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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Palov
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über die Schulter zu ihr hinüber. »Ein sehr ehrwürdiger Mann, mein Vater.«
    Obwohl sie keine Antwort gab, konnte er sehen, dass er ein gebanntes Publikum hatte, denn Edie neigte sich in ihrem Stuhl nach vorne.
    »Die Morgensonne schien durch das Fenster neben dem Bett meines Vaters. Er sah wie ein freundlicher alter Herr aus. Wie eine in die Jahre gekommene Putte, dachte ich damals respektlos.«
    »Und was ist passiert?«
    »Etwas, das sich über Jahre hinweg entwickelt hatte.« Er drehte sich um, bereit, die Beichte abzulegen. »An diesem Punkt sollte ich erwähnen, dass ich die ersten dreizehn Jahre meines Lebens damit zugebracht habe, den Bastard zu fürchten, und die nächsten dreizehn Jahre damit, ihn wegen dieser Furcht zu verabscheuen.«
    »Hat er dich geschlagen?«
    Er schüttelte knapp den Kopf. »Nein. Um die Wahrheit zu sagen, seine Hand hat mich nie berührt, weder im Zorn noch aus Zuneigung. Es war eine seelische Misshandlung, ein systematisches Ausschließen, das wenig Zweifel daran ließ, dass er den Tag bereute, an dem ich geboren wurde. Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen er Notiz von mir nahm, tat er es nur, um mich zu kritisieren.«
    »Ich vermute, das alles spitzte sich zu, als du ihn im Krankenhaus besuchtest.«
    Cædmon nickte. »Kaum war ich dort angekommen, sagte er mir exakt, wie viel es ihn gekostet hatte, mich in Oxford finanziell zu
unterstützen. Dann sagte er mir rundheraus, dass er von mir erwartete, dass ich es ihm zurückzahle. Mit Zinsen.«
    »Du machst Witze, oder?« Ihr verblüffter Gesichtsausdruck wirkte beinahe komisch.
    »Ich sagte dem alten Bastard, er solle mir den Buckel runterrutschen, und ging davon, auf perverse Art stolz, dass ich es endlich geschafft hatte, mich ihm gegenüber zu behaupten. Zwölf Stunden später rief das Krankenhaus an, um mir mitzuteilen, dass mein Vater unerwartet an einer Embolie gestorben war.«
    »Wie hast du dich da gefühlt?«
    Die Frage war so typisch amerikanisch, dass er eigentlich damit hätte rechnen sollen. Hätte, doch er hatte es nicht.
    »Wenn du mich fragst, ob ich mich am Tod meines Vaters mitschuldig gefühlt habe, nein, das habe ich nicht. Obwohl ich übermäßig viel Zeit damit verbracht habe, seine Beweggründe zu verstehen.« Er zuckte mit den Schultern. »Alles, was ich weiß, ist, dass mein Vater nicht fähig war zu lieben.«
    Gütiger Gott! Habe ich das gerade wirklich gesagt?
    Entsetzt räusperte er sich und vermied es verlegen, Edies entwaffnend offenem Blick zu begegnen.
    »Vielleicht hat er dich geliebt und wusste nur nicht, wie er es dir zeigen sollte.«
    »Wenn man den Mann kannte, dann wusste man es besser.«
    Edie stand von ihrem Sessel auf und ging zu ihm hinüber. »Ich glaube, dein Vater war ein Idiot, dass er sein Leben so verschwendet hat. Das ist es, was Herman Melville den ›Schrecken eines halb gelebten Lebens‹ nannte. Also, was ist mit dem Rest deines Lebens? Warst du je verheiratet? Hast du Kinder?«
    Cædmon starrte auf den fadenscheinigen Teppich, denn die Unterhaltung hatte plötzlich eine unangenehme Wendung genommen. Der Geist seiner verstorbenen Liebe war nahe. Wenn er Edie von Juliana erzählte, dann würde er ihr auch von seiner mörderischen Rache in den Straßen von Belfast erzählen müssen.

    Mit vor der Brust verschränkten Armen lauschte er dem unablässigen Ticken der Uhr auf dem Kaminsims, das auf traurig unausweichliche Weise die verstreichenden Sekunden zählte.
    Sanft legte Edie ihm die Hand auf den Arm. »Schau, was immer es ist, was du dich nicht getraust, mir zu erzählen, ich werde es verstehen. Wirklich, das werde ich.«
    Wütend darüber, dass sie ihn in die Ecke gedrängt hatte, wich er von ihr zurück. »Du wirst es verstehen? Korrigier mich bitte, wenn ich falsch liege, aber wir haben uns erst vor vier Tagen kennengelernt. Kaum genug Zeit, um zu wissen, wie ich meinen Tee trinke, geschweige denn, um mich zu verstehen.« Er riss seinen Anorak vom Haken. »Da gibt es ein indisches Restaurant unten an der Straße. Ich werde uns was zu essen holen.«

56
    Edie zerrte sich den schwarzen Rollkragenpullover über den Kopf und schleuderte ihn auf den hölzernen Toilettendeckel. Dann hielt sie die Hand in die auf Löwenfüßen stehende Badewanne und fuhr damit durch das schaumige Wasser, um sich zu vergewissern, dass es die richtige Temperatur hatte. Offensichtlich musste es den Briten erst noch in den Sinn kommen, dass ein einziger Wasserhahn eine ganze Ecke praktischer war

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