SACHMET - KATZENDÄMMERUNG Band 2 - Horror - Thriller
bereitete ich mich in schon gewohnt devoter Weise auf den anstehenden Unterricht vor. Wie immer beeilte ich mich mit dem Duschen, damit ich vor Achs Erscheinen noch ein halbwegs geruhsames Frühstück einnehmen konnte.
Dass etwas anders war als sonst, bemerkte ich erst, als ich vergeblich auf das obligatorische Rasseln und die dunkle Stimme der finsteren Botin wartete. Ich hatte mir zwar keine gerahmte Urkunde oder einen Ritterschlag erhofft, eine derart stillose Beendigung meiner Ausbildung überraschte mich aber doch.
Neugierig betrat ich auch ohne geisterhaftes Geleit Bastets Sanktuarium. Das Zimmer besaß wieder seinen ursprünglichen Büro-Charakter; Bücher und Skulpturen wohin man blickte, auch wieder auf und vor dem Schreibtisch. Von kostbar glänzenden Amuletten fehlte dafür aber jede Spur.
Unwillkürlich berührte ich die Finger meiner linken Hand. Der Schen des Horus saß noch an seinem Platz. Der Ring war nun der einzige Beweis dafür, dass ich mir die ganze Sache nicht nur eingebildet hatte. Irgendwo tief in mir löste sich eine Beklemmung. Erleichtert seufzte ich auf. Nun konnte es endlich losgehen; die Zeit des Wartens war vorbei.
Hastig machte ich kehrt und begann eine zweite Suche. Diesmal hielt ich nach wertvollerem als goldenen Broschen und funkelnden Geschmeiden Ausschau. Ich suchte das Bild meiner zukünftigen Geliebten. Doch wo konnte Ach die Post nur versteckt haben? Ich durchforstete gerade eine kleine Kammer, in der sich Kartons voller Zeitschriften und Akten bis zur Decke stapelten, als mir eine Idee kam. Welchen Grund gab es jetzt noch, mir die Briefe vorzuenthalten?
Ich klopfte mir den Staub ab und steuerte auf mein eigenes Büro zu. Und richtig: Ordentlich gestapelt lagen dort alle Bewerbungen auf einem Beistelltisch. Insgesamt zählte ich siebzehn große, fünf mittlere und zwei kleine Umschläge. Noch vor der ersten Sichtung sprang ich jedoch die Treppe zum Briefkasten hinunter und kehrte mit zwei weiteren Angeboten zurück. 26 Interessentinnen. Es war ein Ergebnis, mit dem ich zufrieden sein konnte. Doch reichten bereits 26 Gesichter aus, um unter ihnen meine ›Traumfrau‹ zu entdecken? Dies würde sich am Schluss herausstellen, sagte ich mir. Erst einmal musste ich überhaupt mit der Auswahl beginnen.
Ich beschloss, rein intuitiv vorzugehen, um in einem ersten Verfahren die Spreu vom Weizen zu trennen. Zu diesem Zweck suchte ich unter den beigefügten Aufnahmen (falls mehrere vorhanden waren) die für mich aussagekräftigsten heraus und legte damit am Boden drei Reihen. Reihe ›A‹ stand für ›Interessant‹, ›B‹ für ›Möglicherweise‹ und ›C‹ für ›Lieber nicht‹. Da ich nicht logisch, sondern gefühlsmäßig vorgehen wollte, zwang ich mich dazu, keine Entscheidung länger als 10 Sekunden dauern zu lassen.
Während sich der Boden allmählich mit farbigen Hochglanzaufnahmen füllte, kam ich jedoch nicht umhin, mir meines ausgesprochen chauvinistischen Treibens bewusst zu werden. Was ich hier tat, musste wohl der Wunschtraum unzähliger Männer sein. Eine Traumfrau aus dem Katalog. (Modell Nr. 67/004 gefällt mir ja ganz gut, doch haben Sie es ›oben herum‹ nicht vielleicht noch zwei Nummern größer? Wissen Sie, es soll ein Geschenk werden.)
Die erste Sichtung ergab folgendes Ergebnis: ›A‹: 5; ›B‹: 9; ›C‹: 12. Nahezu die Hälfte der Damen hatte also den Eingangstest nicht bestanden. Ich betrachtete mir diese Gruppe nun genauer und versuchte Gründe für meine Ablehnung zu finden. Viele waren ganz einfach zu magersüchtig; ihre Gesichter wirkten teilweise wie geschminkte, nur mit hauchdünner Haut überzogene Schädel. Andere hatten für meinen Geschmack zu wulstige Lippen oder einen zu engen Augenstand. Bei nur einer Bewerberin war ich mir wegen meines Votums unschlüssig. Ich legte das Foto zur Gruppe ›B‹ und sammelte die übrigen Aufnahmen von ›C‹ wieder ein. Die Gesamtgruppe hatte sich somit auf 15 dezimiert. In einem weiteren Schritt löste ich nun ›A‹ und ›B‹ auf und legte stattdessen zwei waagerechte Linien untereinander, 8 Bilder oben, 7 unten.
Vier der Mädchen waren von einer Agentur avisiert worden und daher ohne die Einbeziehung Dritter nicht erreichbar. Für mein geheimes Vorhaben waren dies unannehmbare Bedingungen. Konzentriert suchte ich nach weiteren Auswahlkriterien. Die nächste, die ich disqualifizierte, war eine rehäugige Schönheit mit schulterlangem, schwarzem Haar. Ihre Art erinnerte mich sehr an
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