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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Ausgrabung. John Mann schaute in das Loch hinab, erkannte seinen Fehler, und sofort wurden ihm die schrecklichen Konsequenzen bewusst. Das Ding, das sie hier gefunden hatten, war weder der Schatz antiker Potentaten noch die versteinerten Überreste eines urzeitlichen Waldes, sondern das Wrack des Sikorsky-Helikopters. Eine Seite war aufgeschnitten worden, sodass die Maschine wie ein ausgeweidetes Monster aussah. Arbeiter in weißen Overalls krochen wie fette Maden darauf herum und bargen Artefakte aus den zerbrochenen Kisten im Inneren des Hubschraubers. Als John auf die Trümmer seiner Vergangenheit hinabstarrte, hob der Mann, der hier das Sagen hatte, den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Es war derselbe Mann, den John schon durch das Fernglas gesehen hatte, doch nun war er nahe genug, dass er ihn erkannte.
    »Harzan.«
    Der Mann lächelte, stand auf und stieg aus dem Loch, um sich zu ihnen zu gesellen. »John Mann«, sagte er. »Ich habe mich schon oft gefragt, ob du vielleicht der Geist sein könntest. Du bist wirklich schwer zu töten.«
    John nickte zu den weiß gekleideten Arbeitern in der Grube. »Wissen diese Leute, wie gut du deine Kollegen behandelst?«
    Harzan lächelte. »Diese Leute wollen die Vergangenheit nicht missbrauchen, um die Zukunft der Kirche zu bedrohen.«
    »Das haben meine Männer auch nicht, und du hast sie trotzdem umgebracht.«
    Harzan zuckte mit den Schultern. »Ach, jetzt komm schon. Du weißt genauso gut wie ich, dass die Geschichte voll von Menschen ist, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Wie man an deinem Beispiel sieht, machen sich das einige sogar zur Gewohnheit.« Er schaute zu Gabriel. »Dein Sohn sieht genauso aus wie du. Es ist wirklich eine Schande, dass er auch in anderer Hinsicht nach dir kommt. Genießt eure gemeinsame Zeit. Es ist ja so wichtig, dass Eltern Zeit mit ihren Kindern verbringen, denkst du nicht? Egal, wie kurz sie auch sein mag.«

108
    Hyde entdeckte den Geist, als der Black Hawk zur Landung ansetzte. Er war schwer versucht, ihn mit den Maschinenkanonen in Stücke zu schießen, doch er bezweifelte, dass er den Piloten davon überzeugen konnte. Außerdem musste er die junge Frau lebend zurückbringen; da war die Kanone ein wenig zu gefährlich. Und Dr. Harzan wollte er auch nicht umbringen … jedenfalls nicht, solange er nicht bezahlt worden war.
    Die Kufen setzten auf, und die Wachen brachten sofort die Gefangenen. Hyde würde es genießen, den Geist zu erledigen. Er hatte schon immer den Eindruck gehabt, dass der Aufständische auf ihn herabschaute. Er fragte sich, ob er wohl noch genauso denken würde, wenn er ihn mitten in der Syrischen Wüste aussetzte, nachdem er ihm beide Beine zerschossen hatte. Gabriel würde er einfach in den Kopf schießen. Der war ihm egal. Das war nur ein Job.
    Die drei Gefangenen trafen am Hubschrauber ein und wurden von zwei Wachen hineingesetzt, die ständig die Waffen auf sie gerichtet hielten. Hyde zeigte dem Piloten den erhobenen Daumen, und sie starteten wieder. Der Black Hawk würde sie zur Hauptanlage zurückfliegen, von wo aus es dann mit einem Firmenhelikopter weiterging. Dessen Pilot stand dann auf ihrer Lohnliste, und mit Sicherheit war er weit weniger zimperlich, wenn es darum ging, den unplanmäßigen Zwischenstopp einzulegen, den Hyde sich vorgenommen hatte. Der Flug in die Türkei würde sie über das ungastlichste, gottverlassenste Stück Wüste führen, das man sich vorstellen konnte, und dann würde Hyde endlich herausfinden, ob der Geist seinem Namen gerecht wurde.

109
    Liv wurde immer schwächer, als der Hubschrauber nach vorne kippte und in Richtung Osten zur Hauptanlage raste. Es erschreckte sie, wie plötzlich und schnell das begonnen hatte. In der Höhle und auf dem Pferd hatte sie sich noch pudelwohl gefühlt. Jetzt war es jedoch so, als hätte jemand den Stöpsel gezogen, und nun floss die Lebenskraft nur so aus ihr heraus. Sie schaute zu Gabriel, der ihr gegenübersaß. Der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet ihr, dass sie genau so schlecht aussehen musste, wie sie sich fühlte.
    Durch das Fenster hinter ihm konnte sie sehen, wie der Horizont immer heller wurde, während der Mond langsam blasser wurde … genau wie sie. Wenn die Sonne aufging, würden sie beide verschwunden sein; dessen war sie sicher. Liv ergab sich in ihr Schicksal. Zumindest tröstete es sie ein wenig, dass sie es nicht mehr bis Trahpah schaffen würde, um in der Finsternis des Berges eingesperrt zu werden und einen

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