Sämtliche Dramen
Gegenstand;
Ihm stehet Schwermuth gut, Arciten Frohsinn,
Doch ist Palämon’s Traurigkeit nichts weiter
Als eine Art von Frohsinn, so gemischt,
Als mach’ ihn Frohsinn traurig, Schwermuth fröhlich.
Der finstre Ernst, der andern häßlich steht,
Zeigt sich bei ihm in einer schönen Form.
(Hörnerklang. Dann Trompetenstöße, wie zum Angriff.)
Horch, wie es jetzt zum Kampf die Fürsten ruft.
Wird mich Arcit gewinnen? Wird Palämon
Arciten so verwunden, daß er ihm
Des Leibes Schönheit raubt? O, nur zu sehr
Ist dies zu fürchten! Wäre ich dabei,
Nur Schaden brächt’ es. Ihre Augen würden
Auf mich gerichtet sein; so könnt’ es kommen,
Daß sie versäumten sich zu rechter Zeit
Zu schützen oder vorzugehn zum Angriff.
Nein, besser ist es, daß ich ferne bin.
O, lieber nicht geboren sein, als solchem
Unsel’gen Spiel als Zeuge beizuwohnen.
(Hörnerklang und Rufe hinter der Scene. Man hört »Hoch Palämon!« schreien.)
Was für ein Lärm!
Dienerin
.
Sie rufen: »Hoch Palämon!«
Emilia
.
So siegte er? Ich hab’ es gleich gedacht.
Auf seinem schönen Antlitz lag der Sieg;
Der Männer erster ist er zweifellos.
Ich bitte dich, lauf’ hin und bring’ mir Nachricht,
Wie es dort steht!
(Lärm. Hörnerklang. Erneuerte Rufe: »Hoch Palämon!«)
Dienerin
.
Noch immer: »Hoch Palämon!«
Emilia
.
Lauf hin und frage.
(Dienerin ab.)
Ach, mein armer Ritter,
Du unterlagst! Auf meiner rechten Brust
Trag’ ich dein Bild, Palämon’s auf der linken.
Warum? Ich weiß es nicht, der Zufall that’s,
Es war nicht Absicht. Auf der linken Seite
Da liegt das Herz, die beste Stelle hatte
Palämon.
(Wiederholtes Geschrei, Hörnerschall und Rufen.)
Dieser Stimmen lautes Toben
Bedeutet, daß der Kampf zu Ende ist.
(Die Dienerin kehrt zurück.)
Dienerin
.
Man sagte mir, Palämon hätt’ Arciten
Schon fingerbreit der Säule nah gedrängt,
Sodaß man »Hoch Palämon« hätt’ gerufen;
Da hätten seine Kampfgefährten ihn
Durch ihren Beistand schnell befreit und nun
Sei’n beide Kämpfer handgemein geworden.
Emilia
.
O, daß in Einen sie verwandelt würden!
Was sag’ ich? Gäb’ es auf der Welt ein Weib,
Das solchen Doppelmannes würdig wäre?
Was jedem den besonderen Werth verleiht,
Und einen von dem andern unterscheidet,
Ist schon viel mehr, als eine Frau verdient.
(Hörnerschall. Rufe hinter der Scene: »Arcit, Arcit!«)
Noch immer, wie? Palämon?
Dienerin
.
Nein, sie rufen
»Arcit« jetzt.
Emilia
.
Horch mit beiden Ohren hin,
Ich bitte dich, daß du auch recht verstehst.
(Hörnerschall. Lärm. Geschrei: »Sieg, Sieg, Arcit!«)
Dienerin
.
Sie rufen: »Sieg, Arcit!« Horcht: »Sieg, Arcit!«
Der Hörner Schall zeigt an des Kampfes Ende.
Emilia
.
Mit halbem Blicke konnt’ es jeder sehn,
Kein Schwächling sei Arcit. Aus seinem Auge
Brach mächtig seines Geistes Kraft hervor,
Wie man im Flachs nicht Feuer kann verstecken,
Und niedres Ufer nicht der Wasser Schwall,
Wenn er von wildem Sturm getrieben wird,
Abwehren kann. Vermuthet hab’ ich’s gleich,
Palämon würde unterliegen müssen,
Nur weiß ich nicht, warum ich es vermuthet!?
Vernünft’ge Gründe pflegen nicht Propheten
Zu sein, viel öfter Einbildungen. Sieh,
Da kommen sie.
(Hörnerschall.)
Palämon thut mir leid.
(Theseus, Hippolyta, Pirithous, Arcit als Sieger
nebst Gefolge treten auf.)
Theseus
.
In Furcht und Zagen harret unsre Schwester
Des Ausgangs hier. Vernimm, Emilia,
Kraft himmlischer Entscheidung gaben dir
Die Götter diesen Ritter zum Gemahl,
Ein besserer schlug nie den Feind aufs Haupt.
Reicht Euch die Hände, nimm sie hin – du ihn,
Und solche Lieb’ vereine segnend euch,
Die immer wächst, je mehr ihr selbst vergeht.
Arcites
.
Emilia, – dich zu gewinnen gab ich
Das Köstlichste dahin (dich ausgenommen),
Was ich besaß, doch dünket mich der Preis,
Um den ich solchen Schatz erwarb, gering.
Theseus
.
Er redet von dem besten Ritter, Schwester,
Der je ein edles Roß bestiegen hat;
Ihn lassen unvermählt die Götter sterben,
Daß sein Geschlecht nicht ihnen vor der Welt
Zu ähnlich werde. Denn mit ihm verglichen
Scheint der Alcide nur ein Klumpen Blei,
So hat er mich entzückt. Doch wie ich immer
Sein Lob auch singen mag, darum verliert
Arcit nicht das Geringste, – denn der Große
Fand seinen Größern noch. –
Das Ohr der Nacht
Hört’ ich wetteifernd einst zwei Nachtigallen
Mit wechselseitigem Gesang bestürmen;
Bald lauter diese, jene
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