Sabine und die drei Millionen - Ein heiterer Roman, fast ein Krimi (German Edition)
reichte ihm ihre Eintrittskar te.
„Nach links“, sagte der auf italienisch und riss ein Stückchen von der Karte ab.
Sabine wendete sich nach links. In einem Spiegel erkannte sie, dass Dr. Schwarz ihr folgte. Soeben wurde sein Billet abgerissen.
Sie bummelte langsam den Gang hinunter und stieg einige Trep pen hoch, bis sie in dem Stockwerk anlangte, in dem sich ihr Platz befand. Es war ein Platz in der ersten Reihe des rund um den ganzen Zuschauerraum laufen den Balkons. Sabine zählte acht solcher Balkons über einander. Sie schaute sich interessiert um. 'Jonny' konnte sie nicht entdecken.
Sie suchte ihren Platz und sagte „Gracie!“ zu den Leuten, die aufstehen mussten, damit sie vorbeige hen konnte.
„Sie sind Deutsche“, stellte ihre Nachbarin fest, als Sabine endlich saß.
„Ja“, sagte Sabine etwas einsilbig. Sie hatte kein besonders großes Interesse daran, Bekanntschaften zu schließen.
„Kennen sie die Oper, die sie heute abend geben?“
„Simon Boccanegra heißt sie“, antwortete Sabine höf lich. „Nein, die habe ich noch nie gesehen.“
„Wer ist Simon Boccanegra? Mein Mann und ich rät seln schon die ganze Zeit daran herum. Wir haben diesen Namen noch nie mals gehört.“
Ihr Mann saß völlig desinteressiert neben ihr.
„Ich auch noch nicht“, gestand Sabine. „Aus dem Programmheft habe ich entnommen, dass darin ein Fiesco und eine Verschwörung vorkommen. Weiter reicht mein Italienisch nicht.“
„Die Verschwörung des Fiesco zu Genua? Das Trauer spiel von Schiller als Oper?“
„Kaum. Im Programmheft steht, dass diese Oper in der Mitte des vier zehnten Jahrhunderts spielt. Und das Stück von Schiller spielt um 1550.“
„Oh!“ Sie schaute Sabine voller Hochachtung an. „Dass sie das alles wissen!“
„Ich musste in der Schule einmal einen Vortrag über den Fiesco hal ten“, sagte Sabine lächelnd. „Da ist halt etwas hängen ge blieben.“
„Dann gab es also mehrere Fiescos, die sich mit Verschwörungen beschäftig ten.“
„So scheint es. Irgendjemand sollte das einmal genauer untersuchen“, meinte Sabine und wechselte das Thema: „Es gefällt mir hier. Alles in rot und in gold, und es wirkt gar nicht prot zig, sondern eher gemütlich.“
„Ich fühle mich hier auch wohl“, stimmte ihre Nach barin ihr zu. „Ich glaube, es geht los.“
Es ging tatsächlich los. Das Orchester begann mit der Ouvertüre, der Vorhang hob sich. Auf der Bühne ein farbenprächtiges Schauspiel. Die Musik. Der Gesang. Obwohl sie kein Wort vom Text verstand, war Sabi ne gefesselt. Erst, als der Vorhang wieder fiel und der begeisterte Applaus verebbte, fand sie in die Wirklich keit zurück.
„Ich bin weder ein Opernfreund noch sonst beson ders musikalisch“, sagte Sabines Nachbarin. „Trotz dem muss ich zugeben, dass ich diese Stunde sehr genossen habe und dass die Zeit wie im Rausch verflogen ist.“
„Mir geht es genau so“, bekannte Sabine. „Ob das wohl daran liegt, dass die Italiener besonders viel von der Oper verstehen und wir es hier an Ort und Stelle miterleben?“
„Das wird bestimmt viel dazu beitragen. Haben sie übrigens etwas von der Handlung verstanden? Da war im ersten Akt so ein imposan ter Mann mit einem großen Vollbart, dann kam ei ner, der schien etwas Besonderes zu sein und den mit dem Vollbart nicht zu mögen.“
„Das war nicht der erste Akt, sondern ein Vor spiel“, erläuterte Sabine nach einem Blick in ihr Programmheft. „Aber sonst weiß ich auch nicht mehr als sie.“
Es war Pause. Die Leute verließen ihre Plätze. Auch Sabine spazier te herum und hielt die Augen offen. Doch als es klingelte, und sie auf ihren Platz zu rückkeh ren musste, hatte sie immer noch nichts von 'Jonny' gesehen.
17
Rauschender Beifall. Sie standen und klatschten und klatschten und klatschten - - -
Später, vor dem Theater, entdeckte sie ihn endlich. Er stand seitwärts im Schatten und beobachtete den Ausgang. Sabine war sicher, dass er sie schon erblickt hatte.
Er wartet auf mich und wird mich ansprechen, dach te sie, während sie vergnügt durch die Gassen davon bummelte. Sie ließ sich Zeit und riskierte immer wieder einmal einen unauffälligen Blick zurück.
Er folgte ihr.
Plötzlich hatte sie keine Lust mehr. Wozu sollte sie mit ihm sprechen? Was konnte ihr das schon brin gen? Sie würde nur freundlich tun müssen, während sie ihn in Wirklichkeit fürchte te.
Sabine blieb neben einer Straßenecke an einem Schaufenster stehen und
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