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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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einst die günst’ge Stund’ und gab
    Ihr Anlaß, daß sie mich recht herzlich bat,
    Die ganze Pilgerschaft ihr zu erzählen,
    Von der sie stückweis einzelnes gehört,
    Doch nicht in strenger Folge. Ich begann,
    Und oftmals hatt’ ich Tränen ihr entlockt,
    Wenn ich ein leidvoll Abenteu’r berichtet
    Aus meiner Jugend. Als ich nun geendigt,
    Gab sie zum Lohn mir eine Welt von Seufzern:
    Sie schwur – in Wahrheit, seltsam! Wunderseltsam!
    Und rührend war’s! unendlich rührend war’s! –
    Sie wünschte, daß sie’s nicht gehört; doch wünschte sie,
    Der Himmel habe sie als solchen Mann
    Geschaffen, und sie dankte mir, und bat mich,
    Wenn je ein Freund von mir sie lieben sollte,
    Ich mög’ ihn die Geschicht’ erzählen lehren,
    Das würde sie gewinnen. Auf den Wink
    Erklärt’ ich mich:
    Sie liebte mich, weil ich Gefahr bestand;
    Ich liebte sie um ihres Mitleids willen:
    Das ist der ganze Zauber, den ich brauchte;
    Hier kommt das Fräulein, laßt sie dies bezeugen!
    Desdemona, Jago und Gefolge treten auf.
    Herzog
.
    Nun, die Geschichte hätt’ auch meine Tochter
    Gewonnen. Würdiger Brabantio,
    Nehmt, was versehn ward, von der besten Seite:
    Man ficht doch lieber mit zerbrochnem Schwert,
    Als mit der bloßen Hand.
    Brabantio
.
    Hört sie, ich bitt’ Euch:
    Bekennt sie, daß sie halb ihm kam entgegen,
    Fluch auf mein Haupt, wenn meine bittre Klage
    Den Mann verunglimpft! – Komm her, junge Dame:
    Wen siehst du hier in diesem edlen Kreis,
    Dem du zumeist Gehorsam schuldig bist?
    Desdemona
.
    Mein edler Vater,
    Ich sehe hier zwiefach geteilte Pflicht:
    Euch muß ich Leben danken und Erziehung,
    Und Leben und Erziehung lehren mich
    Euch ehren; Ihr seid Herrscher meiner Pflicht,
    Wie ich Euch Tochter. Doch hier steht mein Gatte,
    Und so viel Pflicht, als meine Mutter Euch
    Gezeigt, da sie Euch vorzog ihrem Vater,
    So viel muß ich auch meinem Gatten widmen,
    Dem Mohren, meinem Herrn.
    Brabantio
.
    Gott sei mit dir!
    Ich bin zu Ende –
    Geliebt’s Eu’r Hoheit, jetzt zu Staatsgeschäften –
    O zeugt’ ich nie ein Kind, und wählt’ ein fremdes! –
    Tritt näher, Mohr! –
    Hier geb’ ich dir von ganzem Herzen hin,
    Was, hätt’st du’s nicht, ich dir von ganzem Herzen
    Verweigerte. – Um deinetwillen, Kleinod,
    Erfreut’s mich, daß kein zweites Kind mir ward;
    Durch deine Flucht wär’ ich tyrannisch worden,
    Und legt’ ihr Ketten an. – Ich bin zu Ende.
    Herzog
.
    Ich red’ an Eurer Statt und fäll’ ein Urteil,
    Das einer Staffel gleich den Liebenden
    Behülflich sei.
    Wem nichts mehr hilft, der muß nicht Gram verschwenden,
    Und wer das Schlimmste sah, die Hoffnung enden;
    Unheil beklagen, das nicht mehr zu bessern,
    Heißt um so mehr das Unheil nur vergrößern.
    Was nicht zu retten, laß dem falschen Glück,
    Und gib Geduld für Kränkung ihm zurück!
    Zum Raube lächeln, heißt den Dieb bestehlen,
    Doch selbst beraubst du dich durch nutzlos Quälen.
    Brabantio
.
    So mögt Ihr Cypern nur den Türken gönnen;
    Wir haben’s noch, solang’ wir lächeln können.
    Leicht trägt den Spruch, wen andre Last nicht drückt,
    Und wen der selbstgefundne Trost erquickt;
    Doch fühlt er sein Gewicht bei wahren Sorgen,
    Wenn’s gilt, von der Geduld die Zahlung borgen.
    Bitter und süß sind all derlei Sentenzen,
    Die, so gebraucht, an Recht und Unrecht grenzen;
    Doch Wort bleibt Wort – noch hab’ ich nie gelesen,
    Daß durch das Ohr ein krankes Herz genesen.
    – Ich bitt’ Euch inständig, gehn wir an die Staatsgeschäfte!
    Herzog
. Der Türke segelt mit gewaltiger Kriegsrüstung gegen Cypern. Othello, Euch ist die Festigkeit des Orts am besten bekannt, und obgleich wir dort einen Statthalter von unbestrittner Fähigkeit besitzen, so hegt doch die öffentliche Meinung, jene unbeschränkte Gebieterin des Erfolgs, eine größere Zuversicht zu Euch. Ihr müßt Euch deshalb gefallen lassen, den Glanz Eures neuen Glücks durch diese rauhe und stürmische Unternehmung zu verdunkeln.
    Othello
.
    Die eiserne Gewohnheit, edle Herrn,
    Schuf mir des Krieges Stahl- und Felsenbett
    Zum allerweichsten Flaum; ich rühme mich
    Natürlicher und rascher Munterkeit
    Im schwersten Ungemach, und bin bereit
    Zum jetz’gen Feldzug mit dem Muselmann.
    In Demut drum mich neigend dem Senat,
    Verlang’ ich Sorg’ und Schutz für mein Gemahl,
    Anständ’ge Rücksicht ihrem Rang und Aufwand,
    Und solche Wohnung, solche Dienerschaft,
    Als ihrem Stand geziemt.
    Herzog
.
    Wenn’s Euch genehm,
    Bei ihrem

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