Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
Vom Netzwerk:
Absolution. Es bedeutet mir nicht mehr viel. Ist ihm denn nicht klar, was er Jenny, was er mir, was er seiner Frau angetan hat, aus Schwäche und Bequemlichkeit und Eitelkeit? So wenig er einst die Absicht gehabt hat, uns wehzutun, so wenig sieht er nun ein, was er angerichtet hat.
    Statt es ihm zu erklären, sage ich ruhig: »Sie hat sich deinetwegen die Pulsadern aufgeschlitzt. Bist du jetzt stolz auf dich? Vermutlich war genau das mein Fehler. Ich hätte für dich getötet, aber ich wäre nicht für dich gestorben. Das ist der Unterschied. Der entscheidende Unterschied.«
    Er sieht mich mit echter Trauer und Verwirrung an. Zum Glück versteht er nicht das ganze Ausmaß.
    »Oh Lizzy«, säuselt er und streckt die Hände aus, um sie an mein Gesicht zu legen. »Wenn die Situation doch nur eine andere gewesen wäre! Wenn ich dich getroffen hätte, bevor …«
    Ich reiße mich so heftig los, dass er zurückschreckt und der Hausmeister, der gerade in der Behindertentoilette ein paar Türen weiter das Papier auffüllt, stehen bleibt und uns anstarrt.
    »Sie ist meine Frau.«
    »Genau. Deshalb solltest du jetzt auch wieder reingehen und ihr Beistand leisten. Sie braucht dich.«
    »Lizzy«, setzt er an, »ich kann es nicht erklären, weißt du …«
    Aber er redet nur noch mit meinem Rücken. Ich trete den Rückzug an, fliehe vor den grellen Lichtern der Krankenstation in die unerbittliche Nässe des Sprühregens auf dem Parkplatz, in alles, was danach kommt, lasse Stevie zurück, der auf einem grünen Plastiksitz im Wartesaal sitzt und mir hinterherstarrt.

Nach dem Krankenhaus
    Z u Hause wünschte ich mir Dunkelheit, warm und tröstlich und weich, Dunkelheit, die zuerst an meinen Füße plätscherte und dann immer höher stieg, um mich reinzuwaschen von mir selbst.
    Ich hätte an Cora denken müssen, ich weiß. Ich hätte versuchen müssen, mich in sie hineinzuversetzen, aber alles, was ich fühlen konnte, war Mike. All die Male, die wir nebeneinandergesessen hatten, ohne uns auch nur zu berühren, all die Male, die ich mich danach gesehnt hatte, dass er mich ansah, mir das Gefühl gab, echt zu sein, indem er mich mit seinen Augen verschlang. Und die kleinen, wie zufälligen Liebkosungen, die unsichtbaren Fussel oder Haarsträhnen, die er mir aus dem Gesicht strich, vor aller Augen. Und der Freudentaumel der Tage dazwischen.
    Es wäre eine Erleichterung gewesen, wenn ich hätte weinen können, aber ich konnte nicht, ausgehöhlt und ausgeschöpft und blank gescheuert, wie ich war. Äußerlich sah ich aus wie immer, und doch war ich in der Mitte auseinandergerissen. Weiter draußen lauerte diese andere Art von Dunkelheit und beobachtete mich und wartete.
    Es war ungefähr drei Uhr morgens, als mich der Gedanke aus dem Schlaf schrecken ließ, Cora könnte einen Abschiedsbrief hinterlassen haben. Ich hatte das Bild eines einzelnen Bogens hochwertigen Papiers vor Augen, gefaltet und an einem Ort versteckt, der nicht zu offensichtlich war. Vielleicht hatte sie darin etwas niedergeschrieben, das uns alle kompromittierte. War der Brief schon gefunden worden oder lag er noch dort und wartete wie ein kleines Bündel Dynamitstangen leise tickend darauf, dass eine herumtastende Hand darüberstolperte?
    Die Polizei hatte sich natürlich umgesehen, aber Cora hatte ihn bestimmt nicht einfach offen hingelegt. Vermutlich hatte ich ihn finden sollen oder – wahrscheinlicher noch – Mike.
    Sobald sich der Gedanke einmal in meinem Kopf festgesetzt hatte, hielt er mich hartnäckig vom Schlafen ab. Es widerstrebte mir, in den feuchtkalten Stunden vor Sonnenaufgang quer durch die Stadt zu fahren. Ehrlich gesagt hatte ich auch ein bisschen Angst davor, in das leere Haus zu gehen, wo das Blut immer noch an der Badewanne klebte wie eine schlechte Erinnerung.
    Also warf ich mich in einem Knäuel aus Laken auf die Seite und redete mir ein, dass die Suche nach dem Brief bis zum nächsten Morgen warten konnte. Eine halbe Stunde später jagte ich dann aber doch den Motor hoch und legte den ersten Gang ein. Ein Brief? Ein Brief ? Warum hatte ich an diese Möglichkeit nicht gedacht, als die Polizei die üblichen Fragen gestellt hatte und die Sanitäter Cora versorgt hatten? Vermutlich, weil ich noch dabei war, den Schock darüber zu verdauen, dass sich der Beamte, der bereits wenige Minuten nach meinem Anruf an der Tür erschienen war, als der Polizist aus dem Gericht entpuppte. Der aus der Cafeteria. Mister Das-dürfen-Sie-aber-nicht-drucken.

Weitere Kostenlose Bücher