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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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trinken. Ein bisschen nur, aber es würde herrlich sein.

 
    A ls er die Augen aufschlug, war Paul zurückgekehrt. Er hielt das Feuer am Leben und sah völlig verloren aus.
    »Gut, dass du dich ausgeruht hast«, sagte er, als er bemerkte, dass Bastian wach war. »Wir werden Kraft brauchen.«
    »Habt ihr etwas gefunden?« Bastian flüsterte, denn die anderen schliefen oder versuchten es wenigstens. Iris lag ausgestreckt an seiner Seite, den Kopf auf ihrer Harfentasche. Roderick schnarchte und zuckte mit den Läufen. Das Ende der behelfsmäßigen Leine war um Almas Handgelenk gewickelt.
    »Nein. Der Schacht muss der einzige Zugang gewesen sein. Wir sind jede Wand entlanggegangen. Nirgends ein Riss, der ins Freie führt. Kein Lichteinfall von oben, keine Zugluft. Aber wir haben Glück im Unglück: Der Stein über dem Schacht schließt nicht ganz dicht ab - da kommt Luft durch, ersticken werden wir also nicht. Aber sonst - alles zu.« Seine Kiefermuskeln traten hervor. »Ein wenig Wasser haben wir sammeln können. Mit Erde vermischt, aber flüssig. Willst du?«
    Dankbar griff Bastian zu, trank drei Schlucke, es schmeckte bitter und schlammig, trotzdem musste er seine ganze Willenskraft aufwenden, um den Trinkschlauch nicht völlig zu leeren. »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    Das Feuer loderte höher. Paul zog einen der dickeren Äste aus den Flammen und löschte ihn mit einer Handvoll Erde. »Wir haben nicht mehr viel Holz gefunden«, erklärte er, als er Bastians fragenden Blick sah.
    »Und wie viel Wasser?«
    »Zwei Pfützen. An einer Stelle sickert etwas aus der Wand. Lächerlich wenig, aber wir haben Ralfs Helm daruntergestellt, um es aufzufangen.« Mit dem angekohlten Ast zog Paul Linien auf dem Boden.
    »Sag mal«, er betrachtete angestrengt die entstehenden Muster. »Wie lange dauert es? Das Verdursten?«
    »Kommt drauf an.« Das Wort allein weckte in Bastian unbändige Lust auf mehr Wasser. »Drei bis fünf Tage. Je nachdem, wie warm es ist, wie sehr man schwitzt.«
    »Mhm. Weißt du auch, wie es sich anfühlt?« Etwas regte sich im Dunkeln hinter Paul, einer der Schlafenden.
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Ja. Ich bereite mich gern auf die Dinge vor.«
    Bastian atmete tief durch. »Erst Kopfschmerzen, Herzrasen, Schwindel. Wenn du ungefähr zehn Prozent deiner Körperflüssigkeit verloren hast, fängst du an, undeutlich zu sprechen und kannst kaum noch gehen. Irgendwann dann Muskelkrämpfe und Bewusstlosigkeit. Danach ist es ziemlich schnell vorbei.«
    Paul nickte. »Danke.«
    Jemand wimmerte im Halbdunkeln. »Ich hab schon Kopfschmerzen.« Ralf. »Gebt mir mehr Wasser, ich will nicht der Erste sein, der krepiert.«
    »So schnell geht es nicht«, beruhigte ihn Bastian und verfluchte sich dafür, dass er seinen Mund nicht gehalten hatte. »Versuch zu schlafen. Das hilft gegen die Kopfschmerzen.«
    Er selbst legte sich auch wieder hin. Wie spät es wohl war? Ohne Tageslicht verlor man jedes Zeitgefühl. War es Morgen? Nacht? Abend? Er schloss die Augen. Dämmerte fort.
    »… uns niemand suchen kommen.« Gezischte Worte rissen ihn aus seinem gnädigen orientierungslosen Zustand.
    »Die wissen doch alle nicht, wo wir sind!«
    »Aber jemand wird uns vermissen, wenn wir nicht zurückkommen!« Nathan, das war Nathan.
    Höhnisches Lachen. Georg. »Ja, aber du kannst darauf wetten, dass sie hier ganz zuletzt nachsehen. Keiner bohrt ein Loch in die Erde, um dort Vermisste zu suchen. Und jetzt halt die Klappe, sonst wacht Lisbeth auf.«
    Bastians rechter Arm war taub, er öffnete und schloss die Finger, bis sich stechendes Prickeln einstellte. Sie mussten etwas tun, sonst würden sie bald damit beginnen, sich gegenseitig wegen eines Schlucks Wasser zu zerfleischen.
    Doro hatte ihre Beschäftigung bereits gefunden und war wieder dazu übergegangen, den Totenschädel zu beschwören. Sie lag auf dem Bauch, eine Wange an die knöcherne Schädeldecke geschmiegt wie an ein Kissen. »Du lässt uns nicht gehen, ich wusste es«, gurrte sie. »Wir sind dir nicht gewachsen. Aber trotzdem, ich bitte dich - sei gnädig. Gnädiger, als man zu dir gewesen ist. Tristram. Bitte.«
    Das fehlte ihnen jetzt noch. Sie musste damit aufhören, bevor sie die anderen völlig hysterisch machte. Wenn es so weiterging, würden sie alle überschnappen, bevor das Wasser verbraucht war. Bastian rappelte sich hoch, vorsichtig, um Iris nicht zu wecken, und betrat die Gruft, kniete sich neben Doro. Der schwache Schein der Feuerstelle verlieh ihrem

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