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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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die Grau’n, nicht Lust erregt?
    Die Welt soll richten, ob’s nicht sonnenklar,
    Daß du mit Höllenkunst auf sie gewirkt,
    Mit Gift und Trank verlockt ihr zartes Alter,
    Den Sinn zu schwächen: – untersuchen soll man’s;
    Denn glaubhaft ist’s, handgreiflich dem Gedanken.
    Drum nehm’ ich dich in Haft und zeihe dich
    Als einen Volksbetörer, einen Zaubrer,
    Der unerlaubte, böse Künste treibt. –
    Legt Hand an ihn, und setzt er sich zur Wehr,
    Zwingt ihn, und gölt’s sein Leben!
    Othello
.
    Steht zurück,
    Ihr, die für mich Partei nehmt, und ihr andern! –
    War Fechten meine Rolle, nun, die wußt’ ich
    Auch ohne Stichwort. – Wohin soll ich folgen
    Und Eurer Klage stehn?
    Brabantio
.
    In Haft; bis Zeit und Form
    Im Lauf des graden Rechtsverhörs dich ruft
    Zur Antwort.
    Othello
.
    Wie denn nun, wenn ich gehorchte? –
    Wie käme das dem Herzog wohl erwünscht,
    Des Boten hier an meiner Seite stehn,
    Mich wegen dringenden Geschäfts im Staat
    Vor ihn zu führen?
    Gerichtsdiener
.
    So ist’s, ehrwürd’ger Herr:
    Der Herzog sitzt zu Rat, und Euer Gnaden
    Ward sicher auch bestellt.
    Brabantio
.
    Im Rat der Herzog?
    Jetzt um die Mitternacht? – Führt ihn dahin;
    Nicht schlecht ist mein Gesuch. Der Herzog selbst,
    Und jeglicher von meinen Amtsgenossen,
    Muß fühlen meine Kränkung wie sein eigen:
    Denn läßt man solche Untat straflos schalten,
    Wird Heid’ und Sklav’ bei uns als Herrscher walten.
    Sie gehen ab.
    ¶

Dritte Szene
    Saal im herzoglichen Palast.
    Der Herzog und die Senatoren an einer Tafel sitzend.
    Herzog
.
    In diesen Briefen fehlt Zusammenhang,
    Der sie beglaubigt.
    Erster Senator
.
    Jawohl, sie weichen von einander ab;
    Mein Schreiben nennt mir hundertsechs Galeeren.
    Herzog
.
    Und meines hundertvierzig.
    Zweiter Senator
.
    Meins, zweihundert.
    Doch stimmt die Zahl auch nicht genau zusammen –
    Wie insgemein, wenn sie Gerüchte melden,
    Der Inhalt abweicht –, doch erwähnen alle
    Der türk’schen Flotte, die gen Cypern segelt.
    Herzog
.
    Gewiß, erwägen wir’s, so scheint es glaublich;
    Ich will mich nicht im Irrtum sicher schätzen,
    Vielmehr den Hauptartikel halt’ ich wahr,
    Und Furcht ergreift mich.
    Matrose
draußen.
    Ho! hallo! hallo! –
    Ein Beamter tritt auf, dem ein Matrose folgt.
    Beamter
.
    Botschaft von den Galeeren!
    Herzog
.
    Nun? Was gibt’s?
    Matrose
.
    Der Türken Kriegsbewegung geht auf Rhodus;
    So ward mir Auftrag, dem Senat zu melden,
    Vom Signor Angelo.
    Herzog
.
    Wie dünkt der Wechsel euch? –
    Erster Senator
.
    So kann’s nicht sein,
    Nach keinem Grund und Fug; es ist ’ne Maske,
    Den Blick uns fehl zu leiten. Denken wir,
    Wie wichtig Cypern für den Türken sei,
    Und wiederum, gestehn wir selber ein,
    Daß, wie’s dem Türken mehr verlohnt als Rhodus,
    Er auch mit leichterm Aufwand sich’s erobert,
    Dieweil es nicht so kriegsgerüstet steht
    Und aller Wehr und Festigkeit entbehrt,
    Mit der sich Rhodus schirmt: wer dies erwägt,
    Der wird den Türken nicht so töricht achten,
    Das Nächstgelegne bis zuletzt zu sparen
    Und, leichten Vorteil und Gewinn versäumend,
    Nutzlos Gefahr zum Kampfe sich zu wecken.
    Herzog
.
    Ja, seid gewiß, er denkt an Rhodus nicht.
    Beamter
.
    Seht! Neue Botschaft!
    Ein Bote tritt auf.
    Bote
.
    Die Ottomanen, weise, gnäd’ge Herrn,
    In gradem Lauf zur Insel Rhodus steuernd,
    Vereinten dort sich mit der Nebenflotte.
    Erster Senator
.
    Nun ja, so dacht’ ich mir’s; – wie stark an Zahl?
    Bote
.
    An dreißig Segel; und jetzt wenden sie
    Rücklaufend ihren Lauf, und ohne Hehl
    Gilt ihre Absicht Cypern. Herr Montano,
    Eu’r sehr getreuer und beherzter Diener,
    Entbeut, mit seiner Pflicht, Euch diese Nachricht,
    Und hofft, Ihr schenkt ihm Glauben.
    Herzog
.
    Nach Cypern dann gewiß. –
    Marcus Lucchese, ist er in Venedig? –
    Erster Senator
.
    Er reiste nach Florenz.
    Herzog
.
    Schreibt ihm von uns; schnell, windschnell komm’ er; eilt!
    Erster Senator
.
    Hier kommt Brabantio und der tapfre Mohr.
    Brabantio, Othello, Jago, Rodrigo und Gerichtsdiener treten auf.
    Herzog
.
    Tapfrer Othello, Ihr müßt gleich ins Feld
    Wider den allgemeinen Feind, den Türken. –
    Zu Brabantio.
    Ich sah Euch nicht; willkommen, edler Herr!
    Uns fehlt’ Eu’r Rat und Beistand diese Nacht.
    Brabantio
.
    Und Eurer mir, mein güt’ger Fürst, verzeiht mir!
    Nicht Amtsberuf noch Nachricht von Geschäften
    Trieb mich vom Bett; nicht allgemeine Sorge
    Erfüllt mich jetzt: denn mein besondrer Gram
    Gleich einer Springflut strömt so wild

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