Saeculum
er es auf und machte sich an den Abstieg. Ohne Seil fast senkrecht abwärts - er war wirklich bescheuert.
Unten wartete Paul und gab ihm Halt bei der Landung, als er die letzten zweieinhalb Meter hinuntersprang.
»Keine Chance«, keuchte Bastian. »Der Stein deckt das Loch komplett ab. Das ist alles Granit hier, sauschwer. Da wiegt schon ein kleiner Brocken gut eine Tonne.« Er stützte die Hände auf die Knie, um besser Atem zu bekommen. »Ich habe gehofft, er liegt vielleicht instabil und man kann ihn ein Stück wegrollen. Fehlanzeige. Das Loch ist komplett zu, wahrscheinlich braucht man einen Kran, der das Ding weghebt.«
In Ralf und Nathan kam Bewegung. »Was heißt ›zu‹, was meinst du damit? Wir kommen hier nicht mehr raus?«
Paul hob beruhigend die Hände, ihm war anzusehen, wie viel Kraft ihn das kostete. »Nicht gleich panisch werden. Wir sind in einem Burgkeller, da sind die Leute früher auch nicht durch solche Löcher ein- und ausgegangen. Damals gab es sicher einen normalen Weg, Treppen, die nach oben führten. Die müssen wir finden.«
»Und wenn nicht?« Ralf klammerte sich an Pauls Arm fest. »Wenn die längst eingestürzt sind? Wir werden doch hier nicht sterben, oder? Sag schon! Wie hat das überhaupt passieren können, wieso rollt der Stein ausgerechnet auf den Schacht? Ich verstehe das alles nicht, ich will hier weg …«
Paul schüttelte Ralf ab und sah sich um. »Von diesem Raum gehen zwei Gänge ab. Der eine führt zur Gruft, den zweiten, dort links hinten, haben wir noch nicht erkundet. Das tun wir jetzt. Wenn das nichts bringt, gibt es ja auch noch die andere Halle, die mit der Gruft. Ich bin sicher, dass auch von dort Gänge abzweigen.« Er lächelte kraftlos.
Bastian lächelte zurück, während seine Fantasie ihm schauderhafte Bilder vorgaukelte. Bleiche Knochen, die aus Pauls Lederwams ragten, darüber der blanke Totenschädel. Ein Haufen verhungerter Leichen, in historische Kostüme gekleidet, die man in einigen Jahren finden würde. Oder nie.
»Okay.« Paul zeigte auf Ralf und Nathan. »Ihr bringt erst mal Arno zu den anderen, dort kann Alma sich um ihn kümmern, es gibt mehr Holz und das Feuer raucht nicht so schauderhaft. Mona, nimm du die Fackel und geh ihnen voraus. Ralf, du hältst sofort den Mund und hörst auf zu wimmern, sonst knallt es.«
Der letzte Satz kam wieder mit dieser Schärfe, die Bastian schon einige Male an Paul beobachtet hatte, was in ihm jedes Mal den Impuls weckte, sich umzudrehen und fortzugehen. Nur dass du nirgendwohin kannst, oder?
Pauls Worte zeigten prompt den gewünschten Effekt; Ralf verstummte, senkte den Kopf und wischte sich mit dem Ärmel den Rotz von der Nase.
»Du und ich, wir sehen uns den Gang da hinten an«, erklärte Paul, nachdem die anderen mit Arno verschwunden waren.
Von einem Gang war in Bastians Augen kaum etwas zu erkennen, im besten Fall war dort, wo Paul hinzeigte, ein schwarzer Schatten auf dunkelgrauem Hintergrund zu sehen. »Wir brauchen Licht«, stellte er fest.
»Ja, aber wir müssen sparsam mit den Fackeln sein. Ich habe insgesamt zwölf Stück, zwei sind schon in Gebrauch.«
Um sich zu behelfen, häuften sie Laub und kleine Äste bei der Einmündung auf und entzündeten sie mit einem brennenden Ast aus dem Lagerfeuer.
»Sieht ganz gut aus.«
In Bastian erwachte neue Hoffnung, es gab wirklich einen Gang und er schien intakt. Zunächst führte er einige Schritte geradeaus, bog dann nach rechts - und endete. Erde, Steine und Mauerbrocken bildeten einen alles versperrenden Wall. Eine von den Kräften der Natur gebaute Wand. Tonnenweise Schutt und Erde, wie in einem eingestürzten Bergwerksstollen.
»Lass mal sehen, ob nicht oben ein Spalt ist!« Die Worte kamen krächzend aus Bastians Kehle. Ein Durchschlupf. Ein Spalt. Irgendetwas, bitte.
Paul machte ihm eine Räuberleiter und Bastian stieg mit der Fackel hoch. Scharrte ein wenig, doch genauso gut hätte er versuchen können, sich mit den Händen durch einen Berg zu graben. »Total dicht.« Wütend schlug er gegen die festgepresste Erde. Sand und kleine Steine rieselten auf Paul herab. Bastian sprang auf den Boden zurück. »Keine Chance.« Das bedeutete … nein. Nicht daran denken. Wir sind nicht lebendig begraben. Es muss einen Weg geben, wir kommen hier raus, wir - Bastian merkte erst, dass seine Beine unter ihm nachgaben, als er schon fast auf dem Boden saß. Er sah zu Paul hoch. »Was tun wir jetzt?«
»Ein paar Möglichkeiten gibt es noch.« Es klang
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