der Tiefkühltruhe oder als paniertes Schnitzel auf den Tisch kommt und mir nie auch nur im Traum einfallen würde, etwas zu filetieren. Ich hatte ein Gemüsemesser in die Küchenschublade geworfen und war dann dazu übergegangen, das Brotmesser an diversen harten Gegenständen auszuprobieren, um zu sehen, ob es wirklich mit der versprochenen Präzision schnitt.
    Es war eins der beiden Gemüsemesser, das neben ihrem stoßweise blutenden linken Handgelenk in der Badewanne lag. Das Fenster stand offen, und es war so kalt im Bad, dass ich meinen und Coras Atem sehen konnte. Meiner war steif und scharf wie der eines schnaubenden Drachens, während Coras Atem mehr wie Mehlstaub aussah, der nach einem Niesen aufgewirbelt wird und sich dann wieder setzt.
    Am Rand der Badewanne kroch eine kleine Spur Erbrochenes über die Emaille. Bestimmt hatte Cora beim Anblick ihres eigenen Bluts gewürgt, nachdem sie sich die Schnitte zugefügt hatte. Sie gab ein mitleiderregendes Bild ab, wie sie da leicht zurückgelehnt und ohne Wasser in der Wanne lag. Gleichzeitig war ich beeindruckt, weil sie es wirklich durchgezogen hatte. Es war das Entscheidungsfreudigste, was sie je getan hatte.
    Sie war nicht nackt, sondern trug einen Push-up- BH aus hochwertiger roter Seide mit passendem züchtigem Slip. Nichts Nuttiges. Wahrscheinlich hatte ihr Mike dieses Ensemble für einen ihrer zahlreichen besonderen Anlässe gekauft.
    Sie begann zu weinen, als sie mich sah. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass sie die Augen geöffnet hatte und mich ansah. Tränen strömten ihr übers Gesicht, das derart gezeichnet war von Kummer und Selbstekel, dass ich mich am liebsten umgedreht hätte und davongerannt wäre. Zumindest glaube ich, dass es Selbstekel war.
    »Warum du?« war alles, was sie sagte.
    Ich dachte, sie meinte, warum ausgerechnet ich sie so finden musste. Vermutlich hatte sie geplant, dass Mike sie bei seiner Rückkehr finden würde, kalt, gepeinigt und blau angelaufen, mit schwarzem Blut, ein Negativ ihrer selbst in Seide und Aufopferung.
    Ich zog ein Handtuch von der Handtuchleiste neben der Tür und bedeckte damit sanft ihre rotweiße Gestalt, ohne zu merken, dass auch mir die Tränen übers Gesicht liefen.
    Dann schob ich einen Arm unter ihre eiskalten Schultern, wiegte sie beinahe unmerklich hin und her, während ich mit der anderen Hand mein Handy aus der Tasche fischte. Ich sagte immer wieder »Nicht weinen, Cora, bitte nicht weinen«, bis die Sirenen eintrafen und die Szene vorbei war.

Nach dem Haus
    I m Krankenhausbett liegt Cora ein paar Stunden später blass und sauber und gewaschen da. Die einzigen Farben im Zimmer bieten die cremeweißen Laken und Vorhänge, das langweilige, verblichene Olivgrün der abblätternden Krankenhauswände und die dunklen Ringe um Mikes Augen.
    Cora macht einen bemerkenswert munteren Eindruck. Mit glänzenden,

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