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Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
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erst ganz am Ende. Und zwischendurch immer wieder, aber nie allzu lange. Wegen Warze, der wäre sonst ausgeflippt. Die meiste Zeit über waren wir im Burgkeller, gleich bei der Gruft. Mit Nachtsichtgeräten ist es dort gar nicht so dunkel.«
    Nachtsichtgeräte. Das war es gewesen, was Bastian immer wieder summen gehört hatte, in der Nacht, als Sandra verschwunden war, und auch später, im Kerker. Ja klar. Damit hatte man einen gewissen Vorteil gegenüber denen, die nicht mal Streichhölzer verwenden durften.
    »Wieso habt ihr Warze eingesperrt? Nur weil es im Fluch heißt, dass Leute vom Erdboden verschluckt werden?«
    »Nein. Dafür hätten ja Sandra und ich gereicht. Aber bei dem ersten Gewitter, da hat er einen Unterschlupf gesucht und war knapp davor, den Keller zu entdecken. Das durfte so früh nicht passieren. Ich wollte ihn ablenken, da hatte Simon ihm schon einen Ast übergezogen.« Lars runzelte die Stirn. »Der ist ein echter Widerling. Ich bin froh, wenn ich nichts mehr mit ihm zu tun habe. Wisst ihr, was er mir gestern erzählt hat? Er hätte Tommis Katze vergiftet.«
    Iris bewegte sich unruhig. »Wer ist Tommi?«
    »Ach so, den kennt ihr ja gar nicht. Na ja, er hatte mit Saeculum nie etwas am Hut. Ist auch ein Kumpel aus unserer Pflegefamilie und sollte ursprünglich mit dabei sein. Er hat auch noch die Planungsphase mitgemacht, aber wahrscheinlich hat er nicht geglaubt, dass Paul das wirklich durchzieht. Eine Woche vor der Con ist er plötzlich abgesprungen. Er fand das Ganze nicht richtig.«
    Danke, Tommi. »Kann es sein, dass er meine Handynummer hat?«
    Lars zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.« Er stand auf. »Ich kann völlig verstehen, wenn du uns alle hasst. Aber Paul ist vielleicht eine Spur weniger scheiße, als du im Moment glaubst.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Für mich war er lange Zeit wie ein Bruder.«

    Der Hubschrauber kam bald darauf, als sich im Osten schon die ersten Rosatöne am Himmel zeigten. Er landete nicht, sondern blieb hoch über den Baumspitzen und ließ einen Sanitäter mit einer Trage herunter, auf der Simon nach oben gezogen wurde. Danach holten sie auch Bastians Vater an Bord und der Hubschrauber flog ab, in Richtung der aufgehenden Sonne.
    Bastian fühlte sich erschöpfter als je zuvor in seinem Leben. Er hätte auf der Stelle umfallen und zwölf Stunden durchschlafen können, aber er wollte nur noch weg von hier.
    Er ignorierte Pauls Frühstücksangebot, bestehend aus Knäckebrot und Dosenwurst, und brach gemeinsam mit Iris auf. Erst zur Höhle, in der sie das Schwert versteckten, dann zum großen Zelt, wo das Gepäck wartete.
    Sie sprachen nicht viel, dazu waren sie beide zu müde. Aber Bastian spürte, dass sich etwas verändert hatte, etwas, das Iris bisher immer umgeben hatte, war plötzlich verschwunden. Die Wachsamkeit. Zum ersten Mal seit langer Zeit konnte sie sicher sein, dass Simon weit weg war.
    Sie machten nur kurz halt beim Zelt, um sich umzuziehen und Bastians Rucksack zu holen, dann gingen sie weiter.
    Der Erdrutsch. Man konnte noch die frischen Kletterspuren erkennen, die von Steinchen, Lisbeth und den anderen stammen mussten. Die sind schon auf dem Weg nach Hause, sitzen im Zug, schlafen.
    Nach dem Erdrutsch neigte sich das Gelände abwärts, sie kamen schneller voran, die meiste Kraft kostete das Bremsen. Da war die Stelle, an der sie aus dem Jeep gestiegen waren. Vor fünf Tagen, die sich wie fünf Monate anfühlten.
    Weiter. Nun gab es einen richtigen Weg, was das Gehen so viel einfacher machte. Und dann Bastian blieb stehen. Hielt Iris am Arm fest. »Hörst du das?«
    »Hm? Was denn?«
    »Ein Auto.« Er setzte sich auf einen Baumstumpf, warf den Kopf zurück und lachte. »Oh, Gott sei Dank, ein Auto.«
    Eine halbe Stunde später hatten sie die Straße erreicht. Ein mitleidsvoller Bauer nahm sie auf seinem Traktor ins nächste Dorf mit, dort gab es einen Bus, der zum Bahnhof fuhr.
    Sie sahen der Landschaft zu, die vorüberzog. Immer mehr, immer größere Häuser. Stromleitungen. Supermärkte. Ein Fast-Food-Lokal. Mit jedem zurückgelegten Kilometer wurde Bastian ruhiger.
    »Bin ich froh, dass das Mittelalter vorbei ist«, murmelte er.

 
    D ie Dudelsackbläser zogen so knapp an Iris vorbei, dass sie versucht war, sich die Handflächen auf die Ohren zu pressen. Jedes Mal das Gleiche.
    Der Mittelaltermarkt war gut besucht, im frühen Herbst tummelten sich rund um die Buden und Attraktionen mindestens so viele Leute wie im Mai,

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