SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
kannst du mich denn nicht verstehen?!«
Plötzlich verzogen sich ihre starren Lippen zu einem breiten Grinsen; ansonsten blieb alles unverändert. Ächzend nach Luft schnappend taumelte ich zurück. Ihr stummes Grinsen erschreckte mich mehr, als wenn sie fauchend über mich hergefallen wäre.
Meine nächsten Worte hauchte ich nur in den Raum.
»Bastet, bist du es? Kannst du mich hören?«
»Laut und deutlich«, sagte ihre weiche, melodische Stimme. Sie klang so beiläufig, als sei ihre Besitzerin gerade nur von einem Mittagsschläfchen erwacht. Die Augen hielt meine Göttin aber immer noch geschlossen. »Mach' dir keine Sorgen, Thomas«, beruhigte sie mich. »Es ist alles so gekommen, wie wir es geplant hatten. Neith, Meschenet und das Udjat waren mir gewogen. Du hast deine Aufgabe glänzend erfüllt. Hervorragend.«
Jetzt war ich es, der jauchzend zwischen den Kerzen und Opferschalen herum sprang. Ich hatte sie wieder! Als wundervolle Frau! Ich konnte mein Glück kaum fassen.
»Halt ein, Thomas!«, unterbrach sie meinen Freudentaumel. »Ich verstehe natürlich deine Freude, und auch ich fließe über davon, doch es braucht noch eine Phase der Meditation, um all meine Kräfte zu sammeln. Es wird noch eine Weile dauern, bis ich mich an meinen neuen Körper gewöhnt habe. Lass' mich noch ein wenig ausruhen, während du die letzten Formalitäten erledigst.«
»Ja, aber gewiss«, ereiferte ich mich. »Welche Formalitäten?«
»Die Katze«, sagte sie einfach. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Durch die Aufregung hatte ich gar nicht mehr an den Inhalt des Jutesacks gedacht.
»Die Katze? Was ist mit ihr?« Ach hatte mir von keinen weiteren Ritualen berichtet. Noch immer hielt meine bezaubernde Geliebte ihre Augen geschlossen. Ein schmales Lächeln umspielte nun ihre Lippen.
»Du musst sie töten.«
»Was?«, schrie ich auf. »Ich soll … was?« Ich war mir sicher, mich verhört zu haben. Ich konnte mich nur verhört haben. Bastets ruhige, ja freundliche Antwort beraubte mich aber schnell dieser Illusion.
»Es ist keine große Sache, Thomas«, lächelte sie. »Kein Grund zur Besorgnis. Du sollst nur den Sack dort nehmen und das Wesen darin töten. Das einfachste wäre natürlich, du würdest das Bündel in einen Fluss oder See werfen. Der Rest ergibt sich dann von selbst.«
Ungläubig und zutiefst bestürzt starrte ich auf ihre geschlossenen Augen. War dies dort auf dem Thron tatsächlich meine geliebte Bastet? Der Klang ihrer Stimme war mir vertraut, wie konnte sie dann aber mit einer derartigen Kaltblütigkeit einen Mord befehlen? In die Freude über ihre Wiederkehr mischte sich ein bitterer Beigeschmack.
»Ich begreife nicht, wie du etwas derartiges von mir verlangen kannst«, sagte ich. »Diese Katze dort, sie … sie war ein Teil von dir. Nur durch sie konntest du überhaupt weiter existieren. Warum um alles in der Welt willst du sie dann jetzt töten? Ich … ich begreife das einfach nicht.«
Plötzlich starrten mich ihre Augen an; das leuchtende Blau war einem schwach funkelnden Schwarz gewichen. Ein in vielerlei Hinsicht befremdender Anblick. Eine blonde Frau mit schwarzen Augen wirkte mysteriös. Unheimlich.
»Du verbindest zu viele Emotionen mit dem äußeren Schein der Dinge«, entgegnete sie, »aber dieses Problem scheint menschlich oder zumindest männlich zu sein. Nicht zuletzt hat diese deine Schwäche meine Wiederkehr erst möglich gemacht. Du vergisst aber, dass Körper nur Hüllen sind, nichts weiter. Und die Hülle dieser Katze dort hat nun ihre Aufgabe erfüllt.«
»Ja, das verstehe ich. Aber warum soll ich sie dann töten?«
Bastets Augen verengten sich für den Bruchteil einer Sekunde. »Weil es der Ritus verlangt.« Sie stöhnte hörbar auf. »Du stellst zu viele Fragen, Thomas, wie es schon immer deine Art war. Es behagt mir nicht, dich an dein Versprechen mir gegenüber zu erinnern. Kannst du es nicht einfach tun, in der Gewissheit, mir einen großen Gefallen damit zu erweisen?«
Ich gab mich geschlagen; freundlicher konnte man einen Befehl nicht erteilen. Wie ein ergebener Diener trat ich vor den kleineren Stuhl und wickelte mir das Ende des Sacks um die Hand. Eine schwache Bewegung verriet mir, dass das Tier noch lebte. Doch wie lange noch?
»Fahr' ruhig ein gutes Stück hinaus«, empfahl mir Bastet beim Verlassen der Wohnung. »Ich brauche ohnehin noch einige Zeit, bis ich mich vollständig regeneriert habe.«
Erst als ich im Auto saß, bemerkte ich, dass es mittlerweile
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