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Saemtliche Dramen

Saemtliche Dramen

Titel: Saemtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Camus
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zwei Abschnitte unterteilen können: vom Gorilla bis zur Abschaffung Gottes und von der Abschaffung Gottes bis …
    GRIGOREJEW
    Zum Gorilla.
    KIRILLOW
    Bis zur Gottwerdung des Menschen. (Unvermittelt wieder ruhig) Wer wagt, sich umzubringen, der ist Gott. Das hat noch niemand gedacht. Außer mir.
    GRIGOREJEW
    Es hat schon Millionen von Selbstmördern gegeben.
    KIRILLOW
    Aber nie aus diesem Grund. Immer aus Angst. Nie, um die Angst zu töten. Wer sich tötet, um die Angst zu töten, der wird Gott sein.
    GRIGOREJEW
    Ich fürchte, er wird es nicht lange genießen können.
    KIRILLOW (steht auf. Sanft, wie verächtlich)
    Schade. Sie scheinen darüber zu spotten.
    GRIGOREJEW
    Entschuldigen Sie, das wollte ich nicht. Aber das Ganze ist so seltsam.
    KIRILLOW
    Warum seltsam? Seltsam ist, dass man leben kann, ohne an all dies zu denken. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Mein ganzes Leben schon denke ich an nichts anderes. (Macht ihm Zeichen, sich vorzubeugen. GRIGOREJEW beugt sich vor.) Mein ganzes Leben schon hat Gott mir keine Ruhe gelassen.
    GRIGOREJEW
    Warum reden Sie so mit mir? Sie kennen mich doch gar nicht.
    KIRILLOW
    Sie sehen meinem Bruder ähnlich, der seit sieben Jahren tot ist.
    GRIGOREJEW
    Hat er starken Einfluss auf Sie gehabt?
    KIRILLOW
    Nein. Er schwieg stets. Aber Sie sehen ihm sehr ähnlich, außerordentlich ähnlich sogar.
    ( SCHATOW tritt ein. KIRILLOW steht auf.)
    Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass Herr Grigorejew schon seit einiger Zeit auf Sie wartet. (Er geht hinaus.)
    SCHATOW
    Was hat er denn?
    GRIGOREJEW
    Ich weiß nicht. Wenn ich recht verstanden habe, meint er, wir sollen uns umbringen, um Gott zu beweisen, dass es ihn nicht gibt.
    SCHATOW
    Ja, er ist Nihilist. Er hat sich diese Krankheit in Amerika zugezogen.
    GRIGOREJEW
    In Amerika?
    SCHATOW
    Dort habe ich ihn kennengelernt. Wir sind gemeinsam fast an Hunger verreckt, haben nebeneinander auf dem blanken Erdboden geschlafen.
    [Das war in der Zeit, in der ich noch dachte wie all diese Würstchen. Wir waren dorthin gereist, um am eigenen Leibe zu erfahren, wie es um einen Menschen bestellt ist, der unter den härtesten sozialen Bedingungen leben muss.
    GRIGOREJEW
    Du lieber Himmel! Warum in die Ferne schweifen? Sie hätten sich nur zwanzig Kilometer von hier zur Ernte verdingen müssen.
    SCHATOW
    Ich weiß. Da können Sie sehen, wie verrückt wir waren. Er ist es immer noch, obwohl, in ihm lebt eine wahrhaftige Leidenschaft und Entschlossenheit, die ich bewundere. Er wäre ohne ein Wort krepiert.]
    Zum Glück sandte ein großzügiger Freund uns Geld, damit wir heimkehren konnten. (Schaut GRIGOREJEW an) Sie fragen mich nicht, wer das war?
    GRIGOREJEW
    Wer denn?
    SCHATOW
    Nikolai Stawrogin. (Stille.)
    Und jetzt denken Sie, Sie wissen, warum er das tat?
    GRIGOREJEW
    Ich höre nicht auf Gerüchte.
    SCHATOW
    Ja, man erzählt sich, er hätte ein Verhältnis mit meiner Frau gehabt. Wennschon. (Schaut ihn starr an) Ich habe ihm das Geld noch nicht zurückgegeben. Aber ich werde es tun. Ich möchte mit diesen Leuten nichts mehr zu schaffen haben. (Pause.)
    Wissen Sie, Grigorejew, diese ganzen Liputins, Schigalews und wie sie alle heißen, der Sohn von Stepan Trofimowitsch, und sogar Nikolai Stawrogin, wissen Sie, was die alle vereint? Hass. ( GRIGOREJEW macht eine Handbewegung.) Doch. Sie hassen ihr Land. Wenn das Land durch Reformen auf einmal ungeheuer reich und glücklich würde, dann wären sie wahrscheinlich zu Tode betrübt. Sie könnten auf niemanden mehr spucken. Jetzt aber können sie auf ihr Land spucken und ihm alles Schlechte wünschen.
    GRIGOREJEW
    Und Sie, Schatow?
    SCHATOW
    Ich liebe Russland, auch wenn ich seiner nicht mehr würdig bin. Sein Unglück und meine Unwürdigkeit machen mich beide traurig. Und meine ehemaligen Freunde werfen mir vor, ich hätte sie verraten. (Wendet sich ab) Ich müsste Geld verdienen, um meine Schuld bei Stawrogin zu tilgen. Unbedingt müsste ich das.
    GRIGOREJEW
    Ich wollte eben …
    (Es klopft. SCHATOW geht öffnen. LISA DROSDOWA tritt ein, sie trägt ein Bündel Zeitungen.)
    LISA (zu GRIGOREJEW , dann schaut sie sich beim Reden forschend um)
    Oh! Sie sind schon hier! (Geht auf ihn zu) Da hatte ich gestern bei Stepan Trofimowitsch also recht mit dem Eindruck, dass Sie mir freundich gesinnt sind. Haben Sie schon mit diesem Herrn Schatow gesprochen?
    GRIGOREJEW
    Hier ist er. Aber ich habe noch keine Zeit gehabt … Schatow, Jelisaweta Drosdowa, die Sie dem Namen nach kennen, hatte mich beauftragt,

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