Sämtliche Dramen
bald, dann wieder
Die erste ihre Schwester überbietend,
Sodaß das Ohr zu keinem Urtheil kam.
Nichts anders war es lang’ bei diesen Vettern,
Bis einer siegte durch des Himmels Schluß.
Mit Stolz und Freude trage deinen Kranz,
Doch den Besiegten sei Gerechtigkeit
Nun schnell von uns gewährt. Ich weiß, ihr Leben
Ist ihnen nur zur Qual. Hier laßt es sein,
Für uns ist das kein Anblick, gehn wir also,
Im Herzen fröhlich, doch nicht ohne Trauer.
Umarme deinen Preis; ich weiß, um nichts
In aller Welt gäbst du ihn wieder her.
Hippolyta, in deinem schönen Auge
Blinkt eine Thräne?!
Emilia
.
Ach, heißt das gewinnen?
O Himmelsmächte, ist das eure Gnade?
Sprächt ihr gebietend nicht: »So soll es sein,
Nun tröste du den armen, freundeslosen,
Den unglückhaften Fürsten, der ein Leben
Geopfert hat, mehr werth als alle Frau’n« –
Ich würde lieber sterben!
Hippolyta
.
Ach, wie traurig,
Daß sich vier Augen wandten auf die eine
Und zwei nun brechen müssen!
Theseus
.
Ja, so ist’s!
(Alle ab.)
¶
Vierte Szene
(Ebendaselbst.)
Palämon mit seinen Rittern gefesselt. Kerkermeister, Henkersleute und andere treten auf. Wache.
Palämon
.
So mancher lebt, der seines Volkes Liebe
Längst überlebt hat, und dasselbe gilt
Von manchen Vätern und von manchen Kindern.
In dem Gedanken liegt ein kleiner Trost,
Wir sterben doch, von andern noch beklagt,
Man wünscht uns, daß wir länger leben möchten.
Des Alters böse Zeit bleibt uns erspart.
Der Gicht und Gliederschmerzen schweren Pein,
Die an des Lebens Ende auf uns lauert,
Entgehen wir. Wir kommen zu den Göttern
Noch jung und frisch, von Lastern und Verbrechen
Noch nicht befleckt. So werden sie uns auch
Willkommen heißen und vor jenen andern
Mit Nektar tränken, da wir reine Geister.
Doch immer gebt ihr, liebe Anverwandte,
Zu wohlfeil euer junges Leben noch
Für diesen kümmerlichen Trost dahin.
Erster Ritter
.
Wir sind mit solchem guten Tod zufrieden.
Die Sieger hatten nur für sich das Glück,
Dem der Erfolg gewiß, wie uns der Tod.
An keines Körnchens Ehre überwiegen
Sie uns!
Zweiter Ritter
.
Laßt Lebewohl uns sagen, Brüder,
Und setzen wir das wankelmüth’ge Glück
Durch unsere Geduld in helle Wuth!
Dritter Ritter
.
Wer macht den Anfang?
Palämon
.
Wem als mir, der euch
Zu dem Bankete führte, käm’ es zu,
Davon zuerst zu kosten? –
(Zum Kerkermeister.)
Ha, mein Freund,
Dein holdes Kind gab mir einmal die Freiheit,
Du sollst sie nun für alle Zeit mir geben.
Wie geht es ihr? Man sagte, sie sei krank?
Daß sie so leiden muß, betrübt mich sehr!
Kerkermeister
.
Sie ist genesen, Herr, und hält bald Hochzeit.
Palämon
.
Bei meinem Restchen Leben, das ist schön,
Das freut mich, sag’ ihr das, grüß’ sie von mir
Und gib ihr dies!
(Er gibt ihm seine Börse.)
Erster Ritter
.
Wir steuern alle bei!
Zweiter Ritter
.
Ist sie noch Jungfrau?
Palämon
.
Ja gewiß, das denk’ ich,
Ein gutes, liebes Wesen, dem ich mehr
Verdanke, als ich sagen kann und lohnen!
(Sie geben dem Kerkermeister alle ihre Börsen.)
Kerkermeister
.
Nehmt ihren Dank, die Götter lohnen’s euch!
Palämon
.
Und nun lebt wohl! Mach’s kurz mit meinem Leben,
Wie ich mit meinem Abschied!
Erster Ritter
.
Führ’ uns an,
Wir folgen willig dir, geliebter Bruder!
(Palämon legt sein Haupt auf den Block. Man hört hinter der Bühne Geräusch und die Rufe: »Lauft, rettet, halt!« Ein Bote tritt eilig auf.)
Bote
.
Halt, halt, ums Himmels willen, haltet ein!
(Pirithous tritt eilig auf.)
Pirithous
.
Halt ein, halt ein! Verwünscht sei Eure Hast,
Wie leicht wär’s nicht geschehn! – Edler Palämon,
Die Götter wollen dir zu ihrem Ruhm
Das Leben noch verlängern!
Palämon
.
Ist es möglich,
Obschon ich sagte, daß mir Venus log?
Wie ging das zu?
Pirithous
.
Erheb’ dich, edler Herr,
Und leih’ dein Ohr der Nachricht, die ich bringe,
Die freudevoll zugleich schmerzlich ist!
Palämon
.
Was weckt uns so aus unserm Traum?
Pirithous
.
Vernimm!
Das Roß, das ihm Emilia jüngst geschenkt,
Bestieg Arcites. Schwarz ist’s wie die Nacht,
Kein weißes Haar an ihm, was seinen Werth,
Wie manche meinen, eben nicht vermehrt,
Da es vorweg auf Tücke schließen läßt;
Wer abergläubisch ist, wird ihm nicht trau’n.
Auf diesem Pferd durchritt Arcit die Straßen
Athens, – langsamen Schritts, als ob die Steine
Er zählen wolle, während ja das Thier,
Hätt’ seine Kunst der Reiter zeigen
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