Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saat der Lüge

Saat der Lüge

Titel: Saat der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Jones
Vom Netzwerk:
ungewöhnliche Mitteilsamkeit. Normalerweise geben sich die Bullen gelinde gesagt eher zugeknöpft.
    Ich saß in der muffigen Cafeteria, direkt neben der Werbetafel, auf der ein Schinkensandwich und eine Tasse Tee zum Preis von nur 1,99 Pfund angepriesen wurden. Vor dem Rauchverbot war dies der einzige Ort, an dem man das beschlagene Schiebefenster aufmachen, ein wenig beißenden Zigarettenqualm rauslassen und einen Mund voll geringfügig frischerer Stadtluft einatmen konnte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er. Es klang, als würde ihn das aufrichtig interessieren. »Die Frau, die nicht als Freundin hier ist, sondern als Journalistin, stimmt’s?«
    Ich hatte ihn nicht hereinkommen sehen, weil ich in meine Notizen vertieft gewesen war. Er hatte ein Tablett mit einem schlaffen Schinkensandwich und einem Becher Tee in der Hand. Unter einer Papierserviette lugte diskret ein überdimensionaler Schokoriegel hervor.
    Ich lächelte. »Etwas im Stress. Ziemlich viel zu tun heute.« In der Hoffnung, dass er den Wink verstand, wandte ich mich wieder meinen Notizen zu.
    Er zögerte einen Moment und nahm dann mir gegenüber Platz, nachdem er kurz mit dem Plastikstuhl gekämpft hatte, der sich mir zuliebe tapfer gegen sein Eindringen zur Wehr setzte.
    »Wichtiger Fall?«, fragte er scherzhaft.
    »Oh ja, absolut«, antwortete ich mit gespieltem Ernst. »Bei Ihnen doch sicher auch?«
    »Sie schreiben also immer noch über das Mädchen im Fluss? Ich habe Ihre Artikel gelesen.«
    »Diese schwachsinnigen Schlagzeilen sind nicht von mir, müssen Sie wissen«, platzte es aus mir heraus. Der übliche Versuch, mich zu rechtfertigen. Den Leuten ist meist nicht klar, dass das, was letztlich in der Zeitung erscheint, nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Text aufweist, den wir Journalisten vorher geschrieben haben, und dass wir keinerlei Einfluss auf die Aufmachung haben. Das überlassen wir idiotischen Grafikdesignern mit einem Faible für Klischees.
    »Weiß ich doch«, sagte er lachend. »Die Überschriften über Ihren Artikeln waren aber durchaus wahrheitsgetreu. Nicht zu reißerisch. Fair Play.«
    Fair Play? Na dann ist ja alles gut. Solange du meine Überschriften billigst, kann mein Leben nicht völlig wertlos sein. Als mir klar wurde, dass er nicht so bald wieder abhauen würde, lehnte ich mich im Stuhl zurück und beschloss, ihn ein bisschen zu bearbeiten. »Wie ich gehört habe, haben Sie den Arbeitsplatz des Mädchens unter die Lupe genommen.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?« Seine Augen wurden schmaler. Weil er nicht wirklich eine Antwort von mir erwartete, schwieg ich beharrlich. Er spielte mit seinem Hemdkragen und fuhr mit einem Finger darin hin und her. Auf seine ernste Art war er durchaus attraktiv. Schöne dunkle Haare, blaue Augen, dezentes Muskelspiel unter der Uniform. Eigentlich sah er sogar richtig gut aus.
    »Na gut, ja. Ist schließlich kein Geheimnis«, sagte er nach kurzem Nachdenken. »Ich sollte Ihnen das eigentlich nicht erzählen, aber wir glauben, dass sie eine Affäre mit einem Arbeitskollegen hatte.«
    Ich richtete den Blick starr geradeaus, hielt meine Finger mühsam davon ab, sich um meine Teetasse zu klammern, und verbot es meinem Gehirn, Bilder von Mike in seinem Büro abzuspulen und sich auszumalen, zu welchen unausweichlichen Schlüssen dieser niedliche junge Polizist gelangen würde, wenn er wüsste, was ich wusste.
    »Ach ja? Das ist doch nichts Ungewöhnliches, oder?«, fragte ich mit meiner besten gelangweilten Stimme.
    »Nein, nicht wirklich.« Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ein bisher unsichtbarer Scheinwerfer auf mein Gesicht gerichtet war, dessen grelle Helligkeit den Rest des Raumes verschwimmen ließ. Innerlich schluckte ich nervös, ließ mir aber nichts anmerken.
    »Und? Was gefunden?«, fragte ich betont desinteressiert.
    »Sie behalten es für sich?«
    »Natürlich.« (Eine Journalistin behält nie etwas für sich.)
    Er hielt inne, schaute sich um und beugte sich konspirativ zu mir vor. »Nein. Es ist aus niemandem etwas herauszubekommen.« Er grinste. Ich war an der Reihe.
    Ich entspannte mich und streichelte sein Ego, indem ich seinen eher schwachen Witz mit einem anerkennenden Grinsen quittierte. »Was hat Sie dann auf Ihren Verdacht gebracht? Das Bauchgefühl eines genialen Ermittlers?«
    »Tja …« Er verlagerte ein wenig das Gewicht auf seinem Stuhl, woraufhin die Luft mit einem würdelosen Rülpsgeräusch der Polsterung entwich. Wieder blickte er sich um, als könnten sich

Weitere Kostenlose Bücher