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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Palov
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jeder davon zeigte drei eigenständige Szenen. Als er zum fünften Bereich kam, stutzte er und betrachtete eines der Bilder noch einmal genauer.
    »Teufel noch mal! Ich glaube, ich habe es gefunden!«
    Edies Augen wanderten suchend über das Fenster nach unten und weiteten sich plötzlich, als sie das verräterische Bild fanden. »AchdulieberGott! Das ist eine goldene Kiste.«
    »Tatsächlich ist es die goldene Kiste. Keine andere als die Bundeslade.« Kaum in der Lage, seine Aufregung im Zaum zu halten, hätte er am liebsten laut aufgelacht, die Stimme zum Himmel erhoben und einen Freudenschrei ausgestoßen. Stattdessen riss er Edie in die Arme und drückte sie fest an sich. »Wir haben es gefunden«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Wir haben das verdammte Ding tatsächlich gefunden.«
    Edie befreite ihren rechten Arm aus der Umarmung und zeigte auf das fragliche Fenster. »Hast du die beiden Gänseküken in dem Korb bemerkt?«
    Er nickte, überzeugt davon, dass sie genau jenes Bild gefunden hatten, das Philippa gemeint hatte. Das Motiv, die Darstellung Jesu im Tempel, zeigte die wohlbekannte Geschichte aus dem Neuen Testament von Maria und Josef, die den Knaben Jesus in den Tempel von Jerusalem vor den Hohepriester bringen. Zwei scheinbar
unverfängliche Elemente in der Szene sprangen ihm förmlich ins Gesicht: Josef trug einen Korb, in dem sich zwei Gänseküken befanden, und Maria, die das Jesuskind emporhielt, stand vor der Bundeslade.
    »Gestern habt ihr, du und Sir Kenneth, doch lang und breit von dem mittelalterlichen Vergleich zwischen Maria und der Bundeslade geschwafelt. War es das, wovon ihr gesprochen habt?«
    Er entschied, nicht auf den Begriff »schwafeln« einzugehen, und nickte. »Das religiöse Konzept, bekannt als Faederis Arca. Es war kein geringerer Theologe als der heilige Bernhard von Clairvaux, der den Schoß von Maria ausdrücklich mit der Bundeslade verglich. Denn so wie die Bundeslade die Zehn Gebote beherbergte, so trug Maria Jesus in ihrem Schoß.«
    »Wodurch die Symbolik des Alten Testaments das Neue Testament bekräftigte.«
    »Exakt.«
    Spürbar aufgeregt riss sich Edie die Umhängetasche von der Schulter, zog den Reißverschluss auf und wühlte sich durch den Inhalt. Doch als sie ihre Digitalkamera herausholte, machte die Aufregung schnell einem niedergeschlagenen Gesichtsausdruck Platz. »Der Saft ist alle«, murmelte sie und zeigte ihm das dunkle Display. »Die Digitalkamera muss erst erfunden werden, die es schafft, trotz leerer Batterien zu funktionieren.« Sie warf einen Blick zum Ausgang, der sich am gegenüberliegenden Ende des Kirchenschiffs befand. »Ich könnte schnell loslaufen und in einem der Souvenirläden neue Batterien kaufen.«
    Cædmon sah auf seine Armbanduhr. »Ich glaube nicht, dass du dazu noch genug Zeit hast. Die Kathedrale schließt in zwanzig Minuten. Das Foto wird wohl bis morgen warten müssen.«
    »Willst du wirklich so lange warten? Wir haben zwar das Fenster gefunden, aber jetzt müssen wir herausfinden, was es bedeutet. Und dazu brauchen wir ein Foto.«
    »Da stimme ich dir zu. Aber …«

    Sie legte ihm die Hand auf die Brust. »Bleib, wo du bist. Ich bin gleich zurück.«
    Er sah Edie nach, wie sie auf das nordwestliche Querschiff zulief, und als sie aus seinem Blickfeld verschwand, richtete er sein Augenmerk wieder auf das bunte Kirchenfenster. Während er es wie hypnotisiert anstarrte, wehte der eindringliche Duft von Weihrauch durch die kühle Luft, und plötzlich kam ihm der Gedanke, dass hier, innerhalb der Mauern einer der großartigsten Kathedralen der Welt, wo von Menschenhand gebackenes Brot täglich zum Leib Gottes wurde, alles möglich war.
    Als er sich wieder von dem Bild abwandte, sah er Edie neben einem jungen Mann mit Brille und langen Haaren zurückkommen. »Das ist William. Er hat sich bereit erklärt, eine schnelle Bleistiftzeichnung von dem Fenster zu machen.«
    William, kein Mann vieler Worte, zog einen Zeichenblock aus seiner Umhängetasche, lehnte sich nachlässig an eine neunhundert Jahre alte Säule und begann zu zeichnen.
    »Ich hatte ihn vorhin bemerkt, wie er das Denkmal des heiligen Thomas im Querschiff zeichnete«, erklärte Edie.
    »Ein geschäftiger Künstler also.«
    »Eher ein künstlerischer Geschäftsmann«, entgegnete sie, wobei sie die Stimme zu einem Flüstern senkte. »Er hat sich geweigert, den Bleistift für weniger als fünfzig Mäuse aufs Papier zu setzen. Aber da wir ein Bild brauchen, um das Fenster

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