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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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Vater?«
    Paul nickte. »Sie war Krankenschwester, damals noch sehr jung, und als er begann, sich für sie zu interessieren, konnte sie es erst kaum glauben.«
    Eine von unzähligen Krankenschwestern im Leben seines widerlichen Vaters. »Aha. Aber irgendwann hat sie es dann geglaubt und schon warst du entstanden. Ich bin ein wenig erstaunt, dass er nicht auf eine Abtreibung bestanden hat.«
    Pauls Mundwinkel zuckten. »Meine Mutter sagte, das hätte er. Aber sie wollte nicht, was ihn wohl sehr wütend gemacht hat. Weil er ja frisch verheiratet war, und recht bald danach wurde seine Frau ebenfalls schwanger - mit dir.«
    Jetzt war das, was aus Bastian herausdrängte, ganz sicher kein Lachen mehr - hätte er etwas im Magen gehabt, hätte er es rausgekotzt, so übel war ihm. Er schluckte trocken, einige Male.
    »Und dann hat er ihr endlos viel Kohle gezahlt, damit sie den Mund hält, stimmt's? Damit niemand etwas erfährt und sein kostbarer Name nicht in den Schmutz gezogen wird.«
    Nun lächelte Paul. »Nicht ganz. Er hat die Vaterschaft nicht anerkannt. Natürlich hat meine Mutter auf einem Test bestanden - doch der war negativ.«
    »Negativ? Dann bist du also doch nicht -«
    »Der Test wurde bei einem Arzt durchgeführt, der unseren Vater kannte. Gut kannte. Doch das hat sie erst später herausbekommen.« Paul kräuselte die Lippen. »Ich habe ein bisschen recherchiert in den letzten zwei Jahren. Nichts leichter, als zwei Proben zu vertauschen. Meine Mutter hat nie auch nur einen Cent gesehen, im Gegenteil, er hat ihr mit einer Klage wegen Rufschädigung gedroht, wenn sie nicht stillhält.« Paul holte zitternd Luft. »Das hat sie getan. Stillgehalten. Sie war keine große Kämpferin.«
    Die Traurigkeit in seinem Gesicht sagte alles, aber Bastian fragte trotzdem nach. »Sie war ? Heißt das, sie ist -«
    »Tot, ja. Sie ist vor fünf Jahren gestorben. Lungenkrebs. Davor hat sie noch alles getan, um sicherzustellen, dass ich versorgt bin. Sie hat unzählige Male versucht, deinen Vater zu erreichen, doch er hat sie höchstens durchs Telefon angebrüllt. Meistens hat er einfach aufgelegt. Und dann alle Nummern geändert.«
    Bastian glitt langsam an der Wand abwärts, bis er saß. Er konnte Paul jetzt nicht in die Augen sehen. Er sah seinen Vater noch vor sich, mit wutrotem Gesicht, wie er in sein Handy schrie und ihnen hinterher erklärte, es gäbe eine Stalkerin, die ihn seit Wochen verfolge. Und er erinnerte sich, einmal eine weinende Frau am Telefon gehabt zu haben, die nach Professor Steffenberg verlangte, doch der war nicht da gewesen. Sie hatte versucht, ihre Stimme in den Griff zu bekommen, und dann hatte sie nach seinem Namen gefragt. » Bastian, das klingt schön« , hatte sie gesagt und aufgelegt. Er war immer der Meinung gewesen, mit einer verwirrten und schwer kranken Patientin telefoniert zu haben.
    Ein Bruder. Bastian schüttelte den Kopf, als würde das helfen, klarer zu sehen.
    »Warum hast du mich nicht früher kontaktiert? Mir geschrieben oder mich angerufen? Ich hatte keine Ahnung, dass es dich gibt. Woher denn auch?«
    Mit einer gedankenverlorenen Bewegung strich Paul über sein Lederwams. »Ich war zu wütend. Als Mama starb, war ich erst fünfzehn, und ich wusste damals nicht, wohin mit all meiner Trauer und meinem Hass. Dann kam ich in eine Pflegefamilie und bekam psychologische Hilfe. Aber ich wollte nichts mehr von meinem Vater wissen, und von dir auch nicht.«
    Was nicht schwer zu verstehen ist, dachte Bastian. Er hatte das Gefühl, vor Scham im Boden versinken zu müssen.
    »Jetzt sehe ich die Dinge anders«, fuhr Paul fort. »Du kannst ja nichts für den Schlamassel und Mama hättet ihr auch nicht retten können. Deshalb dachte ich, es wäre gut, wenn wir uns kennenlernen.«
    »Warum hast du mir dann nicht schon auf dem Mittelaltermarkt alles gesagt?« Sondern mich nach meinem Namen gefragt und getan, als würdest du ihn das erste Mal hören: »Klingt, als müsstest du ein Familienwappen haben, das man auf einen Schild malen kann. «
    »Das war reine Vorsicht. Hätte ja sein können, dass du auf die Kontaktaufnahme genauso reagierst wie dein Vater. Oder dass er dich präpariert hat, für den Fall, dass eines Tages jemand behaupten sollte, er sei dein Bruder. Ich wollte Zeit mit dir verbringen und eine reelle Chance haben, dass du mir glaubst. Neutral.« Paul scharrte mit seinem Stiefel ein wenig Erde zu einem kleinen Haufen zusammen. »Deshalb habe ich das mit Sandra eingefädelt.«
    Bastian

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