Sämtliche Dramen
Labyrinth,
Das je ein Mensch betrat; in diesem Handel
Ist mehr, als unter Leitung der Natur
Je vorging: ein Orakel muß darein
Uns Einsicht öffnen.
Prospero
.
Herr, mein Lehenshaupt,
Verstört nicht Eu’r Gemüt durch Grübeln über
Der Seltsamkeit des Handels; wenn wir Muße
Gesammelt, was in kurzem wird geschehn,
Will ich Euch Stück für Stück Erklärung geben,
Die Euch gegründet dünken soll, von jedem
Ereignis, das geschehn: so lang’ seid fröhlich
Und denket gut von allem! –
Beiseit.
Geist, komm her!
Mach’ Caliban und die Gesellen frei,
Lös’ ihren Bann! –
Ariel ab.
Was macht mein gnäd’ger Herr?
Es fehlen vom Gefolg’ Euch noch ein paar
Spaßhafte Bursche, die Ihr ganz vergeßt.
Ariel kommt zurück und treibt Caliban, Stephano und Trinculo in ihren gestohlnen Kleidern vor sich her.
Stephano
. Jeder mache sich nur für alle übrigen zu schaffen, und keiner sorge für sich selbst, denn alles ist nur Glück. – Courage, Blitzungeheuer, Courage!
Trinculo
. Wenn dies wahrhafte Kundschafter sind, die ich im Kopfe trage, so gibt es hier was Herrliches zu sehn.
Caliban
.
O Setebos, das sind mir wackre Geister!
Wie schön mein Meister ist! Ich fürchte mich,
Daß er mich zücht’gen wird.
Sebastian
.
Ha, ha!
Was sind das da für Dinger, Prinz Antonio?
Sind sie für Geld zu Kauf?
Antonio
.
Doch wohl! Der eine
Ist völlig Fisch, und ohne Zweifel marktbar.
Prospero
.
Bemerkt nur dieser Leute Tracht, ihr Herrn,
Und sagt mir dann, ob sie wohl ehrlich sind.
Der mißgeschaffne Schurke – seine Mutter
War eine Hex’, und zwar so stark, daß sie
Den Mond in Zwang hielt, Flut und Ebbe machte
Und außer ihrem Kreis Gebote gab. –
Die drei beraubten mich; und der Halbteufel
(Denn so ein Bastard ist er) war mit ihnen
Verschworen, mich zu morden. Ihr müßt zwei
Von diesen Kerlen kennen als die euren;
Und dies Geschöpf der Finsternis erkenn’ ich
Für meines an.
Caliban
.
Ich werde tot gezwickt!
Alonso
.
Ist dies nicht Stephano, mein trunkner Kellner?
Sebastian
.
Er ist jetzt betrunken: wo hat er Wein gekriegt?
Alonso
.
Und Trinculo ist auch zum Torkeln voll:
Wo fanden sie nur diesen Wundertrank,
Der sie verklärt? Wie kamst du in die Brühe?
Trinculo
. Ich bin so eingepökelt worden, seit ich Euch zuletzt sah, daß ich fürchte, es wird nie wieder aus meinen Knochen herausgehn. Vor den Schmeißfliegen werde ich sicher sein.
Sebastian
. Nun, Stephano, wie geht’s?
Stephano
. O rührt mich nicht an! Ich bin nicht Stephano, sondern ein Krampf.
Prospero
. Ihr wolltet hier auf der Insel König sein, Schurke?
Stephano
. Da wär’ ich ein geschlagner König gewesen.
Alonso
auf Caliban zeigend. Nie sah ich ein so seltsam Ding als dies.
Prospero
.
Er ist so ungeschlacht in seinen Sitten
Als von Gestalt. – Geh, Schurk’, in meine Zelle,
Nimm deine Spießgesellen mit: wo du
Vergebung wünschest, putze nett sie auf!
Caliban
.
Das will ich, ja; will künftig klüger sein
Und Gnade suchen: welch dreifacher Esel
War ich, den Säufer für ’nen Gott zu halten
Und anzubeten diesen dummen Narr’n!
Prospero
.
Mach’ zu! Hinweg!
Alonso
.
Fort! Legt den Trödel ab, wo ihr ihn fandet!
Sebastian
.
Vielmehr, wo sie ihn stahlen.
Caliban, Stephano und Trinculo ab.
Prospero
.
Ich lade Eure Hoheit nebst Gefolge
In meine arme Zell’, um da zu ruhn
Für diese eine Nacht, die ich zum Teil
Mit solchen Reden hinzubringen denke,
Worunter sie, wie ich nicht zweifle, schnell
Wird hingehn: die Geschichte meines Lebens
Und die besondern Fälle, so geschehn,
Seit ich hieher kam; und am Morgen früh
Führ’ ich euch hin zum Schiff und so nach Napel.
Dort hab’ ich Hoffnung, die Vermählungsfeier
Von diesen Herzgeliebten anzusehn.
Dann zieh’ ich in mein Mailand, wo mein dritter
Gedanke soll das Grab sein.
Alonso
.
Mich verlangt
Zu hören die Geschichte Eures Lebens,
Die wunderbar das Ohr bestricken muß.
Prospero
.
Ich will es alles kund tun, und verspreche
Euch stille See, gewognen Wind, und Segel
So rasch, daß Ihr die königliche Flotte
Weit weg erreichen sollt. –
Beiseit.
Mein Herzens-Ariel,
Dies liegt dir ob; dann in die Elemente!
Sei frei und leb du wohl! – Beliebt’s Euch, kommt!
¶
Epilog
von Prospero gesprochen
Hin sind meine Zauberei’n,
Was von Kraft mir bleibt, ist mein,
Und das ist wenig: nun ist’s wahr,
Ich muß hier bleiben immerdar,
Wenn ihr mich nicht nach Napel schickt.
Da ich mein Herzogtum
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