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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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konnten sie bei der Polizei den Verdacht schüren, ihr seien noch nicht alle Aspekte des Falls bekannt.
    »Oh ja, sie mochte Mike sehr, wissen Sie. Ja, die beiden haben manchmal zusammen zu Mittag gegessen. Nein, ich glaube nicht, dass sie ein Paar waren. Andererseits, man weiß ja nie …«
    Was, wenn die Kripo irgendwie herausgefunden hatte, dass Mike und ich befreundet waren, oder zumindest den Verdacht hatte, dass wir uns kannten, weil ihr vielleicht mein ungewöhnliches Engagement und Interesse an dem Fall aufgefallen war? Ich war schließlich schon ein- oder zweimal in seinem Büro gewesen, und wie bereits erwähnt, erinnern sich die Leute normalerweise an mich. Was, wenn mir die Polizei nun folgte, um herauszufinden, ob ich zu ihm fuhr? Was, wenn die gestrige Plauderei mit dem Polizeibeamten in der Cafeteria eine Falle gewesen war, ein Test, ein Trick, um mich zu Mike zu locken? Um zu sehen, ob ich etwas auslöste? Was, wenn die Polizei glaubte, Mike und ich hätten eine Affäre?
    Dieser Gedanke brachte mich fast zum Lachen. Ich hatte plötzlich die Nase voll von meinem fragilen Nervenkostüm. Ich blöde Kuh. Ich gab mir selbst eine unsichtbare Ohrfeige, die sich gewaschen hatte, und dann noch eine. Das Ganze war Unsinn. Dass hinter mir ein Streifenwagen fuhr, war reiner Zufall. Ich musste aufhören, wie eine Journalistin zu denken. Nicht alles im Leben taugte als Stoff für die Boulevardpresse. Ich selbst ganz sicher nicht.
    Zu Mike solltest du wohl trotzdem nicht fahren , sagte eine Stimme in meinem Kopf. Bisher gab es nichts, was mich mit ihm oder uns mit dem Charlie’s in Verbindung brachte, und ich wollte, dass das auch so blieb. Also brachte ich, so gut es ging, meinen Puls wieder unter Kontrolle, sah in den Rückspiegel, blinkte und reihte mich vorbildlich in die Abbiegespur ein, um zurück in die Redaktion zu fahren. Etwa hundert Meter vor dem Zeitungsgebäude rauschte das Polizeiauto an mir vorbei.

Guter Stoff
    I nzwischen war nicht mehr von der Hand zu weisen, dass die Berichterstattung über Jennys Tod meiner Karriere förderlich war. Monatelang schwebte ein großes wässriges Fragezeichen über den Umständen ihres Ablebens im Fluss, und das damit einhergehende Rätselraten war guter Stoff für die Zeitung, weil es jede Menge Raum für Spekulationen bot. Die Polizei stellte Fragen und sah sich um, sammelte Aussagen und hielt gerichtsmedizinische Befunde unter Verschluss. Sie stattete verschiedenen Personen Besuche ab, ließ wenig verlautbaren und schien keine großen Fortschritte zu machen.
    Unterdessen erarbeitete ich mir den Ruf einer engagierten und hartnäckigen Reporterin. Ich konnte es selbst kaum glauben, weil das etwas vollkommen Neues war. In der Vergangenheit hatte ich immer eine gewisse Distanz zu meinen Storys gewahrt, selbst zu den guten, den blutigen, den dunklen und kriminellen, den Storys, die sich gut verkauften.
    Das Arschloch erging sich gerne darüber, wie wichtig es war, sich eine Story wirklich »zu eigen zu machen«, indem man sie gnadenlos durchzog, neue Blickwinkel suchte und immer noch mehr Gerüchte verbreitete, die jeder Grundlage entbehrten. Offen gestanden machte ich mir diese Mühe in den seltensten Fällen. Nach nur sechs Monaten bei der Tageszeitung konnte ich mich ohnehin des Eindrucks nicht mehr erwehren, dass die Verbrechensberichterstattung eher darin bestand, Nachrichten zu erfinden, als darin, sie aufzudecken.
    Das tägliche Brot der Wochenzeitungen, bei denen wir alle einmal angefangen hatten, waren hingegen nicht die »sexy« Storys, wie das Arschloch sie nennen würde, jene Storys, für die die BBC an deine Tür klopfte und dir einen Job anbot.
    Stattdessen ging es um solide Gemeindethemen wie die neue Umgehungsstraße, die Ladenbesucher aus der Innenstadt fernhalten und die dort ansässigen Einzelhändler in den Ruin treiben würde, was wiederum Bauunternehmer in Scharen anziehen würde, oder den Kampf von Interessenverbänden, die sich für die Erneuerung der städtischen Abwasserleitungen starkmachten, die so alt und marode waren, dass sie jedes Jahr im Februar mit grausamer Vorhersagbarkeit platzten und Fäkalien und Abwasser ausspuckten.
    Damals hatte mir das vollkommen gereicht. Mir war schnell klar geworden, dass ich keine Kate Adie sein wollte, die in Splitterschutzweste am gerade angesagten Kriegsschauplatz herumstand und unter dem Vorwand, die Öffentlichkeit auf dem Laufenden halten zu müssen, eingeschüchterte Einheimische zu Interviews

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