Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Saeculum

Titel: Saeculum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poznanski Ursula
Vom Netzwerk:
Lisbeths Haar. »Ich habe mich die ganze Zeit nicht gerührt, ich hätte ihn bemerkt.«
    Bastian ließ sich da, wo er stand, einfach ins Gras fallen. Das war doch nicht möglich. So weit konnte Warze nicht gelaufen sein. Selbst wenn er von einem der hohen Felsen gestürzt wäre, hätten sie ihn an dessen Fuß finden müssen. Lars schien ihn ebenfalls nicht entdeckt zu haben, sonst hätte er längst schon gepfiffen. Dann …
    Ist er ertrunken? Im See? Die Vorstellung, dass dieser wunderschöne Ort todbringend sein könnte, schnürte Bastian die Kehle zu. Oder war es die Tatsache, dass er sich zum ersten Mal erlaubt hatte, das Wort zu denken, dass seinen Tag seit dem Erwachen überschattete? Tot.
    Unsinn, blanker Unsinn. Warze war auf keinen Fall tot - er war jung und stark und nicht zum ersten Mal im Wald unterwegs. Mit beiden Händen fuhr Bastian sich durch sein verschwitztes Haar. Er musste dringend etwas trinken und wieder einen klaren Kopf bekommen. Vielleicht würde er dann zumindest begreifen, warum Sandra Lisbeth immer noch fest im Arm hielt und sanft hin und her wiegte.
    »Ist sie wegen Warze so fertig?«
    Ein vorwurfsvoller Blick aus Sandras Augen machte ihm klar, dass er völlig falschlag.
    »Das mit Warze beunruhigt sie, aber es ist … wegen des Medaillons. Es ist noch nicht wieder aufgetaucht. Georg sucht sich seit Stunden einen Wolf, er ist fuchsteufelswild.« Sie lachte kurz auf. »Vielleicht hat Warze es mitgehen lassen, bevor er abgehauen ist.«
    »Was? Seid ihr alle irre? Hier ist ein Mensch verschwunden und ihr macht euch ins Hemd wegen eines beschissenen Stücks Blech?« Er hatte geschrien und wusste, dass er das gleich bedauern würde, denn Lisbeth schluchzte laut auf und Sandras Miene verdüsterte sich.
    »Du hast doch keine Ahnung!«, fuhr sie ihn an.
    »Dann sei so freundlich und klär mich auf. Selbst wenn da Diamanten drin sind, kann das Ding doch nicht wichtiger sein als die Gesundheit eines Freundes! Habt ihr euch noch nicht klargemacht, dass etwas wirklich Schlimmes passiert sein könnte? Ach, was heißt könnte! « Er bemerkte erst jetzt, dass er wieder laut geworden war, aber er würde noch nicht damit aufhören, dafür tat es zu gut. »Vielleicht liegt er mit gebrochenem Rückgrat gelähmt am Fuß eines Felsens. Möglicherweise ist er auch tot, gar nicht unwahrscheinlich, sonst hätten wir ihn ja irgendwann um Hilfe rufen hören müssen. Aber ihr habt recht, das ist alles nichts im Vergleich zu Lisbeths verloren gegangenem Modeschmuck!«
    Lisbeth wand sich aus Sandras Umarmung, sprang auf und stürzte davon. Sie wirkte nicht ganz sicher auf den Beinen, als sie auf den Wald zulief, im Rennen rempelte sie Doro an, die beinahe in das offene Grab fiel, taumelte gegen Arno und verschwand dann zwischen den Bäumen.
    »Glückwunsch!« Ein Blick, triefend vor Verachtung, und schon lief Sandra ihrer Freundin hinterher.
    Bastian atmete tief durch und schloss die Augen. Immer noch durchströmte ihn das gute Gefühl, den unerträglichen Druck in seinem Inneren verringert zu haben, allerdings vermischt mit dem wachsenden Bewusstsein, dass er ein Idiot war. Dazwischen tanzte das Wort, an das er nicht denken wollte, schwebte wie ein düsteres Gespenst durch sein Bewusstsein.
    Tot, tot, tot …
    Er ging zu Iris, die neben der kalten Feuerstelle saß und sich das Zeug aus den Haaren zog, das bei ihrem Querfeldeinlauf darin hängen geblieben war. Steinchen lag rücklings am Boden, keuchend. Wie ein von Erdbeben erschüttertes Bergmassiv.
    »Niemand hat ihn gesehen.«
    Iris nickte bedächtig. »Scheint so. Doro auch nicht. Nette Szene übrigens, die du eben geliefert hast.«
    »Ach, Scheiße, ja. Ist sonst nicht meine Art. Aber ich kapier nicht, wie ihnen Warze so egal sein kann.«
    Sie beobachteten Ralf dabei, wie er von der Latrine kam. Er würdigte sie keines Blickes, sondern ging schnurstracks zu Alma und Arno. Roderick begrüßte ihn schwanzwedelnd, warf sich auf den Rücken und ließ sich kraulen.
    »Er ist immer noch sauer, weil Paul es gewagt hat, das Satellitentelefon zu erwähnen. Ich fasse es nicht«, sagte Bastian.
    »Er bewundert Paul ohne Ende.« Iris kämpfte mit einem dünnen Ästchen, das sich mit seiner rauen Oberfläche in ihrem Haar verankert hatte. »Gibt sich höllisch viel Mühe, um ihn zu beeindrucken. Weißt du, in Wahrheit ist Ralf ein armes Schwein ohne Freunde. Lebt bei seiner Großmutter.« Endlich hatte sie den Kampf gegen das Holzstückchen gewonnen und warf es in weitem

Weitere Kostenlose Bücher