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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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sprich es aus.
    LEBJADKIN
    Denkst du, ich traue mich nicht?
    SCHATOW
    Genau, du bist ein Feigling, Hauptmann hin oder her. Außerdem hast du Angst vor deinem Herrn.
    LEBJADKIN
    Man provoziert mich, Sie sind mein Zeuge, mein Herr! Nun, willst du wissen, wollen Sie wissen, wessen Frau sie ist?
    ( GRIGOREJEW macht einen Schritt.)
    SCHATOW
    Wessen Frau? Das wagst du nicht.
    LEBJADKIN
    Sie ist … sie ist …
    ( MARJA TIMOFEJEWNA tritt vor, mit geöffnetem Mund, bleibt aber stumm.)
    Dunkel
    DER ERZÄHLER
    Wessen Frau war diese unglückliche Kranke? Stimmte es, dass Dascha entehrt worden war, und wenn ja, von wem? Wer hatte Schatows Frau verführt? Nun, wir werden bald die Antwort erfahren. In diesem Augenblick, als die Spannung in unserer kleinen Stadt derart anwuchs, tauchte eine weitere Person auf, mit einer Fackel, die alles in Brand setzte und alle bloßstellte. Und glauben Sie mir, seine Mitbürger samt und sonders nackt zu sehen ist eine harte Prüfung. Der Sohn des Humanisten also, der Spross des liberalen Stepan Trofimowitsch, nämlich Pjotr Werchowenski, tauchte auf, als man am wenigsten darauf gefasst war.
    Viertes Bild
    (Bei Warwara Stawrogina. GRIGOREJEW und STEPAN TROFIMOWITSCH .)
    STEPAN
    Ach, lieber Freund, jetzt wird sich alles entscheiden. Wenn Dascha ja sagt, bin ich Sonntag ein verheirateter Mann, und das ist nicht komisch.
    [Nun denn, meine liebe Warwara Stawrogina hat mich gebeten, heute zu kommen, damit alles besprochen werden kann, und ich werde ihr gehorchen. Habe ich mich ihr gegenüber nicht unwürdig benommen?
    GRIGOREJEW
    Aber nein, Sie waren einfach durcheinander.
    STEPAN
    Doch, mein Verhalten war unwürdig. Wenn ich nur daran denke, wie großmütig und mitleidig diese Frau ist, wie duldsam sie meinen hässlichen Fehlern begegnet. Ich bin ein launisches, egoistisches Kind, allerdings kein unschuldiges. Seit zwanzig Jahren betreut sie mich jetzt. Und was tue ich, ausgerechnet jetzt, wo sie diese fürchterlichen anonymen Briefe bekommt …
    GRIGOREJEW
    Anonyme Briefe?
    STEPAN
    Ja, stellen Sie sich das nur vor: Man schreibt ihr, dass Nikolai sein Gut Lebjadkin übertragen hat. Dieser Nikolai ist ein Ungeheuer. Die arme Lisa! Sie lieben sie, ich weiß das.
    GRIGOREJEW
    Wie können Sie sich erlauben …
    STEPAN
    Schon gut, schon gut, ich habe nichts gesagt. Mawriki Nikolajewitsch liebt sie ja auch, vergessen Sie das nicht. Der Ärmste, in seiner Haut will ich nicht stecken. In meiner eigenen ist mir übrigens auch nicht besonders wohl.]
    Wie auch immer, ich muss es Ihnen sagen, auch wenn ich mich schäme: Ich habe Dascha geschrieben.
    GRIGOREJEW
    Um Gottes willen! Was denn?
    STEPAN
    Ach … Nun ja … Ich habe auch Nikolai geschrieben.
    GRIGOREJEW
    Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?
    STEPAN
    Es geschah in der besten Absicht. Stellen Sie sich doch vor, wenn in der Schweiz wirklich etwas vorgefallen wäre, nur ein Anfang vielleicht, ein kleiner, winzig kleiner Anfang. Da muss ich doch ihre Herzen befragen, damit ich sie nicht in eine Zwangslage bringe. Sie sollen wissen, dass ich weiß, damit sie frei sein können. Ich habe das aus reinem Edelmut getan.
    GRIGOREJEW
    Trotzdem ist es eine Dummheit!
    STEPAN
    Ja, ja, Sie haben recht. Aber passiert ist passiert. Ich habe auch meinem Sohn geschrieben. Außerdem, was soll das Ganze! Ich werde Dascha heiraten, selbst wenn damit eine fremde Sünde gedeckt werden soll.
    GRIGOREJEW
    Sagen Sie das nicht!
    STEPAN
    Wenn dieser Sonntag bloß nie kommen würde! Kann man ihn nicht einfach ausfallen lassen? Was würde es Gott kosten, ein Wunder zu tun und einen einzigen Sonntag aus dem Kalender zu streichen, und sei es bloß, um den Atheisten seine Allmacht zu beweisen und ihnen den Mund zu stopfen. Ich liebe sie so, liebe sie seit zwanzig Jahren! Glaubt sie vielleicht, ich heirate aus Angst oder Armut? Nein, nur um ihretwillen.
    GRIGOREJEW
    Wen meinen Sie?
    STEPAN
    Warwara natürlich. Sie ist seit zwanzig Jahren die einzige Frau, die ich verehre.
    ( ALEXEJ JEGOROWITSCH führt SCHATOW herein.)
    Ah! Da kommt unser jähzorniger Freund! Sie wollen Ihre Schwester besuchen, nehme ich an …
    SCHATOW
    Nein. Warwara Stawrogina will mich in einer Sache sehen, die mich betrifft. Ich glaube, so drückt es die Polizei bei Vorladungen aus.
    STEPAN
    Aber nein, nicht doch! Das ist genau die treffende Formulierung, auch wenn ich nicht weiß, worum es geht und ob es Sie betrifft. Unsere Warwara ist jedenfalls in der Kirche, und Dascha ist auf ihrem Zimmer. Soll ich

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