Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
Vom Netzwerk:
und die Mutter von Paul Peter hatte letztes Jahr einen Schlaganfall, erkennt niemanden mehr und kann nicht mehr sprechen. Wir reden auch ein bisschen darüber, wie wir früher waren, aber nicht zu viel. Sal wirkt wirklich zufrieden mit ihrem Leben, sie vergöttert ihre Kinder und lächelt viel und ähnelt sehr der alten Sal, die ich von früher kenne.
    Wer bin ich außerdem, mir ein Urteil über sie zu erlauben?
    Als wir am Tor ankommen, trennen sich unsere Wege, und wir greifen wieder nach den Händen der anderen und umarmen uns schließlich.
    »Es war wirklich schön, dich mal wieder zu sehen, Beth.«
    »Geht mir genauso. Wirklich«, sage ich, und ein Teil von mir meint es auch so.
    »Wir müssen unbedingt irgendwann mal was zusammen trinken gehen oder so, wir beide. An Weihnachten vielleicht. Im Gemeindehaus findet eine Party statt, wie jedes Jahr. Wie in alten Zeiten. Mit Disco und Tombola.«
    »Ja, klar. Machen wir. Ich ruf dich an«, sage ich und weiß, dass es tatsächlich genau wie früher wäre und ich genau aus diesem Grund nicht anrufen werde.
    Als ich mich umdrehe, hallen ihre Worte in mir nach. »Du hast es wirklich weit gebracht, Beth. Hast uns alle hinter dir gelassen.« Während ich davongehe, laufen mir Tränen übers Gesicht.
    Ich gehe nicht nach Hause, sondern fahre direkt zurück in die Stadt. Weg von dem Leben, gegen das ich mich entschieden habe. Weil ich jetzt wieder weiß, warum. Ich habe eine Entscheidung getroffen.

Nach dem Einkaufszentrum
    D er nächste Tag war der 21. Dezember, und Cora und ich erledigten gemeinsam unsere Weihnachtseinkäufe. Wir gingen in die Spielzeugabteilung und bummelten zwischen Teddys mit glänzenden, wachsamen Augen herum.
    Danach erzählte sie mir bei einer Tasse Kaffee ruhig und gefasst, mit mehr Selbstbeherrschung, als sie seit langem gezeigt hatte, dass sie das Richtige tun würde.
    Mike war auf einer Fortbildung und würde erst spät in der Nacht oder früh am nächsten Morgen aus Leeds zurückkehren. Ich wusste also, dass Cora allein zu Hause war und sich vermutlich betrinken würde, und ich wusste auch, wo der Ersatzschlüssel versteckt war: in einem winzigen Plastikumschlag zwischen Innen- und Übertopf der Magnolie.
    »Also gut, Cora«, sagte ich müde, aber großmütig. »Wir warten, bis Mike morgen nach Hause kommt, und gehen dann alle zusammen zur Polizei und machen reinen Tisch.« Sie starrte mich an und schien eine Weile zu brauchen, bis sie meine Worte verarbeitet hatte. »Wir gehen zur Wache und erzählen der Polizei alles. Was auch passiert, wir machen es zusammen. Zusammen können wir das durchstehen.«
    Sie glaubte mir, müssen Sie wissen. Das Wort »zusammen« gab den entscheidenden Ausschlag. Ich griff nach ihrer Hand und lächelte mein einstudiertes Lächeln, das beruhigend und aufrichtig wirken sollte. Ich setze es meist am Ende von Interviews ein, um dem Gesprächspartner zu suggerieren: Natürlich gehe ich verantwortungsvoll mit Ihren Informationen um, Sie können mir vertrauen, ich bin Journalistin. Cora sah so erleichtert aus, dass sie mir tatsächlich leidtat. Mit Wehmut betrachtete ich das, was aus ihr und aus uns allen geworden war. Und das, was nicht aus uns geworden war.
    »Meinst du wirklich, Lizzy? Glaubst du, wir können das schaffen? Würdest du das wirklich tun?«
    »Natürlich. Ich kann es nicht mehr ertragen, dich so zu sehen, Cora. So unglücklich. Das muss endlich aufhören. Morgen früh reden wir mit Mike. Was für Folgen es auch haben wird, zumindest bekommst du dann endlich deine Antworten.«
    Sie stürzte sich über den Tisch, dass die Tassen wackelten und der Cappuccino herausschwappte, und schlang ihre Arme um meinen Hals und umarmte mich fest. Wäre ich an diesem Punkt noch zu irgendeinem menschlichen Gefühl in der Lage gewesen, wäre mir dabei vielleicht nicht nur die Luft weggeblieben, sondern auch die Kraft abhandengekommen, die ich für mein Vorhaben brauchte. Vielleicht wäre sie einfach nach draußen in den wirbelnden Schnee und den Schneematsch geschlüpft, der sich in Straßen und Rinnsteinen festgesetzt hatte, um dort zu verebben. Dann wäre alles anders gekommen.
    Aber ich war längst über derartige Gefühle hinaus. Im punktgenauen Lichtstrahl dieses Moments war ich vollkommen leer geworden und ruhig, unendlich ruhig.
    »Na, komm«, sagte ich und löste mich sanft aus ihrer Umklammerung. »Lass uns ins Old Orleans weiterziehen und Cocktails trinken, so wie früher, diese Weihnachtscocktails mit

Weitere Kostenlose Bücher