Saemtliche Dramen
sie rufen lassen?
SCHATOW
Nein.
STEPAN
Dann nicht. Umso besser. Je später, desto besser. Sie kennen sicher Warwaras Pläne für Dascha.
SCHATOW
Ja.
STEPAN
Ausgezeichnet, ausgezeichnet! Dann brauchen wir nicht mehr davon zu reden! Natürlich verstehe ich, dass Sie überrascht sind. Ich war es ja auch. So schnell …
SCHATOW
Seien Sie still.
STEPAN
Gut. Und Sie seien höflich, mein lieber Schatow, wenigstens heute. Ja, haben Sie Nachsicht mit mir. Mein Herz ist schwer.
( WARWARA STAWROGINA und PRASKOWJA DROSDOWA , gestützt von MAWRIKI NIKOLAJEWITSCH , kommen herein.)
PRASKOWJA
So ein Skandal! So ein Skandal! Und Lisa ist in die Sache verwickelt …
WARWARA (läutet)
Sei still! Wo siehst du einen Skandal? Das arme Mädchen ist von Sinnen. Etwas mehr Nächstenliebe bitte, meine liebe Praskowja!
STEPAN
Wie? Was ist passiert?
WARWARA
Nichts. Ein armes, verkrüppeltes Wesen hat sich am Ausgang der Kirche vor mir zu Boden geworfen und mir die Hand geküsst.
( ALEXEJ JEGOROWITSCH kommt herein.)
Kaffee … Und die Pferde sollen nicht abgespannt werden!
PRASKOWJA
Vor allen Leuten, sie standen um uns herum!
WARWARA
Natürlich vor allen Leuten! Gott sei Dank war die Kirche voll! Ich habe ihr zehn Rubel gegeben und ihr auf die Beine geholfen. Lisa wollte sie nach Hause bringen.
LISA (tritt ein; sie führt MARJA TIMOFEJEWNA an der Hand)
Nein, ich habe nachgedacht und glaube, Sie alle würden Marja Lebjadkina gern näher kennenlernen.
MARJA
Wie schön es hier ist! (Bemerkt SCHATOW ) Wie, du hier, Schátuschka? Was treibst du in der feinen Gesellschaft?
WARWARA (zu SCHATOW )
Sie kennen diese Frau?
SCHATOW
Ja.
WARWARA
Wer ist sie?
SCHATOW
Sehen Sie doch selbst.
( WARWARA STAWROGINA betrachtet MARJA beklommen. ALEXEJ JEGOROWITSCH bringt ein Tablett mit Kaffee herein.)
WARWARA (zu MARJA )
Vorhin war Ihnen kalt, meine Liebe. Trinken Sie eine Tasse Kaffee, das wird Sie wärmen.
MARJA (lächelt)
Ja. Oh! Ich habe Ihnen noch nicht den Schal zurückgegeben, den Sie mir geliehen haben.
WARWARA
Behalten Sie ihn. Er gehört Ihnen. Setzen Sie sich und trinken Sie Ihren Kaffee. Keine Angst.
STEPAN
Meine liebe Freundin …
WARWARA
Ah! Sie sind bitte still, die Situation ist kompliziert genug, auch ohne dass Sie sich einmischen! Alexej, bitte Dascha herunter.
PRASKOWJA
Lisa, wir müssen uns jetzt zurückziehen. Dein Platz ist nicht hier. Wir haben in diesem Haus nichts mehr verloren.
WARWARA
Das war ein Satz zu viel, Praskowja. Danke Gott, dass hier nur Freunde sind.
PRASKOWJA
Wenn es Freunde sind, umso besser. Ich fürchte mich aber nicht vor der öffentlichen Meinung, ich nicht. Du mit deinem Stolz zitterst vor allem und jedem. Du bist es, die hier Angst vor der Wahrheit hat.
WARWARA
Vor welcher Wahrheit, Praskowja?
PRASKOWJA
Dieser.
(Deutet mit dem Finger auf MARJA TIMOFEJEWNA , die sich bei diesem Anblick vor Lachen ausschüttet. WARWARA STAWROGINA richtet sich auf, erbleicht und murmelt unhörbar etwas. DASCHA tritt hinten ein, nur von STEPAN TROFIMOWITSCH bemerkt.)
STEPAN (nach einigen kleinen Bewegungen, mit denen er WARWARA STAWROGINA s Aufmerksamkeit erregen will)
Da ist Dascha.
MARJA
Oh! Ist sie schön! Na wirklich, Schátuschka, deine Schwester sieht dir nicht ähnlich.
WARWARA (zu DASCHA )
Kennst du diese Person?
DASCHA
Ich habe sie noch nie gesehen. Aber ich nehme an, sie ist Lebjadkins Schwester.
MARJA
Ja, Lebjadkin ist mein Bruder. Aber vor allem ist er mein Lakai. Ich kenne Sie auch nicht, meine Liebe. Trotzdem wollte ich Sie kennenlernen, besonders, seit mein Lakai mir gesagt hat, Sie hätten ihm Geld gegeben. Jetzt bin ich zufrieden, Sie sind reizend, jawohl, reizend.
WARWARA
Was für Geld?
DASCHA
Nikolai Stawrogin hat mich in der Schweiz beauftragt, Marja Lebjadkin eine bestimmte Summe auszuhändigen.
WARWARA
Nikolai?
DASCHA
Ja, er.
WARWARA (nach einer kleinen Pause)
Gut. Wenn er das getan hat, ohne es mir zu sagen, dann hat er seine Gründe gehabt, und ich brauche sie nicht zu erfahren. Aber in Zukunft musst du vorsichtiger sein. Dieser Lebjadkin hat keinen guten Ruf.
MARJA
Nein, wirklich nicht! Falls er kommt, schicken Sie ihn am besten gleich in die Küche, da gehört er hin. Kaffee kann man ihm anbieten. Aber ich verachte ihn zutiefst.
ALEXEJ (kommt herein)
Ein gewisser Herr Lebjadkin wünscht dringend eingelassen zu werden.
MAWRIKI
Verzeihen Sie, gnädige Frau, aber diesen Menschen kann man nicht empfangen.
WARWARA
Ich empfange ihn
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