SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller

der großen Winde des Himmels.
    Mögen die Worte der Macht vom Feinde gesprochen wirkungslos bleiben vor Göttern und Geistern, wenn sie Gehör ihnen leisten.«
    …
    »Du bist das Heute.
    Du bist das Gestern.
    Du bist das Morgen.
    Deine wiederholten Geburten durchschreitend bleibst du kraftvoll und jung.
    Du bist dem Geheimnis verwobene göttliche Seele, die einstmals in frühester Zeit die Göttergeschlechter erschuf.
    Ihr Geister erfahret: Wenn nach Gemetzel gewinnt der Unreinen Blut, die Erde zum früheren Ganzen vereint, wieder erblüht und zeitiget Früchte, dann als Gebieterin des Lebens tust du dich kund, und groß wird dein Glanz inmitten der Ordnung an jenen Tagen der Wiedergeburt.
    Wisset, du wirst brechen den Widerstand jener, die gegen dich insgeheim sich verbünden und Pläne schmieden, dich abzuweisen.«
    Nur zu gerne hätte ich jetzt einen Schluck Wasser getrunken. Mein Mund fühlte sich an, als sei er mit heißem Sand gefüllt. Achs forderndes Rasseln duldete jedoch keine Unterbrechung.
    »Oh jene sieben Ratgeber, welche die Waage tragen«, verkündete ich krächzend, »In jener Nacht, in welcher das Udjat-Auge geprüft wird, die Köpfe abschlagen und Hälse abtrennen, die Herzen ergreifen und aus der Brust reißen, die ein Blutbad anrichten im Feuersee-
    Du kennst sie und du kennst ihre Namen! Mögen sie dich dem Leben neu zurechnen jedes Jahr, mögen sie dir viele Jahre über dein ewiges Leben hinaus gewähren.«
    …
    »Du bist Bastet, deine Lebenszeit ist nah, du verjüngst dich am Morgen wie er. O große Meschenet, die die Lebenszeit berechnet, Herrin der Jahre, Herrin von Schai und Renenet, gib der großen Bastet so viel Jahre wie die Zahl der Sandkörner am Ufer, wie die Schuppen der Fische im Fluss, wie die Haare des Viehs. Lass sie hier sein, bis der Ibis schwarz und der Rabe weiß wird, bis die Berge aufstehen zu gehen, bis das Wasser stromauf fließt.«
    Eine weitere Seite wurde umgeblättert. Ich spürte, wie sich etwas im Raum zu verändern begann. Ganz allmählich woben meine Worte ein dichtes, unsichtbares Netz, das die gesamte heilige Stätte immer näher zusammenrücken ließ. Jeder Herzschlag der Lebenden hallte dröhnend in meinen Ohren wider. Immer schneller trommelte ihr Pochen auf mich ein.
    Bei den letzten Sprüchen hatte die Auserwählte plötzlich wieder angefangen, leise vor sich hinzustöhnen. Und auch Bastet schien immer dringlicher den Sack wieder verlassen zu wollen.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich in diese wachsende Unruhe hinein Formel um Formel rezitierte – Zeit schien bei diesem Ritual ohnehin eine andere Bedeutung zu haben –, als ich jedenfalls mit der Beschwörung des Udjat-Auges begann, erfasste die Auserwählte wie auch die göttliche Katze eine tranceartige Starre. Selbst das Schlagen ihrer Herzen war kaum mehr wahrnehmbar.
    So, wie Ach es mich gelehrt hatte, berührte ich nun das prächtige Amulett und sprach:
    »Das Horus-Auge verleihet das ewige Leben;
    Und es beschützt dich, auch wenn es sich schließt.
    Du weilst im Horus-Auge; nichts Böses kann dich befallen.
    - Schauet, ein mächtiger Gott erhebt sich am Himmel.
    Tum erscheinet, von wohlriechenden Wolken umgeben.
    Neith erteilt Befehle den Göttern ihres Gefolges:
    'Nahen soll ihren Gliedern das göttliche Auge,
    Auf dass sie ausführen die Beschlüsse der Göttin!
    Und nun erglänzt das göttliche Auge
    Während der langen Nacht,
    Während des 4. Zeitalters der Erde
    Bis ans Ende des 2. Teils des Zeitalters.
    Dann, vor den Götterordnungen, erglänzet das göttliche Auge.
    Seine Herrlichkeit leuchtet wie ehemals am Anbruch der Zeiten,
    Als sie alle Götter umfasste: Re, Tum, Shu, Geb,
    Osiris, Seth, Horus, Mentha, Bahu, Toth,
    Nau, Dschetta, Nut, Isis, Hathor, Nephtys,
    Merti, Maat, Anpu, Tamesschetta, Bastets Seele und Körper.«
    Ich ging nun hinüber zum Thron und legte das Udjat-Amulett auf den Schoß der Auserwählten. Fast augenblicklich schlossen sich ihre starren Augen.
    »Heil dir, Auge des Horus, des Weißen, des Großen«, las ich von meinem Pergament, »der du mit deiner Schönheit erfreust die Neunheit der Götter, wenn es sich am östlichen Himmel erhebt.
    Auch Heil dir, Bastet, Sachmet-Werethekau, Herrin von Chabes, Herrin von Ascheru, Herrin von Memphis und Bubastis, Schlächterin, Beißerin, die die Wadis durchwandert inmitten der östlichen Wüste.
    Nimm Besitz von diesem Körper, auf dass sich Menschliches und Tierisches mit deiner göttlichen Seele verbinde. Werfe von dir