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Sabihas Lied

Sabihas Lied

Titel: Sabihas Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Miller
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auch, Lämmchen.«
    Â»So nennst du mich auf keinen Fall, wenn Robin da ist. Versprochen?«
    Â»Das kann ich nicht versprechen«, sagte ich bestürzt. Sobald John mir die ganze Geschichte erzählt hätte, würde ich vielleicht doch nach Venedig zurückkehren und dort sterben, so wie Gustav Aschenbach. Venedig wäre eine Alternative. Ich schätze es, Alternativen zu haben.
    Entschlossen, das Thema zu wechseln, fragte Clare: »Und wie geht es deinem Freund John?«
    Â»Er musste sich mit ein paar unangenehmen Dingen auseinandersetzen. Das hat ihn ein bisschen heruntergezogen.«
    Sie rührte Oregano in den Topf, und wir sahen der Soße eine Weile schweigend beim Köcheln zu. Dann fragte ich Clare: »Hast du auch Parmesan besorgt?«
    Â»Natürlich.«
    Natürlich! Auf einmal war sie die geborene Hausfrau.
    Nachdem sie eine Zeit lang zerstreut in der Soße herumgerührt hatte, sagte sie träumerisch: »Ob ich wohl jemals ein Kind bekommen werde?«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Bisher wolltest du doch nie Kinder bekommen.«
    Sie lächelte mich an. Aus ihrem Blick sprach die Überzeugung, dass ich ohnehin nicht verstehen würde, was gerade in ihr vorging. Ihr Lächeln war sehr sanft und ließ sie mindestens fünf Jahre jünger wirken. »Ich möchte von Robin Kinder bekommen und von niemandem sonst, Dad.«
    Â»Möchte er denn auch Kinder?« Ich stellte mir ein halbes Dutzend Zwergkomiker vor, die Clares Augen hatten und eine Baseballkappe trugen. Keine Ahnung, warum es Zwerge waren.
    Â»Ja, und zwar nur von mir.«
    Ich war um eine Antwort verlegen.
    Lachend sagte sie: »Dad! So schlimm ist das doch nicht. Du und Mum habt es schließlich auch gewagt.«
    Â»Hat er denn ein Haus, in dem er seine Familie unterbringen kann?«, fragte ich missmutig.
    Â»Kein Mensch hat heutzutage noch ein Haus, Dad. Wir werden so lange hierbleiben, bis wir uns eine Wohnung leisten können. Und da wir beide den Strand lieben, würden wir gern nach Elwood ziehen. Das kann aber dauern, dort ist es ziemlich teuer.«
    Ich trank das fast volle Glas Wein leer und wischte mir mit dem Handrücken über den Mund. Die belebende Wirkung des Schwimmens war dahin, und ich fühlte mich auf einmal wie ein richtiger Greis.
    Sie sah mich aus großen Kulleraugen an, wie ein kleines Mädchen. »Bist du damit einverstanden, Dad? Dass Robin und ich vorerst hier wohnen?«
    Â»Na klar.« Bei der Vorstellung, den Kappenträger Tag und Nacht um mich zu haben, wurde mir bang.
    Â»Bist du sicher?«
    Â»Ganz sicher. Deine Mutter hätte es nicht anders gewollt.«
    Â»Und du? Willst du das auch?«
    Â»Ja, mein Schatz.«
    Das nahm sie mir offensichtlich nicht ab.
    Â»Freust du dich denn für mich, Dad? Ehrlich?«
    Ich schloss Clare in die Arme und drückte sie fest an mich. Aus unerfindlichen Gründen war meine Kehle wie zugeschnürt. »Ich bin nur ein bisschen überrascht, mein Schatz«, sagte ich mit erstickter Stimme.
    Verärgert riss sie sich los und rührte so energisch in der Bolognese herum, dass die Soße über den Topfrand spritzte.
    Â»Es kommt alles so plötzlich«, nahm ich den Faden wieder auf. »Wo hast du ihn eigentlich kennengelernt?«
    Â»Was heißt schon plötzlich? Liebe kommt nun mal plötzlich. Es war in einem Pub. Er hatte dort einen Auftritt, und ich fand ihn zum Brüllen komisch. Ich habe von allen am lautesten gelacht, und irgendwann richtete er sich mit seinen Witzen direkt an mich. Dann haben wir uns verliebt.« Sie stampfte mit dem Fuß auf. »So war es! Halt jetzt bloß die Klappe!«
    Ich war entsetzt. Da verguckte sich meine wunderhübsche kleine Clare in diesen Knallkopf, in einem Pub, halb betrunken, lachte sich über jeden Blödsinn schlapp, in einem Anfall von Torschlusspanik, denn wahrscheinlich war sie zehn Jahre älter als alle anderen im Publikum. Meine arme kleine Clare! Was hätte Marie wohl dazu gesagt? Kinder! Wenn mir noch ein paar Jahre vergönnt waren, könnte ich also Großvater werden. Über die Kinderphase war ich längst hinaus. Ich dachte an mein Zimmer in diesem kleinen Hotel am Lido, wo ich vor meiner Rückkehr gewohnt hatte. Ich könnte Signora Croce noch heute Abend anrufen und binnen anderthalb Tagen wieder dort sein.
    Langsam stieg ich die Treppe hinauf, mit dem besorgten Stubby auf den Fersen, und zog mich in

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