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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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den zweiten Gang erkundete. Von ihnen war noch keiner wieder zurück. »Ein gutes Zeichen«, sagte Iris mit falscher Fröhlichkeit. Sie hatte kaum ausgesprochen, da hörten sie schon Schritte, sahen den Fackelschein aus dem Tunnel dringen. Georg kam als Erster heraus, hinter ihm Nathan, Mona und Carina.
    Bastian konnte es in ihren Mienen lesen, noch bevor jemand ein Wort gesagt hatte.
    »Auch ein Erdrutsch?«, fragte er.
    »Nein. Der Gang ist in Ordnung, aber er führt nirgendwohin. Endet in einer Kammer, da liegen Fassringe und solches Zeug. War früher wahrscheinlich mal eine Vorratskammer, nur leider sind die Vorräte schon ziemlich lang aus.« Georg lachte böse. »Na, Paul? Und jetzt?«
    Neben dem Feuer begann Alma zu weinen, laut und haltlos. Mona ging zu ihr und hielt sie fest.
    »Jetzt«, sagte Paul, »müssen wir zusehen, dass wir mit dem Wenigen, das wir haben, möglichst lange auskommen. Löscht sofort die Fackeln, wir zünden nur noch jeweils eine an, wenn jemand durch das Kellersystem muss. Die Kammer, die ihr gerade gefunden habt, können wir als Toilette nutzen. Wir sollten alles Holz zusammentragen, das wir finden können. Solange wir Feuer haben, haben wir Licht. Wie viel Wasser ist noch da?«
    Wasser! Daran hatte Bastian bisher nicht gedacht. Wenn ihnen das Wasser ausging Er prüfte das Gewicht des Trinkbeutels an seinem Gürtel. Halb voll, höchstens. Gestern Nacht hatte es noch durch den Schacht geregnet. Aber gestern Nacht hätten wir auch noch rausklettern können, sagte etwas in ihm und kicherte.
    »Trinkt so wenig wie möglich«, sagte Paul. »Wir wissen nicht, wann wir Nachschub bekommen. Versucht, sparsam zu sein.«
    Die Frage war nicht wann, sondern ob. Bastian sah den anderen an, dass sie genau das verstanden hatten.
    »Sieht düster für uns aus, nicht wahr?«, stellte Steinchen fest, ein schmales Lächeln im Gesicht. »Ich muss die ganze Zeit an den Typen denken, der uns mit dem Jeep hergefahren hat. Morgen Abend sollte er uns wieder abholen - denkt ihr, er wird die Polizei verständigen, wenn niemand von uns auftaucht?«
    »Natürlich.« Die Polizei bedeutete immerhin eine Chance, jedenfalls wenn sie mit Hunden kam.
    Die uns unter der Erde kaum wittern können, denn wir sind ja luftdicht abgepackt, und nach all dem Regen wird es kaum noch Spuren zu erschnüffeln geben …
    Bastian rückte näher ans Feuer, das kräftig brannte und dessen Wärme er dringend brauchte. Dort lag Arno, zitternd und nur halb bei Bewusstsein. Bastian kniete sich neben ihn. Einmal mehr fühlte er sich wie vom Mittelalter in kalte Arme genommen. Es war erst drei Tage her, dass Paul in seiner Ansprache von Knochenbrüchen geredet hatte und dass sie früher oft zum Tod geführt hatten. Arnos schlechter Zustand war wie eine Einlösung dieser Worte - für ihn standen die Dinge am schlimmsten. Angenommen, sie fanden doch noch einen Ausgang, einen Spalt, irgendwo oben - wie sollten sie Arno da durchbekommen? Sie hatten kein Seil mehr, um ihn hochzuziehen. Er konnte nicht laufen, nicht einmal kriechen, und an Klettern war überhaupt nicht zu denken.
    Bastian versuchte, das gebrochene Bein zu untersuchen, doch Arno schrie bei der kleinsten Berührung auf. Fest stand, dass der Knöchel blau und dick angeschwollen war. Wahrscheinlich waren auch Sehnen gerissen, Knorpel verletzt …
    Die Kopfwunde blutete längst nicht mehr, aber die Entzündung war weiter fortgeschritten.
    Was war noch einmal die Empfehlung der Kräuterfrau auf dem Mittelaltermarkt gewesen? Spitzwegerich. Sofort war die Erinnerung wieder da, an den sonnigen Tag im April. An Sandra, die verschwunden war, von der sie nicht mehr gefunden hatten als ein zerrissenes Stück Stoff.
    Ich werde sie nie wiedersehen, dachte Bastian. Sie ist so tot wie Warze, wie Lars, wie Tristram.
    Er rutschte zur Seite, lehnte sich an die dicken, kalten Mauersteine, hinter sich die Wandmalerei, auf der Gevatter Tod seine Ernte einholte.
    Alma nahm seinen Platz am Feuer ein und kauerte sich neben ihrem Arno zusammen. Mit kleinen, hektischen Bewegungen strich sie immer wieder die gleiche Strähne aus seiner Stirn. »Bald sind wir hier fort und alles wird gut. Wirst sehen.«
    Nein, wird es nicht. Bastian biss sich auf die Lippe. Gleich würde er zu heulen anfangen, verdammt noch mal. Schlechte Idee. Wasserverschwendung. Iris musste es ihm angesehen haben, sie setzte sich zu ihm und er legte seine Arme um sie.
    Es half nichts, er fühlte die Tränen hinter seinen Augen brennen,

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