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Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
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in der leeren Cafeteria unerwünschte Zuhörer verbergen. »Eigentlich dürfte ich das gar nicht verraten.«
    »Das haben Sie gerade schon mal gesagt«, antwortete ich mit einem Lächeln, von dem ich hoffte, dass es schmeichelnd, ermunternd und ein klein wenig kokett wirkte. (Vertrau mir! Schau mir in die großen blauen Augen und vertrau mir all deine Geheimnisse an, deinen Beruf, dein Leben.)
    Er grinste. »Das dürfen Sie jetzt aber nicht drucken. Wir haben ein Tagebuch gefunden. In ihrem Zimmer. Darin geht es um einen Kerl, mit dem sie sich getroffen hat. Seinen Namen nennt sie nicht, sie nennt ihn nur Er . Habe heute mit ihm gesprochen, habe einen Kaffee mit ihm getrunken, bin ihm im Flur begegnet, haben uns zum Mittagessen getroffen. «
    Ein Tagebuch. Großer Gott! Lächle, du blöde Kuh. »Die übliche Büroromanze also«, sagte ich. »Keine große Hilfe, oder?«
    »Na ja, drucken dürfen Sie das wie gesagt noch nicht, aber sie hat geschrieben, dass sie ihn an dem besagten Abend treffen würde. An dem Abend, als sie verschwunden ist. Sie wollte mit ihm etwas trinken gehen, in irgendeinem Club in der Innenstadt. Ein paar Freunde von ihm würden auch da sein, hat sie geschrieben.«
    Meine Augen müssen sich leicht geweitet haben, denn er machte ein selbstgefälliges und zufriedenes Gesicht und sagte: »Oh ja! Wenn sie sich wirklich mit ihm getroffen hat, ist dieser geheimnisvolle Lover also vielleicht genau die Person, mit der wir sprechen sollten.« Er sah mich aufmerksam an. »Meinen Sie nicht auch?«
    Ich fragte mich, warum er mir das erzählte. Weil er dumm war? Weil er mir vertraute? Legte er vielleicht einen Köder für mich aus und lauerte auf meine Reaktion? Mein Instinkt verriet mir, dass dem nicht so war. Oh Gott, natürlich! Er flirtete mit mir, versuchte, mich zu beeindrucken! Das war es. Er spürte den abschätzenden Blick hinter meinem Schweigen, und seine Selbstzufriedenheit schwand. Er sah plötzlich besorgt aus.
    »Sie wissen aber schon, dass Sie NICHTS davon weitersagen dürfen, oder? Sonst stecke ich bis zu den Ohren in der Scheiße. Ich bin nämlich momentan nur auf Probe bei der Kripo, um mich auf die Kriminalmeisterprüfung vorzubereiten.«
    »Drucken? Was denn?« Ich lächelte, um ihn einzulullen, bevor sein Vertrauen in mich endgültig zusammenbrach. Jetzt, wo er in die Defensive gegangen war, gewann ich wieder die Oberhand. Ich stand auf, warf den Kopf zurück und sagte: »Viel Glück bei den Ermittlungen.« Dann blickte ich noch ein letztes Mal über die Schulter und fügte hinzu: »Wir laufen uns bestimmt bald wieder über den Weg, Officer !«
    In meinem letzten Satz schwang eine Einladung mit, genau wie ich es beabsichtigt hatte. Schließlich konnte er mir durchaus noch nützlich werden. Er wollte noch etwas sagen, ließ es dann aber. Dass er mir hinterherschaute, wusste ich, ohne mich umdrehen zu müssen. Aber hinter meiner Gelassenheit und der unbekümmerten Verabschiedung wand sich das, was ich von ihm erfahren hatte, um meine Eingeweide und drohte, mich zu ersticken.
    Am Tag danach hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass mir ein Polizeiauto folgte. Ist die Paranoia erst einmal da, speist sie sich aus sich selbst, ernährt sich von dem Gedanken, dass irgendjemand an irgendeinem Ort mehr wissen könnte, als dir lieb ist. Weil du selbst mehr weißt, als du wissen dürftest. Sobald der Schalter einmal umgelegt ist, erneuert sich die destruktive Energie immer wieder von selbst.
    Es passierte auf dem Rückweg vom Gericht. Vor dem Gerichtsgebäude stehen natürlich immer zahlreiche Streifenwagen herum, deshalb achtete ich gar nicht auf sie, als ich zum ein paar Straßen weiter geparkten Redaktionsauto zurückging. Ich hatte vor, bei Cora vorbeizufahren, weil ich wusste, dass Mike zu Hause sein würde. Am Vorabend hatte ich mit Cora telefoniert, um über belanglose Dinge zu plaudern und mich mit ihr für diese Woche zu einem Pflichtabendessen zu verabreden – obwohl mir ganz und gar nicht danach war. Sie hatte mir erzählt, dass Mike ein paar Tage lang von zu Hause aus arbeiten würde, weil das Büro neu gestrichen wurde oder neue Kabel verlegt wurden oder etwas in der Art.
    Ich wollte ihm mitteilen, was mir der Polizist erzählt hatte, aber nicht am Telefon. Außerdem wollte ich ihn fragen, ob ihn die Polizei schon verhört hatte. Er sollte sich Sorgen machen, ein schlechtes Gewissen bekommen. Es erschien mir wahrscheinlicher denn je, dass zwischen Mike und Jenny etwas gelaufen war.

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