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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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den Erben.‹«
    »Was?«, fragte Bastian gedankenversunken.
    »Es ist doch offensichtlich.« Ihr schwarzes Haar hing Doro ins Gesicht, während sie sich vorbeugte und ihn ins Auge fasste. »Ihr seid wie Ludolf und Tristram. Ein reicher Bruder und ein armer. Ein anerkannter und ein verschmähter. Deshalb wollte Lisbeth, dass Paul uns die Wahrheit sagt, nicht?«
    Zögerndes Nicken.
    »Das war richtig von dir. Jetzt wissen wir, woran wir sind. Nun können wir uns entscheiden.«
    »Den Teufel werdet ihr tun«, stieß Paul hervor.
    Bastian war von der neuen Situation noch so benommen, dass er sich den Spruch auf der Rinde erst wieder ins Gedächtnis rufen musste. Dann dämmerte ihm, was Doro mit ihren Worten möglicherweise sagen wollte, doch es entlockte ihm nichts als ein schwaches Lächeln. Das konnte sie keinesfalls ernst meinen.
    Iris, die bisher stumm neben ihm gestanden hatte, schoss an Bastian vorbei, auf Doro zu. »Lass den Blödsinn! Kein abergläubisches Geschwätz mehr, klar? Das Einzige, was uns jetzt weiterbringt, ist gesunder Menschenverstand. Wir sollten zusehen, dass wir noch mehr Holz finden, sollten uns einen Plan zurechtlegen.«
    »Nur einer muss bleiben, der Reiche der beiden«, erwiderte Doro, »der, der den Namen des Vaters trägt.«
    Paul ballte die Hände zu Fäusten und machte einen drohenden Schritt auf Doro zu. »Genau das habe ich befürchtet! Aber es kommt nicht infrage. Keiner rührt Bastian an.«
    »Er teile mein Grab und meine Leiden, bis hier seine letzte Stunde schlägt«, fuhr Doro unbeirrt fort. »Meinst du denn, mir fällt das leicht? Doch die einzige Alternative ist, dass wir alle hier unten krepieren. Deutlicher könnte Tristram es uns nicht sagen.«
    »Halt den Mund!«, brüllte Paul und Bastians letzte Zweifel fielen von ihm ab. In seinem Zorn war Paul ein Abbild ihres Vaters.
    »Ich habe Bastian hergebracht, um ihn besser kennenzulernen. Um ein Stück Familie wiederzugewinnen. Auf keinen Fall werde ich zulassen, dass jemand ihm etwas antut. Habt ihr das verstanden?«
    »Danke«, flüsterte Iris und auch Steinchen nickte bekräftigend.
    »Ganz meine Meinung.«
    Die anderen wechselten unsichere Blicke.
    »Aber wenn es unsere einzige Chance ist?«, fragte Carina. »Entschuldige, Bastian, das ist nichts Persönliches. Nur … dieser Spruch trifft genau auf euch zu. Die Übereinstimmungen sind so deutlich. Und wir sitzen hier fest, so wie es beschrieben wird.«
    Es fiel Bastian schwer zu glauben, was er da hörte. »Nichts Persönliches«, wiederholte er. »Na, was für ein Glück. Das macht es gleich viel besser.«
    In Doros Augen stand echtes Mitgefühl. »Manchmal, wenn uralte Rechnungen beglichen werden, trifft es Unschuldige. Und trotzdem wird dadurch das Gleichgewicht im Universum wieder ein Stück gerade gerückt.«
    »Du verzapfst ja solche Scheiße!«, rief Iris. »Im Ernst, ich kann das echt nicht glauben. Dann lass uns doch mal Klartext reden. Was genau möchtest du denn gerne tun?«
    Doro wich ihrem Blick aus. »Es ist nicht fair, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben, nur weil ich die Zeichen erkenne.«
    »Los, ich habe dich etwas gefragt!«
    Georg schob sich vor Doro. »Sie will, was wir alle wollen. Heil wieder hier rauskommen. Seit wir in diesem Wald sind, geht nichts mehr mit rechten Dingen zu. An so viel Zufall glaube ich nicht.«
    »Und ich nicht an so viel Dummheit, aber sie existiert trotzdem!«, rief Steinchen. Er versuchte, auf die Beine zu kommen, aber die Knie gaben unter ihm nach.
    Kreislauf, dachte Bastian. Verdammt. Es trifft ausgerechnet einen von denen, die auf meiner Seite sind.
    »Es tut mir doch selbst leid«, wisperte Doro. »Aber seht euch die Tatsachen an: Alle Drohungen aus dem Fluch haben sich erfüllt. Die offenen Gräber, die verschwundenen Freunde. Die Maden im Essen. Gebrochene Knochen und die Sache mit der Haut, die sich ablöst.« Sie sah von einem zum anderen. »Vor allem aber, dass wir es nicht schaffen, hier fortzukommen. Tristram hält uns fest, außer wir geben ihm, was er haben will.«
    Bastian sah Alma und Ralf nicken, ebenso Nathan. Sein Blick glitt hinüber zu Lisbeth und Georg, die einander umfangen hielten, er sah das Lächeln auf Lisbeths schönem Gesicht und erkannte, dass es Hoffnung war. Ihm wurde kalt.
    »Verstehe. Und wie habt ihr euch das vorgestellt? Wartet, das steht schließlich auch auf diesem Holzstück, nicht? Ihr tötet mich schnell mit einem Streich oder langsam unter den Steinen.« Er sah sich um. »Habt ihr

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